Anfang August wird Russland das 154. ordentliche Mitglied der WTO. Vor allem die russischen Verbraucher dürften von Zollsenkungen und einfacheren Importregeln profitieren.
Der Beitritt Russlands zur WTO verbessert nach Ansicht des DBV die Marktaussichten für die deutsche und europäische Milchwirtschaft. So soll der russische Zoll künftig bei Importen von Agrarprodukten um 18 % auf durchschnittlich 10,8 % sinken (jetzt 13,2 %). Bei Milchprodukten fällt die Senkung des Zollsatzes noch deutlich stärker aus: Der Zollsatz wird durch den WTO-Beitritt Russlands bei Importen auf den russischen Markt um rund 25 % reduziert, von bisher durchschnittlich 19,8 % auf dann 14,9 %.
Doch auch andere neue Freihandelsabkommen würden bereits Wirkung zeigen. Denn nachdem die weltweiten WTO-Verhandlungen ins Stocken geraten sind, verhandelt die Europäische Kommission jetzt einzeln mit den Partnerländern über bilaterale Handelsabkommen, so der Bauernverband weiter. So ist ein bilaterales Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südkorea im Juli 2011 in Kraft getreten. Seitdem sind die Agrarexporte in dieses Land deutlich angestiegen. Das Exportvolumen von Nahrungsmitteln aus der EU nach Südkorea habe zwischen Juli 2011 und März 2012 um 52 % zugenommen. Das bilaterale Handelsabkommen beinhaltet auch Zollkontingente für Butter und Käse, so dass die deutsche und europäische Milchwirtschaft von diesem Abkommen profitiert.
Ein weiteres bilaterales Freihandelsabkommen verhandelt die EU mit der Volksrepublik Vietnam. In dem schnell wachsenden Schwellenland leben 91 Mio. Menschen, die auch mit Milchprodukten versorgt werden wollen. Darüber hinaus gibt es Gespräche mit Kolumbien, Peru und Indien. Hier sind laut Bauernverband reelle Absatzchancen für deutsche und europäische Milchprodukte vorhanden. Nach Untersuchungen der FAO soll zum Beispiel der Konsum von Milchprodukten in Indien und anderen Ländern in Süd-Ost-Asien bis 2021 um 30 % zunehmen.
Nach Ansicht des DBV verdeutlichen diese Beispiele, dass auch bilaterale Freihandelsabkommen Chancen für die deutsche und europäische Milchwirtschaft eröffnen. Dass die Wettbewerbsfähigkeit im Ausland vorhanden ist, zeige sich in dem immer stärkeren Engagement der deutschen Milchwirtschaft in Asien, auf der Arabischen Halbinsel oder in Nord- und Westafrika, stellt der DBV fest.
Landtechnikhersteller sind nervös
Bei den russischen Unternehmen ist die Nervosität dagegen groß. Presseberichten zufolge habe etwa der Traktorenhersteller Rostselmash gewarnt, dass der Marktanteil russischer Landmaschinenhersteller nach dem WTO-Beitritt von 52 % auf 3 % kollabieren könnte. Diese Sorge sei nicht unbegründet, denn das einzige Kaufargument für russische Landtechnik sei bislang der Preisvorteil gewesen, gesichert durch entsprechende Zollschranken. Selbst Präsident Wladimir Putin hatte erst kürzlich eingeräumt, dass mit dem WTO-Beitritt seines Landes auch Risiken verbunden seien, so etwa für die Agrarwirtschaft und den Landmaschinenbau.
Andererseits erwarten Experten, dass der russische Agrarsektor durch den verstärkten Einsatz moderner Landtechnik deutlich an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen dürfte. In den letzten Jahren hatte die russische Seite immer wieder phytosanitäre Gründe und andere Bedenken vorgeschoben, um bestimmte Agrarimporte - auch aus der EU - zu unterbinden. Sollte Russland nun weiter versuchen, den eigenen Markt gegen Einfuhren abzuschotten, ist mit teuren Strafverfahren zu rechnen. (ad/AgE)