Hochinteressant sind laut dem landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen-Lippe die Podiums-Diskussionen zum Thema Milchmarkt auf dem Bauerntag verlaufen. So verlangte Staatssekretär Gerd Müller Reaktionen des Lebensmittelhandels und der Molkereien angesichts der enormen Preisschwankungen auf dem Milchmarkt. Als die Butter von Juni 2007 bis Juni 2008 von 4,76 Euro/kg auf 2,62 Euro gefallen sei, habe es keinen Widerstand dagegen gegeben. Müller stellt sich ohne Wenn und Aber hinter den Bamberger Ausstiegsbeschluss aus der Milchquote und umriss zugleich den vom DBV geforderten Milchfonds, der sich aus einer höheren Ausgleichszulage, einer Grünlandprämie und direkten Investitionshilfen zusammensetzen müsse. An eine Produktionsaufgabenrente sei demgegenüber nicht gedacht, so Müller.
Kees Wantenaar, Vorstandsvorsitzender von Campina, warnte vor allem davor, austauschbare Produkte herzustellen. Molkereien müssten innovativ sein und Markenprodukte herstellen, um sich besser am Markt zu positionieren.
Rudolf Heidhues, Vorstandsvorsitzender der Humana Milchunion, sprach ebenfalls das Thema Molkereigröße an. Aus seiner Sicht geht es darum, zumindest in solche Größenordnung zu wachsen, um Verwertungsunterschiede unterschiedlicher Produktlinien ausgleichen zu können. Vehement sprach sich Heidhues gegen staatliche Eingriffe in den Milchmarkt aus \- diese hätten sich eigentlich immer zum Nachteil auf den Milcherzeuger erwiesen.
Walter Pötter, Generalbevollmächtigter der Lidl Stiftung, weckte Nachdenklichkeit mit dem Hinweis, dass während des Milchstreiks zwar in Deutschland 300 Mio. kg weniger angeliefert wurden \- die französischen Milchbauern aber 60 Mio. kg mehr geliefert und Marktanteile in Italien hinzugewonnen hätten. Hart ging Pötter mit der Butter-Werbung ins Gericht \- diese habe im Vergleich zur Margarine-Werbung völlig versagt. Wenn man jetzt noch fettreiche Nahrungsmittel wie Butter, Käse oder Sahne mit einem "rot" innerhalb der Ampelkennzeichnung brandmarken wolle, so könne man sich hohe Preise im Einzelhandel abschminken.
Bernhard Schleich vom Bund der Deutschen Landjugend ließ es an Klarheit zur Zukunft der Quote nicht fehlen: Auf die Quote könne man verzichten, sie habe allenfalls Kosten verursacht.
Milchpräsident Udo Folgart stellte sich hinter die Bamberger Beschlüsse, ging aber auch auf das jüngste Arbeitspapier des Bauernverbandes zur Milchpolitik ein. Hinsichtlich des Zusammenspiels zwischen Molkereien und Milcherzeugern sei es notwendig, flexibler auf die Anforderungen des Marktes zu reagieren. Dazu müsse man zum einen die Marktlage bei Milch regelmäßig analysieren und in unternehmerische Entscheidungen der Molkereien einfließen lassen. Zum anderen müssten vertragliche Lieferbeziehungen zwischen Molkereien und Milcherzeugern nicht nur eine Preis-, sondern möglichst auch eine Mengenkomponente beinhalten.
Die äußerst lebhafte Diskussion drehte sich im Anschluss vor allem um die Fragen "Saldierung ja oder nein?" sowie "Neuer Umrechnungsfaktor?". Seitens der Politik, aber auch seitens der Molkereien wurde darauf hingewiesen, dass die Abschaffung der Saldierung etwa 2 % weniger Milch für die deutschen Bauern bedeuten würde \- die Änderung des Umrechnungsfaktors bringe eine weitere Kürzung um 1 % mit sich. Hier würden Marktchancen vergeben. Deutlich war zu spüren, wie sehr viele Delegierte unter dem Eindruck der Ereignisse rund um den Milchlieferstreik standen. Ansichten \- zwischen klarer Abgrenzung gegenüber dem BDM bis hin zu Appellen, die Zukunftsprobleme gemeinsam zu lösen. Auf dem Forum wurde zugleich deutlich: Mit der Auseinandersetzung um Saldierung und Fettkorrektur droht die nächste Zerreißprobe zwischen am Markt orientierten Milchbauern und denjenigen, die auf Mengensteuerung setzen und Lieferdisziplin auch von anderen einfordern.
Franz-Josef Budde, Landwirtschaftliches Wochenblatt Westfalen-Lippe