Wie berichtet, hat das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) Zweifel, ob die 2008 in Brüssel beschlossene Anhebung der Modulation der Betriebsprämien (auf 9 % in 2011 und auf 10 % in 2012 jeweils ab 5.000 Euro Betriebsprämie) sowie die Sonder-Modulation von 4 % für Betriebe mit mehr als 300.000 Euro Direktzahlungen rechtmäßig ist.
Das Gericht sieht den Vertrauensschutz, das Diskriminierungsverbot und den Gleichheitsgrundsatz beeinträchtigt und hat die Vorschriften deshalb dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Prüfung vorgelegt. Sollte der EuGH die Vorschriften tatsächlich für rechtswidrig erklären, würde wieder der ursprünglich Modulationssatz von 5 % gelten und die Sonder-Modulation ganz entfallen. Das hätte zur Konsequenz, dass viele Betriebe Geld zurückbekämen.
Das bringt die Landwirte nun in Zugzwang, ob sie gegen den Bescheid Rechtsmittel einlegen sollen. In den meisten Bundesländern reicht dazu zunächst ein einfacher Widerspruch. Das gilt allerdings nicht für Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Hier haben die Landesregierungen das Widerspruchsverfahren abgeschafft, so dass die Landwirte auf eigenes Risiko direkt Klage gegen den Betriebsprämienbescheid einreichen müssen.
Eine Klage ist auch deswegen notwendig, weil es das Bundeslandwirtschaftsministerium abgelehnt hat, die Auszahlungsbescheide von Amtswegen zu korrigieren, wenn der EuGH der Auffassung des Verwaltungsgerichts Frankfurt folgt. Eine gleichlautende Anfrage beim NRW-Landwirtschaftsministerium laufe noch, berichtet der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV). Voraussichtlich werde das Land aber nicht anders entscheiden als der Bund. Bei Steuerbescheiden ist eine Korrektur von Amtswegen dagegen durchaus üblich ist.
Ob eine Klage sinnvoll ist, müsse jeder Landwirt selbst unter Abwägung der Erfolgsaussichten und der Prozesskosten entscheiden, so der WLV. Wie die Entscheidung des EuGH ausfallen wird, könne zurzeit niemand abschätzen.
Welche Kosten auf einen Kläger zukommen, richtet sich nach dem Streitwert. Als Streitwert gilt der Betrag, der sich aus dem verminderten Modulationssatz ergibt. Neben den Gebühren fallen zudem Kosten für die anwaltliche Vertretung an. Übernimmt der WLV-Kreisverband die Vertretung, stellt er seinen Aufwand gemäß Kostenordnung in Rechnung. Dieser liegt bei mindestens 70 Euro (eine Beratungsstunde zu 60 Euro zzgl. Auslagen). Sollte der EuGH die Modulationsregelung bestätigen, kann die Klage zurückgenommen werden. Dann reduzieren sich die Gerichtskosten auf ein Drittel.
So ermittelt sich der Streitwert
Bei einem Anspruch auf Direktzahlungen von zum Beispiel 20.000 Euro ergibt sich für das Jahr 2011 folgende Rechnung:
- Abzug von 5.000 Euro, die nicht der Modulation unterliegen: 20.000 Euro – 5.000 Euro = 15.000 Euro
- Bei einem Modulationssatz von 9 % erfolgt Kürzung der 15.000 Euro um 9 %: 15.000 Euro * 0,09 = 1.350 Euro
- Bei einem Modulationssatz von 5 % erfolgt Kürzung der 15.000 Euro um 5 %: 15.000 Euro * 0,05 = 750 Euro
- Bei einem Anspruch auf 20.000 Euro Direktzahlungen hätte ein Betrieb bei einem verringerten Modulationssatz in Höhe von 5 %t in 2011 also 600 Euro mehr (15.000 Euro * 0,04 = 600 Euro) ausbezahlt bekommen.
Die Tabelle zeigt beispielhaft die Streitwerte für verschiedene Direktzahlungsbeträge und
beziffert die daraus resultierenden Gerichtskosten. (ad)