Mit neuen Aufzuchtstrategien und freiwilligen Verpflichtungen realisieren Geflügelhalter mehr Tierschutz in den Ställen. Dennoch stehen sie in der Kritik.Ein Kommentar von Birgit Waterloh vom Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben:
Wer sich in diesen Tagen dem Flughafen Hannover-Langenhagen aus der Luft nähert, wird auf eine ungewöhnliche Art begrüßt. Ein riesiges Logo der „Geflügelrepublik Deutschland“ wurde mit Vlies auf eine Ackerfläche gezeichnet. Mit dieser Aktion will die deutsche Geflügelwirtschaft ihrer in diesem Sommer gestarteten Dialog-Initiative noch mehr Nachdruck verleihen.
Die Geflügelhalter machen zu Recht auf ihre Leistungen aufmerksam. Zu oft sind sie schon in die Kritik geraten, dabei sind es insbesondere sie, die mit neuen Aufzuchtstrategien und freiwilligen Verpflichtungen mehr Tierschutz in den Ställen realisieren. Dass große Einheiten und moderne Ställe diesem Ansinnen nicht unbedingt im Wege stehen, ist ein alter Hut. Es muss der Bevölkerung aber immer wieder mühsam vermittelt werden.
Die Vielfalt unter Geflügelhaltern ist groß. Kaum ein anderer Betriebszweig hält so viele Möglichkeiten bereit, individuellen Neigungen nachzugehen. Hier die Erzeugung in großen Einheiten und an mehreren Standorten, dort die Nische. Letztere hat auch Familie Lütjens mit ihrer Gänsehaltung aus unserer Reportage im Geflügelschwerpunkt gefunden.
Da wie dort gibt es aber auch Stellen, an denen es hakt. Die Mobilstallhaltung von Legehennen ist gut für das Tier und die Umwelt, so die Wahrnehmung der Verbraucher. Das stimmt auch in weiten Teilen, doch genauer betrachtet, tut sich ein Manko auf. Untersuchungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen belegen, dass unter gewissen Konstellationen erhebliche Nährstoffmengen in den Boden gelangen. Hier muss ein abgestimmtes Management greifen, sonst kann das zu einem K.-o.-Kriterium für die boomende Branche werden.
Die Putenhalter suchen unterdessen angestrengt nach Lösungen im Umgang mit dem geforderten Verzicht auf das Schnabelkürzen. Insbesondere bei Putenhähnen ist das schwierig umzusetzen. Doch 70 % der hierzulande aufgezogenen Puten sind männlich. Dies ist der Wirtschaftlichkeit geschuldet. Nun gerät das System aber ins Wanken. Die Einlage von Bruteiern wurde teilweise bereits geschoben, weil nicht alle Hennenküken verkauft werden konnten.
Alle Beteiligten sind nun gefordert, umzudenken. Ein Grund zu verzagen, ist das nicht. Bislang haben es die Geflügelhalter immer geschafft, Herausforderungen mit neuen Konzepten zubegegnen.
Hinweis der Redaktion:Gastkommentare geben nicht in allen Bereichen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen sie dann, wenn wir sie für einen interessanten Diskussionsbeitrag zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft halten.