Die Firma Tönnies klassifiziert keine Schweine mehr mit dem FOM-Gerät. Ob das Fluch oder Segen für die Landwirte ist, wollten wir von Matthias Quaing wissen. Er ist Marktexperte der ISN in Damme.
Wie er im Interview mit top agrar sagte, hält die ISN die Entscheidung grundsätzlich für richtig, weil der Bedienereinfluss bei den alten Nadelgeräten zu hoch sei. Nicht nur die Durchschnittswerte beim Muskelfleischanteil (MFA) passten in der Praxis nicht mit den Ergebnissen der Feinzerlegung überein. Immer wieder komme es auch zu unerklärlichen Ausschlägen einzelner Tiere oder Partien mit einem viel zu niedrigen MFA-Wert.
Hinzu kommt laut Quaing, dass die Schätzgenauigkeit bei der AutoFOM-Technik viel besser ist und die alten Nadelgeräte nicht mehr auf dem Stand der Technik sind. Sie sind seit 40 Jahren fast unverändert im Einsatz.
Rechnet Tönnies künftig nur noch auf Basis der Teilstückgewichte ab?
Die Firma Tönnies hat laut dem Marktexperten zwar angekündigt, Schweine nur noch mit dem AutoFOM III-Gerät zu klassifizieren. Landwirte sollten bei der Abrechnung aber weiter die Wahl zwischen der Bezahlung nach Teilstückgewichten oder auf Basis MFA haben. Wird die Abrechnung nach MFA gewünscht, müsse das auf dem Lieferschein vermerkt sein. Interessant war die Abrechnung nach MFA bislang vor allem für Betriebe, die Duroc-Eber auf der Vaterseite einsetzen.
Wie Quaing weiter erklärt, hat Tönnies bereits eine Maskenänderung vollzogen, der Basispreis wird sich künftig nicht mehr auf 57% MFA beziehen, sondern auf 59 %. Begründet wird die Änderung damit, dass der Muskelfleischanteil bei der Klassifizierung mit dem AutoFOM III-Gerät im Schnitt ca. 2%-Punkte höher liegt.
Die 2%-Differenz gilt dabei aber nicht für alle Partien, sondern stellt einen Mittelwert dar. "Tönnies gibt zu, dass der MFA bei einigen Partien darunter liegt, bei anderen darüber. Unser Rat: Jeder Betrieb sollte seine Klassifizierungsergebnisse auswerten und dann entscheiden, zu welchem Schlachthof er vermarktet und nach welcher Maske abgerechnet werden soll.", so der ISN-Fachmann weiter.
Er versprach, dass die ISN kritisch prüfen werde, ob die Umstellung, wie von Tönnies behauptet, tatsächlich erlösneutral für die Landwirte ist. Die Erfahrung in der Vergangenheit zeige, dass das leider nicht immer der Fall ist.
Auf die Frage, ob nun auch andere Schlachtunternehmen dem Beispiel Tönnies folgen werden, vermutet Quaing, dass der Schritt von Tönnies sicherlich Signalwirkung haben dürfte. Unternehmen mit AutoFOM III-Technik könnten problemlos nachziehen. Kleine Schlachtunternehmen, insbesondere im Süden Deutschlands, dürften hingegen weiterhin bei der derzeitigen Klassifizierungstechnik bleiben. "Hier lautet unsere Empfehlung an die Schweinehalter, die Werte regelmäßig innerhalb, aber auch zwischen den Unternehmen zu vergleichen."
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