Die hochrangige EU-Expertengruppe für den Milchsektor empfiehlt den Landwirtschaftsministern, sich in Brüssel für eine Stärkung der Verhandlungsmacht von Milcherzeugern gegenüber Molkereien einzusetzen. Wie es nach ersten Einsichten in das Papier der Fachleute heißt, sollten einige Vertreter von Milcherzeugern in Brüssel beraten, ob es künftig auch EU-weit Ausnahmen vom Wettbewerbsrecht geben sollte, um Erzeugerzusammenschlüssen im Milchsektor eine stärkere Position einzuräumen, so wie es heute schon in Deutschland möglich ist. Die Landwirte sollten mehr Einfluss bekommen, um die Vertragsbedingungen für ihre Milchlieferungen einschließlich des Preises ganz oder teilweise auszuhandeln, lautet der Ratschlag. Die Kommission sollte darüber nachdenken, ob Zusammenschlüsse dauerhaft oder nur zeitweilig geschlossen werden können und sich auf jeden Fall die Überprüfung offen halten.
Was soll in den Verträgen stehen?
Hinsichtlich europäischer Vorgaben zur Ausgestaltung von Verträgen konnten sich die Experten nicht darauf einigen, ob die Kommission verbindliche Regeln aufstellen oder lediglich Leitlinien geben soll. Die Form wird der Behörde deshalb selbst überlassen. Als Schlüsselaspekte werden der Anlieferungspreis, die mögliche oder verbindliche Milchmenge, die Staffelung der Lieferungen während der Saison und eine Klausel zur Vertragsdauer angesehen. Alle genannten vier Punkte eines Milchliefervertrags sollen zwischen den Partnern frei verhandelbar sein; die Vertragslaufzeit könnte beim Vorliegen einer Kündigungsklausel auch unbefristet gelten. Das endgültige Dokument soll Ende Juni vorliegen.
Mehr Macht für Milchorganisationen?
Hinsichtlich der Stärkung von Branchenorganisationen nach dem Vorbild der französischen Interprofessionen zeigt sich die hochrangige Gruppe nach wie vor gespalten. Bekanntlich ist gerade das Bundesagrarministerium wegen wettbewerbsrechtlicher Bedenken kein Freund solcher Einrichtungen, während Preisempfehlungen in Frankreich und Spanien entspannter gesehen werden.
"Markteingriffe waren sinnvoll"
Die bestehenden Marktinstrumente, öffentliche und private Lagerhaltung sowie Exporterstattungen werden von der hochrangigen Gruppe überwiegend als angemessen und ausreichend betrachtet. Erwähnt wird jedoch, dass sich manche Mitglieder für eine permanente Öffnung der Intervention für Butter und Magermilchpulver sowie für die Wiedereinführung der Beihilfen zur privaten Lagerhaltung von Magermilchpulver und Käse ausgesprochen hätten.
Große Skepsis über Warenterminbörse für Milch
An einer immer wieder in der Diskussion auftauchenden Warenterminbörse könnten allenfalls standardisierte Erzeugnisse wie Butter oder Magermilchpulver gehandelt werden. Für Käse, Rohmilch und Milchfrischprodukte scheint eine solche Einrichtung dagegen weniger geeignet. Erneut wurde betont, dass eine solche Börse, wenn überhaupt, auf privatwirtschaftlicher Basis, aber unter Aufsicht der Behörden, etabliert werden sollte. Die Kommission wird aufgefordert, Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich anzubieten.