Die von der EU bisher gezahlten Milliarden-Beihilfen bei Marktkrisen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zum Schutz der europäischen Landwirte vor Preisvolatilität und Produktionsverlusten haben nur begrenzte Auswirkungen auf das Verhalten der Bauern, sich besser zu versichern oder vorsorgenden Klimaschutz zu betreiben.
Zu diesem Ergebnis kommt der in Luxemburg ansässige Europäische Rechnungshof (EuRH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Sonderbericht Nr. 23/2019 "Stabilisierung der Einkommen von Landwirten: umfassendes Instrumentarium, doch geringe Inanspruchnahme der Instrumente und Überkompensation müssen angegangen werden“.
Der Großteil der von der EU veranschlagten 2,6 Milliarden Euro, mit denen Landwirte dabei unterstützt werden sollten, sich gegen Preisvolatilität und Produktionsverluste zu versichern, hatte kaum Auswirkungen, so das Fazit der Prüfer. Die Mittel erreichten - nach Ansicht der EU-Rechnungsprüfer - nur einen sehr geringen Anteil der Landwirte, da weniger als 10 % der Landwirte, die Versicherungen abschließen, dafür EU-Unterstützung nutzten.
Landwirte vertrauen auf öffentliche Unterstützung in Krisenzeiten
Die meisten Landwirte ziehen die Minderung von Risiken nicht einmal in Erwägung, da sie davon ausgehen, dass ihnen im Fall einer Krise erhebliche öffentliche Unterstützung gewährt wird. Außerdem geht die EU-Unterstützung für Versicherungen nicht an die Landwirte, die sie wirklich benötigen, urteilt der EuRH.
In Frankreich und Italien, den beiden Mitgliedstaaten, die sie am stärksten nutzen, stellten die Prüfer eine Konzentration auf den Weinsektor fest. In diesem Sektor, in dem sich das versicherte Kapital auf bis zu 115 000 Euro/ha belaufen kann, hätten in Anbetracht ihrer finanziellen Kapazität und ihres Risikoprofils viele Begünstigte ihre Produktion wahrscheinlich auch ohne EU-Beihilfen versichert.
Samo Jereb: „EU-Einkommensstabilisierung nur begrenzt zielführend“
"Derzeit gibt es nur begrenzte Nachweise für einen EU-Mehrwert dieser Unterstützung für die Stabilisierung der Einkommen von Landwirten", erläuterte ERA-Berichtsautor Samo Jereb.
Die Maßnahmen sollten zielgerichteter sein. Sie sollten den Landwirten, die sie wirklich benötigen, zugutekommen und so angewendet werden, dass sie mit der Entwicklung einer stärker präventiven und krisenfesteren EU-Landwirtschaft in Einklang stehen, so der Europäische Rechnungshof in seiner Analyse.
61 Prozent der Russlandhilfen gingen nach Polen
Was die 513 Millionen Euro betrifft, die als Reaktion auf das russische Einfuhrverbot im Zeitraum 2014-2018 für Obst und Gemüse bereitgestellt wurden, so hat die EU die Inanspruchnahme nicht von objektiven Parametern abhängig gemacht, kritisieren die Luxemburger EU-Prüfer
So gingen beispielsweise 61 % der Unterstützung an Apfelerzeuger (vor allem in Polen), obwohl die Apfelexporte annähernd konstant blieben oder sogar zunahmen.
Vor dem Hintergrund der jüngsten legislativen Verordnungsvorschläge für die künftige GAP 2020, mit denen das Risikomanagement stärker in den Vordergrund gerückt werden soll, empfehlen die Europäischen Rechnungsprüfer der EU-Kommission:
- die Landwirte zu ermutigen, sich besser auf Krisen vorzubereiten;
- den Entwurf und die Überwachung der Unterstützung für Versicherungsmaßnahmen zu verbessern;
- die Kriterien für die Auslösung und Beendigung außergewöhnlicher Maßnahmen klarzustellen;
- den Ausgleich für Rücknahmemaßnahmen anzupassen.