Ein für den russischen Markt verantwortlicher Geschäftspartner von Agravis soll über Jahre im Russlandgeschäft in die eigene Tasche gewirtschaftet haben, ohne dass es der deutschen Zentrale auffiel. Das berichtet heute der Spiegel.
Es geht um Konrad Falk, den Geschäftsführer der Futtermittelsparte und Leiter des Russland-Geschäfts. Laut dem Spiegel soll er um das Futtermittelwerk bei Krasnodar ein „Netz von eigenen Firmen“ gelegt haben. Undurchschaubar sei das auch deshalb gewesen, weil er ihnen Namen wie "Handelshaus Agravis" gab, die eine Verbindung zum Konzern suggerieren, die so nicht existierte.
In der Zentrale in Münster habe sich offenbar niemand um die Vorkommnisse in Russland gekümmert, wirft der Spiegel der Agrarkonzern mangelnde Aufsicht vor. So habe sich der Manager unbemerkt mit seinen ähnlich klingenden Firmen zwischen Agravis und deren Kunden schalten können.
Selbst das Grundstück, auf dem im Jahr 2009 das Futtermittelwerk Krasnodar entstand, gehöre einer Firma Falks, der Agroinvest. Und die habe über 30.000 Euro Pacht pro Monat kassiert, etwa das Dreifache des ortsüblichen Preises, heißt es weiter.
Im Jahr 2015 sei die ganze Sache aufgeflogen und Agravis bekannt, schreibt der Spiegel. Der Schaden soll rund 40 Millionen Euro betragen. Das sei das größte Desaster in der Firmengeschichte, berichtet das Nachrichtenmagazin. Ende 2015 habe Agravis personell einen Schlussstricht gezogen, neue Führungskräfte installiert und das Futtermittelwerk wieder unter Kontrolle bekommen. Offenbar mit Erfolg: Im Folgejahr schrieb man schwarze Zahlen.
Juristisch ist das Thema aber noch nicht vom Tisch. Agravis will sich von einer Falk-Firma namens Viamin vor dem Landgericht Dortmund fast zwei Millionen Euro erstreiten. Die Firma, so ist im Handelsregister nachzulesen, bestand im Wesentlichen aus Warenkrediten, die Agravis und ein weiterer Futterlieferant ihr gewährten, behauptet der Spiegel. Aufsichtsratschef Franz-Josef Holzenkamp sei darüber im Bilde gewesen, so das Magazin.
Vorstand hielt Aufsichtsrat auf dem Laufenden
Auf Nachfrage von top agrar online erklärte die Agravis-Pressestelle, der Konzern habe Mitte 2015 Hinweise erhalten, dass ein leitender Agravis-Mitarbeiter Mehrheitsgesellschafter dieser Gesellschaft war und dann die entsprechenden Maßnahmen ergriffen. „Wir konnten erst handeln, als wir entsprechende Erkenntnisse hatten“, wies Pressesprecher Bernd Homann die Behauptungen des Spiegel zurück, Agravis hätte schon 2009 „stutzig“ werden können.
„2015 stellte sich heraus, dass alle das Mischfutterwerk umgebenden Grundstücke inkl. der Zu- und Abfahrten in Besitz eines Unternehmens waren, das ebenfalls mehrheitlich einem leitenden Mitarbeiter gehörten. Nach Kenntniserlangung hat die Agravis umgehend reagiert und Konsequenzen gezogen“, so Homann weiter.
Man habe nahezu die komplette Führungsebene in Russland ausgetauscht und besitze heute das Werk samt Grundstück und aller Zufahrten. Der Vorstand der Agravis habe den Aufsichtsrat laufend über das Russland-Geschäft informiert. „Erforderliche Entscheidungen wurden im Aufsichtsrat besprochen und genehmigt. Weitere Aussagen sind aufgrund der noch laufenden gerichtlichen Verfahren nicht möglich.“