Zwar seien die Landwirte in aller Regel durch die Lieferverträge oder durch die Satzung der Genossenschaftsmolkereien verpflichtet, sämtliche in ihrem Betrieb erzeugte Milch abzuliefern, soweit sie nicht zum Eigenverbrauch (z.B. zur Kälberaufzucht) bestimmt sei. Da jedoch regelmäßig keine bestimmten Mindestmengen vereinbart seien, stehe es einem Landwirt frei, die Produktion zu drosseln oder aus wirtschaftlichen Gründen ganz einzustellen, so der Experte unter Hinweis auf ein Bundesgerichtshof-Urteil aus dem Jahr 2002. Die erzeugte Milch dürfe aufgrund der vertraglichen Verpflichtung also nicht anderweitig vermarktet werden, in dem sie z.B. an eine andere Molkerei geliefert werde. Eine Vernichtung und erst recht eine Verwendung zum Eigenverbrauch sei dem gegenüber in der Regel zulässig, soweit dies jedenfalls zur Wahrung der berechtigten Interessen der Lieferanten geschehe.
Außerdem weist Rechtsanwalt Dr. Schuhmacher darauf hin, dass die Molkerei nach den Satzungen und Lieferverträgen den Milchpreis einseitig im nachhinein für jeden Monat festlegen und die Landwirte langfristig an ihre Molkerei gebunden sind. Insofern bestehe hinsichtlich der Verhandlungsmacht über das Milchgeld ein strukturelles Ungleichgewicht zwischen den Landwirten und den Molkereien. Zur Wahrung ihrer Interessen müsse es daher möglich sein, durch die vorübergehende Einstellung der Lieferungen im angemessenen Verhältnis Druck auf die Molkereien auszuüben, um ein Verhandlungsgleichgewicht herzustellen. Der Milchlieferstreik falle daher seiner Meinung nach in den Schutzbereich des Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz.
Am 16. Juni bietet die Anwaltskanzlei in Münster ein Seminar zu "Rechtsfragen rund um den Milchstreik" an, zu dem Landwirte eingeladen sind. Weitere Infos zum Thema "Schadenersatzansprüche" unter www.meisterernst.de