Das Europaparlament hat gestern dem neuen Milchpaket zugestimmt. Milchproduzenten können sich demnach zusammenschließen, um mit den Molkereien Verträge auszuhandeln. Laut der EU-Kommission sollen die Landwirte so mehr Marktmacht gegenüber den großen Abnehmern bekommen. Allerdings gibt es Obergrenzen beim Zusammenschluss. Die neuen Organisationen dürfen höchstens 33 % der nationalen und 3,5 % der europäischen Milchmengen auf sich vereinen.
Anders als in früheren Plänen wird es allerdings jetzt keine Vertragspflicht geben. Die EU-Mitgliedstaaten können künftig selbst regeln, ob verbindliche Vorgaben für Lieferverträge von Rohmilch zwischen Milcherzeugern und Molkereien eingeführt werden oder nicht. Dagegen hatten sich die Grünen ausgesprochen, die das Milchpaket deshalb gestern ablehnten. Sie wollen verbindliche Milchverträge in allen EU-Ländern.
Jetzt muss noch der Europäische Rat das Milchpaket verabschieden. Das Inkrafttreten der Verordnung ist im Herbst 2012 zu erwarten. Für 2014 und 2018 sind Zwischenberichte vorgesehen.
DBV: Länder dürfen selbst entscheiden
Laut dem DBV schafft das beschlossene Milchpaket und insbesondere die Entscheidungshoheit der Mitgliedsstaaten ausreichend Spielraum für individuelle Ausgestaltungen. Für deutsche Milcherzeuger bedeute dies keine Neuerung, da aufgrund des nationalen Marktstrukturgesetzes individuell angepasste Verträge bereits die Regel sind.
Aus deutscher Sicht sei auch zu begrüßen, dass die bisher nationalen Regelungen zu Erzeugergemeinschaften nun europaweit anerkannt werden. Die Bündelungsobergrenzen für Erzeugerorganisationen bieten laut dem Bauernverband ausreichend Spielraum.
Kritisch sieht der DBV jedoch die Möglichkeiten der Mengenregulierung für geographisch geschützten Käse. Diese staatlich gestützten Eingriffsmöglichkeiten würden nicht die Eigenverantwortung für diese spezielle Produktion fördern. Da diese Maßnahme jedoch fakultativ ist, werde sie voraussichtlich in Deutschland keine Relevanz haben.
Anders sieht dies der BDM. Er hatte die Grenzen bereits vor einigen Monaten als realitätsfern und zu niedrig bezeichnet. „Gut ist die Möglichkeit, Branchenverbände gründen zu können. Das bringt nur nicht viel, weil sie von der Kartellgesetzgebung her keine Absprachen treffen dürfen“, kritisierte BDM-Chef Romuald Schaber.
Er bemängelt zudem die unterschiedlichen Vertragsgestaltungen in der EU, die zu Ungerechtigkeiten führen.
(ad)
vgl.:
Schaber von EU-Milchpaket enttäuscht (9.12.2011)
BDM: Milchbauern werden aus dem Markt gedrängt (21.1.2012)
BDM will Preisfindungssystem für Milch (25.1.2012)