Der WWF ist in der Krise. Auch die Naturschutzorganisation leidet unter steigenden Kosten und sinkenden Spendeneinnahmen. Die Lage ist offenbar so ernst, dass der deutsche Ableger nun die Reißleine zieht und 80 der 500 Mitarbeiter entlassen will. Das haben Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung ergeben.
Der WWF selbst spricht davon, "kurzfristig die wirtschaftliche Stabilität zu sichern". So haben Betriebsrat und Vorstand wohl schon über Monate über Stellenabbau und Umstrukturierung verhandelt. Neben den Entlassungen sollen auch zentrale Abteilungen aufgelöst und insgesamt mit diesen Kürzungen 4,5 Mio. € im Jahr eingespart werden, erfuhren die Medien. Konkret geht es wohl um die Auflösung der Abteilung Artenschutz und Landwirtschaft.
Weiter sei die Verkleinerung von Büroflächen oder die Abgabe der Verwaltung von Schutzgebieten an andere Naturschutzorganisationen angedacht. Derzeit besitzt der WWF Deutschland direkt oder mit Partnern rund 38.000 ha an Naturschutzflächen, die er eigentlich zu "Urwäldern von morgen" entwickeln wollte.
Defizit steigt immer weiter
Laut der offiziellen Bilanz der NGO kamen im Finanzjahr 2023 fast 55 Mio. € an Spenden von rund 350.000 Personen zusammen. Eine andere wichtige Einnahmequelle sind öffentliche Aufträge und Unternehmenskooperationen. Insgesamt lagen die Einnahmen laut offiziellen Zahlen zuletzt bei rund 125 Mio. €, so NDR, WDR und SZ. Dennoch habe es 2023 unter dem Strich ein Minus von 1,9 Mio. € gegeben, dass nur Rücklagen aufgefangen werden konnte, heißt es.
Dieses Jahr könnte sich der Verlust auf mindestens 5 Mio. € erhöhen, so die drei Medien unter Berufung auf eine interne Präsentation des Vorstandes an die Mitarbeitenden. Deshalb müsse man jetzt schnell handeln. Denn ohne eine Umstrukturierung könnte das Defizit zum Finanzjahr 2025 auf 9 Mio. € anwachsen.
Besonders pikant: Dem Vorstand soll schon seit vielen Jahren bekannt sein, dass sich der WWF finanziell in einer Abwärtsspirale befindet. Die Mitarbeiter dagegen hat die Nachricht kalt erwischt. Laut WDR, NDR und SZ soll das Vertrauen in die Führung seitdem gebrochen sein. In einem Brief von 299 Angestellten ist „von einem Angriff auf die ureigene Identität des WWF" die Rede. Die ausgewählten Bereiche abzuwickeln, schwäche die Organisation "bis ins Mark".
Gerade die Auflösung der Abteilung Landwirtschaft hält die Belegschaft für absurd, angesichts der Bedeutung, die die Landwirtschaft fürs Klima hat, sagte ein Mitarbeiter den Journalisten.
Interessant wird auch, wie es mit dem Lizenzgeschäft weitergeht, also dem Panda WWF-Logo auf Lebensmitteln kooperierender Firmen, beispielsweise Edeka, Pepsi oder Procter & Gamble. Aber diese Nähe zur Industrie war ohnehin schon immer umstritten innerhalb des WWF.
WWF veröffentlicht Stellungnahme
Nachdem die drei Recherchepartner ihre Enthüllungen veröffentlicht haben, geht auch der WWF mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit. Darin ist jedoch von Krise im eigenen Haus keine Rede. Vielmehr wolle man die Weichen für die „zunehmende Dringlichkeit der Biodiversitäts- und Klimakrise“ stellen, heißt es.
So habe der Vorstand eine neue, strategische Fokussierung bekannt gegeben, die zugleich mit einer organisatorischen Neuaufstellung und Konsolidierung einhergeht. Kathrin Samson, Vorständin Naturschutz beim WWF Deutschland, erklärt weiter, dass einzelne Themenfelder, wie etwa die nationale Landwirtschaftspolitik oder das klassische Umweltbildungsangebot, zukünftig nicht mehr im Fokus der Arbeit stehen. Das Engagement in den weltweiten Schutzgebieten, zum Erhalt der Artenvielfalt, oder auch der Kampf gegen die Klimakrise und die Plastikvermüllung würden aber unvermindert und in gewohnter Art und Weise fortgeführt.