Resistenzen bei Krankheitserregern entstehen immer dort, wo entsprechende Antibiotika zur Anwendung kommen. Als wichtigste Faktoren gelten gleichermaßen in Human- und Tiermedizin mangelhafte Hygiene in Krankenhaus oder Stall, eine zu früh abgebrochene oder zu niedrig dosierte antibiotische Behandlung von menschlichen Patienten oder Tieren und der Einsatz eines nicht wirksamen Antibiotikums auf Grund eines fehlenden Keimnachweises.
„Eine Antibiotikareduktion allein wird das Problem also nicht lösen, obwohl dies von der Politik und den Medien immer wieder in den Vordergrund gestellt wird“, stellte Dr. med. vet. Hans-Joachim Götz, Präsident des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt), am Dienstag auf der EuroTier klar.
Nach dem Willen seines Verbandes sollen sich Tierärzte und Ärzte gemeinsam im Sinne des AMR-Aktionsplans der EU-Kommission und der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) für einen restriktiven Einsatz von Antibiotika gemäß Leitlinien unter kontrollierten Bedingungen einsetzen und effektive Lösungen entwickeln, die über die jeweiligen Kanäle an die Tierärzte und Ärzte kommuniziert werden, um für die nötige Achtsamkeit und Verantwortung zu werben.
„Besonders in der MRSA Problematik aber auch bei der Übertragung anderer resistenter Bakterien ist die Krankenhaushygiene der Schlüssel zum Erfolg und ihr muss dringend ein höherer Stellenwert eingeräumt werden“, ist sich Götz sicher. Ziel einer modernen Tiergesundheitspolitik müsse es wiederum sein, Krankheiten durch Präventionsmaßnahmen, wie Impfungen, Hygienemaßnahmen, Verbesserung von Haltungsmanagement und Haltungsbedingungen zu vermeiden.
Würden trotz aller Anstrengungen Erkrankungen in Tierbeständen auftreten, muss seiner Meinung nach allerdings der Grundsatz gelten, dass kranke Tiere auch einen Anspruch auf eine Behandlung haben, wenn sie erforderlich ist. Alles andere wäre nicht mit dem Tierschutz und einer verantwortungsvollen Tierhaltung zu vereinbaren. Der Einsatz von Antibiotika, insbesondere der Reserveantibiotika, sollte jedoch neben der therapeutischen Wirksamkeit auch unter dem Aspekt der möglichen Selektion von antimikrobiellen Resistenzen erfolgen, erklärte der Tierarzt.
Lob für die Antibiotikadatenbank
Die neue Antibiotikadatenbank sieht er hierbei als gute Lösung, mit der man weltweit an der Spitze stehe. „Durch die neuen gesetzlichen Regelungen wird erstmals die Therapiehäufigkeit mit Antibiotika in den einzelnen Betriebstypen für die Betriebe und die Überwachung erkennbar. Gleichzeitig können die Tierhalter anhand der bundesweiten Kennzahlen vergleichen, wie ihre betriebsindividuelle Situation zu beurteilen ist und die Behörden erhalten im Sinne einer Risikoorientierung Kenntnis über Betriebe, bei denen Überwachungsmaßnahmen zu prüfen sind.“
Nach Auffassung des Tierärzteverbandes sei das der richtige Ansatz, um den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung nachhaltig zu reduzieren und damit das Risiko der Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen minimieren zu können. Noch aber sei dieses Minimierungskonzept nicht umgesetzt.
QS-System ist jetzt gefragt
Umso wichtiger ist laut Götz zurzeit das umfassende Antibiotikamonitoring in der Geflügel- und Schweinemast, das bereits lange vor dem staatlichen Monitoring auf Initiative des bpt und des Deutschen Bauernverbandes über das privatwirtschaftlich organisierte QS-System aufgebaut wurde und inzwischen bereits 95 % der geflügel- und rund 90 % der schweinehaltenden Betriebe abdeckt. „Mit der Auswertung Ende 2014 entsteht damit erstmals ein umfassendes Bild zum Antibiotikaeinsatz bei Geflügel und Schweinen. Positiv daran: Das QS-Monitoring ermöglicht dem Landwirt und Tierarzt ein echtes Benchmarking, also ein „Lernen von den Besten“. Der Druck der Wertschöpfungskette auf die Vielverbraucher von Antibiotika wird ein Übriges tun“, sagte Götz.
Zum Abschluss seiner Rede stellte er klar, dass es aber national wie auf EU-Ebene auf keinen Fall Überbietungswettbewerbe zu ehrgeizigen Antibiotika-Reduktionszielen geben dürfe. Im Mittelpunkt der Entscheidungen für eine nachhaltige Reduzierung des Antibiotikaverbrauchs müsse die Fachkompetenz stehen. „Tiergesundheit muss erhalten bzw. verbessert werden. Dafür müssen grundsätzlich alle Therapiemöglichkeiten einschließlich Umwidmung und Einsatz von Reserveantibiotika bestehen bleiben.“