Gleich zweimal schaltete sich US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack zu wichtigen agrarpolitischen Treffen in Brüssel zu, erst im Europaparlament und dann im EU-Agrarrat. Die Atmosphäre hat sich in den transatlantischen Beziehungen zweifellos verbessert, doch die Verständigung über Lebensmittelstandards bleibt mühsam, schrieb jüngst der Pressedienst aiz.info.
Die Agrarpolitik in der EU und in den USA verfolge die gleichen Ziele, soll sich Vilsack in seiner Videoschaltung mit den EU-Agrarministern um versöhnliche Worte bemüht haben. Beide Seiten verlangten eine klimafreundliche Erzeugung, wobei Landwirte für diesen Dienst an der Gesellschaft ausreichend entlohnt werden müssten.
Vilsack betonte laut aiz.info in seinem Vortrag die Chancen des "Carbon Farming" mit einer für US-Politiker typischen Euphorie. Die Anreicherung von Humus und die anschließende Entlohnung durch Klimazertifikate haben in den USA einen Hauch von Goldgräberstimmung. Eine lokale Erzeugung, extensive Fruchtfolgen und die Bio-Landwirtschaft stünden in den USA ebenfalls hoch im Kurs, führte Vilsack in seiner Charmeoffensive gegenüber den Europäern auch im Agrarausschuss des Europaparlaments aus.
Doch der US-Minister ließ trotz aller Annäherungsversuche auch keinen Zweifel an den bestehenden Hürden im transatlantischen Agrarhandel. Er wirft der EU vor, sie behindere US-amerikanische Agrarexporte, weil sie ohne wissenschaftliche Grundlage Handelshemmnisse errichte. Etwa wegen den zögerlichen Zulassungen von GVO oder wegen des Verbots von Masthormonen kämen die an und für sich sehr wettbewerbsfähigen amerikanischen Farmer in der EU nicht recht zum Zug. Vilsack forderte deshalb ein faires Handelsabkommen auf wissenschaftlicher Grundlage, um das Defizit der USA im transatlantischen Agrarhandel anzugehen.
Nachhaltige Erzeugung gewinnt in den USA an Bedeutung
In der EU zeigt man sich erfreut über den inzwischen größeren Stellenwert einer nachhaltigen Erzeugung in der neuen Biden-Administration in den USA. "Wir bekommen mehr und mehr Verständnis für unsere umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft in der Welt", resümierte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski nach der Ratssitzung im Juli und bezog die USA dabei ausdrücklich mit ein.
In den USA gebe es inzwischen einen ähnlichen Ansatz zum Green Deal der EU, zeigte sich auch EU-Agrarratspräsident Jože Podgoršek über eine transatlantische Verständigung optimistisch. Die Genschere, die als Züchtungsmethode in der EU weniger umstritten ist als die bisherige grüne Gentechnik, könne zu einer Annäherung der Positionen beitragen.
Auch die Reservierung eines EU-Einfuhrkontingents für hochwertiges Rindfleisch allein für die USA war eine Geste guten Willens. Doch noch ist man von einem umfassenden Freihandelsabkommen, das die Landwirtschaft einschließt, weit entfernt. Zu tief sitzt die Sorge, dass sich die Endlosdebatten aus den TTIP-Verhandlungen über Chlorhühner und Hormonfleisch wiederholen werden.
Die EU-Agrarminister wollten in ihrem Gespräch mit Vilsack das Thema "Handelsabkommen" gar nicht erst ansprechen - nicht nur, weil es formal gesehen in den Kompetenzbereich der EU-Handelsminister fällt, auch inhaltlich haben die EU-Agrarminister wenig Interesse an einer Öffnung der EU-Märkte für die amerikanischen Landwirte. Immerhin soll die neue Annäherung dazu führen, dass die EU und die USA gemeinsam bei der Welthandelsorganisation (WTO) für eine klima- und umweltfreundlichere Landwirtschaft einen größeren Schutz in den Handelsregeln durchsetzen möchten.