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EU schlägt Mindestpreise für Produktwerbung vor

Die EU-Kommission will Herstellern erlauben, Mindestpreise für die Bewerbung ihrer Produkte zu vereinbaren. Ob es zu einer durchgreifenden Veränderung kommt, bleibt abzuwarten.

Lesezeit: 5 Minuten

Unser Autor: Dr. Markus Schöner, Partner und Rechtsanwalt bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Er ist spezialisiert auf die Beratung im EU- und deutschen Kartellrecht einschließlich der Fusionskontrolle. Der Artikel ist zuerst erschienen in der Zeitschrift Lebensmittelpraxis 15/2021.

LP: Hersteller sollen Händlern künftig Mindestpreise für die Werbung vorgeben dürfen. Das geht aus dem Entwurf der „Vertikal-Leitlinien“ der EU-Kommission hervor. Können Sie das bitte erläutern?

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Dr. Markus Schöner: Die Kommission schreibt in Randnummer 174 des Entwurfs der „Vertikal-Leitlinien“, dass „Mindestpreisrichtlinien, die es Einzelhändlern verbieten, Preise unterhalb eines bestimmten, vom Anbieter festgelegten Betrags zu bewerben, auf eine Preisbindung der zweiten Hand hinauslaufen“ können. Im Ansatz geht es also nicht um einen Freibrief der Kommission, sondern um eine Warnung, dass Mindestpreisrichtlinien zu einer verbotenen Preisbindung führen können.

Als Beispiele nennt die Kommission Fälle, „in denen der Anbieter Einzelhändler dafür bestraft, dass sie letztlich unter den jeweiligen Mindestpreisen verkaufen, ihnen vorschreibt, keine Nachlässe zu gewähren, oder sie daran hindert, mitzuteilen, dass der Endpreis von dem jeweiligen Mindestpreis abweichen könnte“. Es bleibt aber unklar, ob Mindestpreisrichtlinien für die Werbung, die ohne Zutun des Lieferanten zu einer Preisbindung bei den tatsächlichen Verkäufen führen, kartellrechtswidrig sind. Außerdem binden die „Vertikal-Leitlinien“ nur die Kommission und nicht das Bundeskartellamt.

Das Vorhaben könnte den Preiswettbewerb durchgreifend verändern…

Schöner: Ob es zu einer durchgreifenden Veränderung kommt, bleibt abzuwarten. Ich vermute, dass man nach Warengattungen differenzieren muss. Je stärker der Preiswettbewerb beeinträchtigt wird, desto höher ist die Gefahr eines Kartellrechtsverstoßes. Je nach Lage des Falles kann ein Risiko verbleiben, dass sich Mindestpreisrichtlinien letztlich wie eine Preisbindung auswirken. Dabei ist auch die Preisangabenverordnung (PAngV) zu berücksichtigen, die im Grundsatz eine zutreffende Preisauszeichnung in der Werbung und damit Preisklarheit und Preiswahrheit fordert.

Die PAngV wird aktuell novelliert, insbesondere die Vorgaben zur Werbung mit Preisermäßigungen. Allerdings stellt § 9 des Referentenentwurfs vom 31. Mai 2021 klar, dass die Pflicht zur Angabe eines neuen Preises nicht bei individuellen Preisnachlässen gilt.

Wird dadurch die Verramschung von Markenartikeln verhindert?

Schöner: Das hängt von den Umständen ab. Lockvogelwerbung mit Ramschpreisen kann jedenfalls eingedämmt werden. Letztlich müssen sich die Handelspartner auf die Einhaltung und den konkreten Inhalt der Mindestpreisrichtlinien einigen. Ob und mit welchem Inhalt es dazu kommt, ist auch eine Frage der Machtverhältnisse.

Nach wie vor gilt: Wer Markenartikel verramscht, hat keine gute Beziehung zu seinem Lieferanten, jedenfalls wenn er Waren nicht über graue Kanäle, sondern vom Markenhersteller bezieht. Möglicherweise ist eine solche Beziehung gestört, zum Beispiel weil der Händler Qualitätsanforderungen nicht einhält. Der Lieferant wird sich überlegen, wie lange er die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten will. Oft ist die Trennung dann der richtige Schritt. Allerdings darf der Lieferant die Trennung nicht mit individuellen Rabatten begründen. Das könnte sonst als Drohung an andere Händler verstanden werden, dass sie auch mit einer Trennung rechnen müssen, wenn sie individuelle Rabatte auf die Preise in der Mindestpreisrichtlinie gewähren.

Die Trennung sollte je nach Lage des Falles gar nicht begründet werden oder an klare Gründe anknüpfen, zum Beispiel Zahlungsverzug oder die Nichteinhaltung der Mindestpreisrichtlinie.

Warum befürwortet die Markenindustrie die Pläne?

Schöner: Die Verramschung von Markenprodukten gefährdet das Image. Demgegenüber stärkt eine Preisstabilität das Markenimage. Jede Lockerung des Preisbindungsverbots hilft, die Endverbraucherpreise zu stabilisieren. Das führt potenziell zu höheren Margen bei den Händlern und kann die Investitionen in das Markenimage fördern. Es wird also auch Händler geben, die eine Lockerung des Preisbindungsverbots begrüßen.

Was ist von Minimum Advertised Prices (MAP) im LEH zu halten?

Schöner: MAP, die mit Mindestpreisrichtlinien vereinbart werden, haben eine Berechtigung beim Verkauf von Luxusgütern oder hochwertigen Markenprodukten. Hier werden die Produkte oft durch selektive Vertriebssysteme mit hohen Anforderungen an die Qualität der Verkaufsstellen vertrieben.

Bei diesen Produkten ist eine Verramschung besonders gefährlich für das Markenimage. Bei einfachen Lebensmitteln sehe ich das nicht so deutlich – zumal die Kunden im LEH nicht verhandeln und sich MAP deshalb leicht als Preisbindung auswirken können. Auch hier mag es bei hochwertigen Markenartikeln gerechtfertigt sein, eine beispielsweise auf zeitlich begrenzte Prospektwerbung bezogene Mindestpreisrichtlinie auszusprechen. Diese könnte differenzieren zwischen Dauerniedrigpreisen und Normal- und Aktionspreisen.

Außerhalb der Laufzeit der Prospektwerbung könnte der Händler die tatsächlichen Ladenpreise völlig frei festlegen.

Welche Auswirkungen hätten solche Mindestaktionspreise?

Schöner: Wenn die Mindestpreisrichtlinien Mindestaktionspreise für Prospektwerbung vorsehen, würde das eine Verramschung durch Lockvogelangebote in Prospekten verhindern. Aber je stärker die Wirkung ist, desto größer ist die von der Kommission im Leitlinienentwurf erwähnte Gefahr, dass sich Mindestpreisrichtlinien wie eine verbotene Preisbindung auswirken.

Die Markenindustrie würde also profitieren, weil der Preiswettbewerb gedämpft wird?

Schöner: Ja, soweit Mindestpreisrichtlinien sich nicht wie eine Preisbindung auswirken. Es sollte nicht primär um eine Dämpfung des Preiswettbewerbs gehen, sondern darum, die Marke nicht in der Werbung zu verramschen. Die Verramschung gefährdet das Markenimage. Das ist nicht im Interesse der Händler, die langfristig mit einer bestimmten Marke zusammenarbeiten wollen. Sie ist auch nicht im Interesse der Verbraucher, die eine Auswahl haben wollen zwischen günstigen Preiseinstiegsprodukten, Produkten mittlerer Qualität und hochwertigen Luxusmarken

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