Viele Landwirte fühlen sich bei der Diskussion um die Zukunft der Tierhaltung von der Politik allein gelassen, machte Präsident Franz-Josef Möllers gestern beim Landesverbandstag des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes in Münster deutlich. An die Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner gerichtet sagte er: „Die Bauern haben regelrecht Wut im Bauch. Sie fühlen sich zu Unrecht verunglimpft, weil sie selbst das allergrößte Interesse daran haben, die Tiere ordnungsgemäß zu halten“.
Es sei in der Tat nicht hinnehmbar, wenn Verbände mit üblen Kampagnen gegen die Landwirte Stimmung machten, entgegnete Aigner. „Aber zwei Drittel der Verbraucher haben den Eindruck, dass es Missstände in der Tierhaltung gibt“, so die Ministerin. Das liege auch daran, dass die Verbraucher gar nicht mehr wissen, wie heute Landwirtschaft betrieben werde. Und die Werbung vermittle nur die heile Welt. „Dagegen hilft nur Transparenz und Aufklärung“, betonte Aigner. Der Berufstand leiste mit den Tagen des offenen Hoftores vorbildliche Arbeit. Nur so könne man zeigen, dass große Bestände nicht automatisch schlecht für den Tierschutz seien.
Aigner für Kennzeichnung von Tierschutzstandards
Die Ministerin sprach sich für eine verlässliche Kennzeichnung von Tierschutzstandards aus. Am besten EU-weit. „Die Politik muss dafür die Spielregeln schaffen“, ist Aigner überzeugt. Für besonders tiergerecht erzeugte Produkte gebe es durchaus Marktchancen. In Umfragen gäben die Verbraucher jedenfalls immer wieder an, für mehr Tierschutz auch höhere Preise zahlen zu wollen. Die Weiterentwicklung der Tierschutzstandards dürfe die Bauern aber nicht überfordern. „Auf EU-Ebene hat der Bauernverband zum Beispiel vorgeschlagen, bis 2018 aus der herkömmlichen Ferkelkastration auszusteigen. Das ist eine realistische Diskussionsgrundlage“, erklärte Aigner.
Zur Verlässlichkeit gehöre es aber auch, zu beschlossenen Standards zu stehen. Das gelte für das ab 2012 geltende EU-weite Verbot der Käfighaltung von Legehennen genauso wie für die Gruppenhaltung von Sauen ab 2013. Beide Regelungen seien mit langen Übergangszeiträumen beschlossen worden, um den Betrieben die Anpassung an die neuen Rahmenbedingungen zu ermöglichen.
Zur Forderung des WLV, die Privilegierung gewerblicher Ställe im Baugesetzbuch einzuschränken sagte die Ministerin: „Ich halte eine maßvolle Beschränkung auch für sinnvoll“. Ihr Ministerium prüfe gerade, welche Optionen es dafür gebe. „Wichtig ist aber, dass die bäuerliche Privilegierung erhalten bleibt“, so Aigner. (lsp)