Versäumnisse in der Verbandsarbeit hat der frühere stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Adalbert Kienle, eingeräumt. Die erbitterten geführten Auseinandersetzungen um die Milchpolitik, die den Bauernverband in seinen Grundfesten erschüttert hätten, sowie der Zulauf für den Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) auf dem Höhepunkt der Milchmarktkrise seien auch auf Defizite im Bauernverband zurückzuführen, so Kienle in einem Interview mit der Zeitschrift „Ländlicher Raum“ der Agrarsozialen Gesellschaft (ASG). Dies betreffe sowohl die Identifikation eines Teils der Mitglieder mit dem Verband als auch den Umgang mit Konflikten.
Eine „gewisse Entfremdung“ zwischen dem Verband auf der einen und seinen Mitgliedern auf der anderen Seite sei unübersehbar gewesen. Kienle: „Uns fehlte offensichtlich der Kompass, der uns zeigte, wofür wir im Kern eigentlich stehen.“
Eine Ursache sieht die ehemalige Führungskraft in einer Fokussierung der Verbandsarbeit auf Themen wie Markt, Wettbewerb und Dienstleistungen. Daneben habe man es am „notwendigen Überbau“ fehlen lassen. Markt und Wettbewerb seien jedoch weder Selbstzweck, noch deckten sie das ab, was für die Bauernfamilien und deren Betriebe entscheidend sei.
Es gebe auch Emotionen und Ängste vor der Zukunft. Kienle: „Wir dürfen nicht nur die Wachstumsbetriebe im Blick haben.“ Hier seien im Lauf der Jahre „einige Unwuchten“ entstanden. Der als Reaktion auf diese Erkenntnisse angestoßene Leitbildprozess habe geholfen, die Schwächen zu erkennen und die Voraussetzung geschaffen, sie zu überwinden. Als ein wesentliches Ergebnis wertet Kielen das Selbstverständnis des Bauernverbandes als Unternehmerverband und gesellschaftliche Kraft. Diese Grundaussage müsse sich künftig in der Praxis bewähren. (AgE)