Weltweit gute Ernten und fehlende Impulse im Export gestalten die Vermarktung der Getreideernte aus dem Jahr 2009 schwierig. Eine Marktstabilisierung wird jetzt mit der Intervention erhofft. Darauf haben Konrad Weiterer und Bruno Fehse als Sprecher des privaten Agrargewerbes in Niedersachsen (agw) verganene Woche in Hannover hingewiesen. Während vor gut einem Jahr der Export in Niedersachsen ein Ventil zur Vermarktung großer Mengen geöffnet habe, liefen währungsbedingt momentan kaum Ausfuhren. Zudem fehle die Nachfrage aus Nordafrika oder dem Iran, und die Ukraine und Russland agierten selbst wieder im Exportgeschäft.
Etwas positiver wertete Walter Ulrich vom Deutschen Kartoffelhandelsverband (DKHV) diesen Marktbereich. Die Ernte habe eine gut ausreichende Menge mit festschaligen Knollen ergeben. Ulrich rechnet zum Saisonende mit anziehenden Preisen für gute Ware. Hohe Absortierungen durch Krankheitsbefall und eine kaum ausgeprägte Keimruhe der Kartoffeln könnten zum Abschluss der Vermarktungsperiode zu einer knappen Versorgung führen.
"Sorgenkind" Gerste
Trotz des steigenden Getreideverbrauchs in allen Verwertungsrichtungen würden nach zwei guten Erntejahren in der EU die Bestände derzeit wieder aufgebaut, schilderte Weiterer die aktuelle Lage. Prognosen schätzten den Bestand in der EU auf rund 25 Mio. t zum Saisonende 2009/10. Als "einzigen Lichtblick" bezeichnete Weiterer die zur Zeit hohen Preise für Mais, ausgelöst durch die starke Verarbeitung zu Ethanol in den USA. Damit werde in erster Linie mehr Futterweizen geordert, da der Mais den Landwirten zu teuer sei. Zwischen Futter- und Backweizen gebe es momentan keine Preisdifferenz. Als "Sorgenkind" wertete der Landhändler aus dem Raum Hildesheim die Gerste; bei dieser Getreideart habe im vergangenen Jahr der Export in den Iran für eine deutliche Entlastung gesorgt. Jetzt konzentrierten sich die Händler auf die Intervention, die damit leider auch das Preisniveau vorgebe.
Landwirte sollten mehr Kontrakte abschließen
Bruno Fehse
Erstaunt äußerten sich Fehse und Weiterer über die Tatsache, dass die Landwirte nach wie vor kaum zum Abschluss von Kontrakten neigten und den Verkauf ihrer Ernte kaum splitteten. Viele Ackerbauern hätten noch große Mengen Getreide eingelagert, weil sie in der Ernte auf anziehende Preise gesetzt hätten. Von Seiten des Agrargewerbes würden aber kaum positive Impulse für die weitere Vermarktungssaison gesehen. Im Gegenteil: In der Ernte hätten die Preise etwas höher gelegen als zur Zeit. Das Agrargewerbe selbst leite seine Kalkulation von der französischen Börse Matif in Paris ab.
Überlegungen der deutschen Börse Eurex in Frankfurt, einen eigenen Weizenkontrakt aufzulegen, würden mit Interesse beobachtet, zumal die Matif keinen Kontrakt für Qualitätsweizen biete und das anzuliefernde Lager weit entfernt sei. Wie im Vorjahr lägen die Börsennotierungen für August 2010 um 8 Euro/t bis 10 Euro/t höher als die aktuellen Kurse, berichtete Weiterer. Diese Differenzen sollten die Landwirte für sich ausnutzen. Der "physische Markt" könne von dieser Tendenz derzeit leider nicht profitieren. Weltweit werde der Weizenanbau daher nun etwas eingeschränkt. Nicht nur im Export fehle die Nachfrage, auch die Mischfutterindustrie frage weniger Getreide nach; insbesondere Milchviehbetriebe kauften nur sehr verhalten, hieß es in Hannover.