Ein Kommentar von top agrar-Chefredakteur Dr. Ludger Schulze Pals
Pünktlich zum Start der Grünen Woche veranstaltet Bundesumweltministerin Barbara Hendricks am 16. Januar zum zweiten Mal einen eigenen Agrarkongress. Er trägt den schönen Titel "Gemeinsam Zukunft wachsen lassen - Ein Gesellschaftsvertrag zwischen Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucher".
Konkret soll es um die zukünftige Landwirtschaftspolitik bis 2030 gehen. Wie kann die Landwirtschaft weltweit nachhaltiger werden? Welche Rahmenbedingungen sind dafür notwendig? Was erwarten die Umwelt– und Landwirtschaftsverbände? Was schlägt die Wissenschaft vor und was will die Politik?
Das sind zweifellos alles richtige und wichtige Fragen. Und bis auf den mächtigen Lebensmittelhandel sind auch alle wichtigen Interessengruppen und politischen Parteien bei der Veranstaltung in Berlin vertreten. Was mich als Wähler aber maßlos ärgert, ist die Tatsache, dass es sich um einen Agrarkongress des Umweltministeriums handelt.
Damit ist von vornherein klar: Es geht Frau Hendricks gar nicht um ein abgestimmtes Gesamtkonzept der Bundesregierung für die zukünftige Agrarpolitik, es geht ihr nur um ihre Partei- und Ressortinteressen. Bundeslandwirtschaftminister Christian Schmidt hält noch brav ein Grußwort, weil man sich nach der Glyphosatabstimmung und während der laufenden GroKo-Sondierungen umbedingt liebhaben will und muss.
Wenn dieses Muster Schule macht, dann gibt es demnächst auch Agrarkongresse des Finanzministeriums (EU-Agrarpolitik), des Wirtschaftsministeriums (Freihandel) und des Entwicklungshilfeministeriums (Auswirkungen auf den globalen Süden). Vermutlich würde es sich der Landwirtschaftsminister nach den ganzen Grußworten auf den Kongressen seiner Kabinettsmitglieder nicht nehmen lassen, auch noch einen eigenen Agrarkongress zu veranstalten, um der ganzen Diskussion auch noch seinen Stempel aufzudrücken.
Nein, das ist der falsche Weg. Es kann nur eine Agrarpolitik und damit nur einen Agrarkongress der Bundesregierung geben! Dieser muss unter Federführung des Bundeslandwirtschaftsministers oder meinetwegen auch der Bundeskanzlerin die verschiedenen Ressortinteressen berücksichtigen und abwägen. Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz sollten bei den GroKo-Verhandlungen dafür die Spielregeln festlegen, damit die Bundesregierung künftig mit einer Zunge spricht und die neuen Kabinettsmitglieder, die Landwirte und die Wähler wissen, woran sie sind.