Neun der größten deutschen Empfänger von EU-Agrarmitteln 2017 sind in öffentlicher Hand. Darunter sind Ministerien, Umweltämter und eine Naturschutzstiftung. Sie erhalten Geld vor allem für Hochwasser- und Küstenschutz, ländliche Entwicklung und Naturschutz. Das zeigt eine aktuelle Auflistung von Spiegel und NDR auf Basis der Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
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Top-Empfänger von EU-Direktzahlungen in Deutschland 2017 (EGFL und ELER)
- Landgard Obst + Gemüse GmbH, Straelen 5,64 Mio. Euro
- Pfalzmarkt für Obst und Gemüse eG, Mutterstadt 4,74 Mio. Euro
- Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse, Schwerin 3,81 Mio. Euro
- Erzeugergroßmarkt Langförden-Oldenburg eG 3,1 Mio. Euro
- Arla Foods, Dänemark 3,09 Mio. Euro
- Elbe-Obst Erzeugerorganisation r.V. 3,06 Mio. Euro
- Gartenbauzentrale Papenburg eG 2,6 Mio. Euro
- HVG Hopfenverwertungsgenossenschaft eG, Wolnzach 2,36 Mio. Euro
- Vitfrisch Gemüse-Vertrieb eG 1,9 Mio. Euro
- Pilzland Vertriebs GmbH, Visbek 1,83 Mio. Euro
- Agrar-Produkte eG Spornitz 1,754 Mio. Euro
- Obst- und Gemüse Absatzgenossenschaft, Bruchsal 1,64 Mio. Euro
- Stadtgut Berlin Süd Vrieling KG 1,713 Mio. Euro
- Friesland Campina, Köln 1,6 Mio. Euro
- Agrarunternehmen Barnstädt eG 1,609 Mio. Euro
- Südzucker AG 1,866 Mio. Euro
- Marktgemeinschaft Altes Land 1,52 Mio. Euro
- Marktgemeinschaft Bodenseeobst 1,52 Mio. Euro
- Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH 1,499 Mio. Euro
- Agrargenossenschaft Rhönperle eG 2,516 Mio. Euro
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Die insgesamt 6,5 Mrd. Euro gingen an mehr als 310.000 Empfänger. 125 von ihnen erhielten mehr als eine Million Euro. Unter den Top 15 sind auch fünf Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse, berichtet der Spiegel weiter. Auch die dänisch-schwedische Molkereigenossenschaft Arla gehöre mit 3,09 Mio. Euro zu den Top-Empfängern von Ausgleichszahlungen in Deutschland (Platz 5). Der Großteil des Geldes diente Stützungskäufen, mit denen die EU den Milchmarkt stabilisieren will. Das genossenschaftliche Unternehmen betone, dass seine Erträge an die Landwirte als Eigentümer gehen.
Mit Südzucker landet einer der größten Nahrungsmittelkonzerne Deutschlands auf Platz elf der Empfänger von Direktzahlungen. Das börsennotierte Unternehmen bezog 2017 rund 1,6 Mio. Euro aus dem EGFL-Topf. Hinzu kamen noch fast 300.000 Euro aus dem ELER-Fördertopf für die Entwicklung des ländlichen Raums. 2016 bekam Südzucker Ausgleichszahlungen in Höhe von 1,82 Mio. Euro. Der Konzern machte in den vergangenen beiden Geschäftsjahren unterm Strich jeweils einen Gewinn von mehr als 300 Mio. Euro.
Das Unternehmen teilte auf Anfrage des Spiegels mit, es erhalte die Zahlungen für die Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen im Umfeld der eigenen Zuckerfabriken. "Seit 1836 ist das Bewirtschaften von landwirtschaftlichen Betrieben für Südzucker ein Traditionsbereich mit dem Schwerpunkt Versuchswesen."
Am Beispiel der Großmolkerei Deutsches Milchkontor (DMK) zeigt sich laut dem Magazin aber, dass die Gelder nicht stetig fließen. 2016 war das Unternehmen mit 21,6 Mio. Euro der mit Abstand größte Empfänger. Extrem niedrige Milchpreise machten den Bauern und Molkereien zu schaffen. Die EU griff mit Stützungskäufen und Beihilfe zur Lagerhaltung ein. 2017 hatte sich der Milchmarkt wieder erholt - die DMK erhielt nur noch Subventionen in Höhe von 344.000 Euro.
Und was bekamen die Bauern?
Wie der Spiegel weiter erklärt, erhielten Landwirte in Deutschland aus dem EGFL-Topf eine Basisprämie, die je nach Region zwischen 154 bis 191 Euro pro Hektar liegt. Ab 2019 soll sie bundesweit bei rund 175 Euro pro Hektar liegen. Auch die Umverteilungsprämie, die mit einem Zuschlag für die ersten Hektare vor allem kleine und mittlere Betriebe fördern soll, kommt Großbetrieben zugute. So bekam etwa Südzucker mit 1985 Euro sogar noch 30 Euro mehr Umverteilungsprämie als ein 60-Hektar-Betrieb in Bayern.
Laut Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums erhielten die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Deutschland im Wirtschaftsjahr 2016/2017 im Durchschnitt 33.817 Euro an Direktzahlungen und Zuschüssen. Dies entsprach 408 Euro pro Hektar. Neben EU-Geldern sind hier etwa auch Zins- und Investitionszuschüsse und Agrardieselvergütung einberechnet.
Unter den Top 20 sind auch fünf landwirtschaftliche Großbetriebe - sie bewirtschaften alle riesige Flächen in Ostdeutschland. Die Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH etwa ging aus einer ehemaligen Vorzeige-LPG in der früheren DDR hervor. Der Großbetrieb gehört einem Investor aus Niedersachsen, der noch einen weiteren Betrieb im Osten hat.
Hintergrund
Die Agrarausgaben machen mit etwa 58 Mrd. Euro jährlich aktuell fast 40 % des EU-Budgets aus. 45 Mrd. Euro liegen im Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und 14 Mrd. Euro im Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Mehr als die Hälfte der Empfänger bekommt Geld aus beiden Töpfen. Landwirte erhalten etwa Direktzahlungen aus dem EGFL und auch Zahlungen aus dem ELER. Staatliche Stellen erhalten vor allem Geld aus dem ELER-Topf, weil sie Umweltschutzmaßnahmen und Strukturpolitik umsetzen.