Eine ethische Technikfolgenabschätzung hat der Agrarbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Dr. Clemens Dirscherl, angesichts der zunehmenden Diskussionen um die Ausbreitung von Biogasanlagen in Deutschland vorgenommen.
Aus schöpfungsethischer Sicht sei die energetische Nutzung von organischen Rest- und Abfallstoffen aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft eine ideale Perspektive Energiekreisläufe zu schließen, so Dirscherl. Unter den Leitzielen des Klimaschutzes und der Schonung fossiler Energieträger könne ein Weg beschritten werden, der in kleinräumiger Nutzung auch eine Wertschöpfung für die Landwirtschaft vor Ort darstelle.
Als problematisch sieht der kirchliche Agrarexperte die "maßlose und den Schöpfungsgedanken ignorierende exzessive Ausbreitung der Biogasanlagen". Diese verlaufe immer häufiger ohne gründliche Vorabklärung von Energie- und Klimabilanzen sowie einer nachhaltigen Substratbelieferung. Hier zeige sich, wie eine gut gemeinte politische Zielvorgabe des Erneuerbaren Energiegesetzes (EEG), nämlich alternativen Energien den Weg zu ebnen, mit einer fehlenden umfassenden Folgenabschätzung konterkariert werde. Die kritischen Stimmen, dass der zunehmende Anbau von Mais sich negativ auf Umwelt, Boden, Wasser, Landschaftsbild und den Klimaschutz auswirke, weil es an einer entsprechenden Fruchtfolge fehle, würden durch die Realität oftmals bestätigt. Daher müsste bei einer Überarbeitung des EEG der Anreiz zur Verwertung betrieblicher Reststoffe wie Gülle besonders gefördert werden, ebenso wie der gezielte naturverträgliche Anbau von Biomasse.
Aus sozialethischer Sicht kritisiert Dirscherl die zunehmende Konkurrenz zwischen dem Anbau von Energiepflanzen zu den Tier haltenden Betrieben. Deshalb spricht er sich für eine verstärkte Kooperation in der Landwirtschaft bei Biogasanlagen vor Ort aus. Im Interesse des sozialen Friedens in den Dörfern sollten möglichst viele Landwirte in die Mehrwerterzeugung aus den Biogasanlagen integriert werden. Denkbar wäre, dass dazu auch von der Politik ein Zeichen gesetzt würde, z.B. in Form eines "Kooperationsbonus", um den Konzentrationstendenzen bei der Bioenergieerzeugung mit ihren agrarstrukturellen Verwerfungen entgegen zu wirken.