Die Regierungsfraktionen von Union und FDP haben heute im Bundestag beschlossen, dass Gülle zur Vergärung in Biogasanlagen zukünftig dem Abfallrecht unterworfen sein wird. Ob es sich bei Gülle zur Vergärung in Biogasanlagen tatsächlich um Abfall handelt, muss demnach zukünftig von den zuständigen Behörden von Fall zu Fall abhängig von der konkreten Sachlage festgestellt werden. Mit dieser Änderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes kommt die schwarz-gelbe Bundesregierung einer Aufforderung der EU-Kommission nach, die auf eine entsprechende Auslegung der Abfallrahmenrichtlinie beharrt.
"Das ist Rechtsunsicherheit pur und kann doch wirklich so nicht wahr sein," kritisiert Cornelia Behm, von den Grünen diesen Beschluss. Die Bundesregierung müsse erst noch eine Verwaltungsvorschrift oder Verordnung erarbeiten, die hier klare Kriterien festlegt. Ab wann hier Klarheit bestehen wird, bleibe offen, so die Politikerin.
Der DBV kritisiert vor allem, dass der Gesetzgeber die Chance vertan hat, im Kreislaufwirtschaftsgesetz eine einheitliche und praxisgerechte Regelung für Biogasgülle zu schaffen. Nun seien die Länder gefordert gemeinsam mit der Bundesregierung über den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sicherzustellen, dass Gülle zur Vergärung in der Regel nicht als Abfall eingestuft wird.
Der DBV forderte Bund und Länder auf, im Vollzug zu verhindern, dass landwirtschaftlichen Betrieben mit Biogasanlagen ohne sachlichen Grund abfall- und immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren sowie zusätzliche Überwachungs- und Berichtspflichten auferlegt werden. Da Gülle, die in einer Biogasanlage vergoren werden soll, generell nicht die Abfalleigenschaft der Entledigung erfülle und als Nebenprodukt der Tierhaltung im Einklang mit dem Düngerecht als Wirtschaftsdünger verwendet werden könne, handele es sich hierbei in der Regel nicht um einen Abfall im Sinne der europäischen Abfallrahmenrichtlinie, betonte der DBV.
Bis zuletzt hatten sich die Agrarpolitiker der Regierungsfraktionen in diesem Sinne für eine einheitliche und praxisgerechte Regelung eingesetzt. Bundesregierung und Bundesländer müssen jetzt bei der Anwendung des Gesetzes gewährleisten, dass die Vergärung von landwirtschaftlichen Rohstoffen als wichtige Säule beim Umbau der Energieversorgung gesichert wird.
WLV: Gülle muss Dünger bleiben
In einem Brief an NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel haben die Präsidenten von WLV und RLV, Franz-Josef Möllers und Friedhelm Decker, appelliert, die Sichtweise der Bundesregierung und nicht die der EU-Kommission zu berücksichtigen.
Der Regierungsentwurf zum Kreislaufwirtschaftsgesetz entspriche hinsichtlich der Einstufung von Gülle zur Verwertung in Biogasanlagen der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie. Er sei zudem fachlich gerechtfertigt. Die Kritik der EU-Kommission, wonach eine pauschale Ausnahme vom Anwendungsbereich nicht gerechtfertigt ist, teilt der WLV nicht.
Die Folgen der Behandlung von Gülle als Abfall wären laut den Verbänden drastisch. Bis zu 500 Biogasanlagen in NRW würden dann als Abfallerzeugungsanlagen gelten und umfangreichen zusätzlichen Genehmigungsvoraussetzungen, Auflagen sowie Berichts- und Überwachungspflichten unterworfen. (ad)