Ungarns Premierminister Viktor Orban gab im Radiointerview am frühen Freitagmorgen in Budapest einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden langwierigen Verhandlungen über den künftigen EU-Haushalt für die Periode 2021 bis 2017: „Solange wir Ungarn nicht ok sagen, solange wird es keinen EU-Haushalt geben“. „Also bleiben wir ruhig“, sagte Ungarns Premier. Die Debatte um Kürzungen und höheren Beiträgen aus den Mitgliedstaaten würden langwierig ausfallen, weil es letztlich eines einstimmigen Beschlusses bedürfe, erinnerte Orban an die Spielregeln für die Aufstellung und Verabschiedung des Mehrjährigen Finanzrahmens für die Haushaltsperiode 2021 – 2027 in der Europäischen Union (EU).
„Die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 werden ein gigantisches Referendum und Abstimmung über das Thema Migration“, prophezeite Orban im Radiointerview. Die Ungarn müssten sich keine Sorgen machen. „Solange Ungarn nicht zustimme, solange wird es keinen EU-Haushalt geben“. Auch die Bildung von Vereinigten Staaten von Europa werde es nicht geben. „Europa muss auf der Allianz von souveränen Nationalstaaten gründen“, betonte der ungarische Premierminister.
Polen und Ungarn wehren sich gegen Verknüpfung von Rechtsstaatlichkeit und Mittelvergabe
Unterstützung für einen rigiden Kurs gegenüber Brüssel kommt auch aus Polen. Die Ankündigung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dass die Auszahlung von EU-Geldern künftig auch an das Kriterium von Rechtsstaatlichkeit geknüpft werden solle, verstehen Polen, Ungarn, die Slowakei und Rumänien als Kampfansage.
Viele mittel- und osteuropäische Staaten hängen in erheblichem Maße bei öffentlichen Investition am Tropf aus Brüssel. So hängen 60 Prozent der Investitionskraft Polens von Zuwendungen aus den EU-Kohäsionsfonds ab und bei Ungarn machten es mehr als 50 Prozent der Investitionsquote des Landes aus im Zeitraum von 2015-17. So wie einerseits die neuen Mitgliedsländer von den Geldflüssen aus EU-Töpfen abhängig sind, so sehr bedarf die EU27 andererseits der Einstimmigkeit aller EU-Staaten, um den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) unter Dach und Fach zu bringen.
Polens Europaminister Konrad Szymański gibt sich kämpferisch bei der Verteidigung der nationalen Interessen. Als erste Reaktion auf den Haushaltsvorschlag 2021-2027 der EU-Kommission hieß es aus Warschau: „Wir sind ein wenig unglücklich über einige Vorschläge, die an sich eher politische Zurückhaltung angezeigt erscheinen lassen und in krassem Gegensatz zur Rechtsstaatlichkeit stehen“, äußerte sich Konrad Szymański. „Eine Rechtsnorm muss klar sein und darf keinen Spielraum für politische Emotionen hergeben“, spielte der polnische EU-Minister auf die von der EU-Kommission angedrohte Verknüpfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen und der Auszahlung von Kohäsionsfonds oder Agrarbeihilfen an.
Auch Ungarns Außenminister Péter Szijjártó schlägt harsche Töne an: „Wir haben Europäische Verträge in Kraft, die klar aussagen welche Rechten und Pflichten ein EU-Staat hat. Wir werden nicht akzeptieren, dass die EU-Kommission die Auszahlung von EU-Fonds an die Respektierung der Rechtsstaatlichkeit knüpft.“ Der Ungar verlangte in einer in Budapest verbreiteten Erklärung, dass subjektive Kriterien für die Vergabe von EU-Geldern aufgestellt werden müssten, bevor die neue Haushaltsperiode 2021-2027 beschlossen werde.
Markus Ferber: „Mittel kürzen bei Missachtung von EU-Recht ist angesagt“
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber hingegen unterstützt das Ansinnen der EU-Kommission die Vergabe von EU-Geld an Rechtsstaatlichkeit und Respektierung europäischer Werte auszurichten:
„Wer sich nicht an europäisches Recht und europäische Vereinbarungen hält, der muss mit finanziellen Konsequenzen rechnen. Dazu muss auch gehören, dass der Geldhahn auch abgedreht werden kann. Diese Sprache wird nämlich auch in Osteuropa verstanden“, betonte Markus Ferber. Die EU-Kommission hätte jetzt die große Chance gehabt, mit der Machete durch den Dschungel der EU-Finanzen zu gehen und auszumisten, habe aber die Möglichkeit dazu verstreichen lassen, so der CSU-Europaabgeordnete Ferber.
„Ich meine, bevor wir über immer neue Mittel sprechen, müssen wir erst einmal kritisch Bilanz ziehen und überlegen, welche Aufgaben die EU der 27 künftig wahrnehmen soll. Die zentrale Herausforderung für die nächste Haushaltsperiode ist, dass der EU-Haushalt effizienter und nicht größer werden muss. Auch die EU muss lernen, zu sparen und sorgfältig mit ihrem Geld umzugehen“, so Ferber. „Dazu brauchen wir konkrete Prioritäten und Projekte in die die EU investiert. Pauschal zu sagen es gibt mehr Geld für Forschung oder weniger Geld für Landwirtschaft ist mir zu wenig.“