Alles redet derzeit über Glyphosat. Selbst beim Weinempfang des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) war das Herbizid gestern Thema.
DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp appellierte an die Bundesregierung, den Einsatz des Wirkstoffs und des chemischen Pflanzenschutzes insgesamt weiter zu ermöglichen – gerade auch im Interesse des deutschen Weinbaus. Von dort werde ihm berichtet, dass die Pflege des Weinbergs mit rund 200 h/ha regional schon heute extrem arbeitsintensiv sei. Müsse der chemische Pflanzenschutz hier durch mechanische und teilweise Handarbeit ersetzt werden, sei die Weinerzeugung an solchen Orten nicht mehr wettbewerbsfähig.
Selbst wenn, werde mechanisch die Erosion massiv gefördert und die humusreiche Krume lande am Ende unten am Hang im Abwasserkanal, warnte Holzenkamp. Er hat deshalb eine „große Bitte“ an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Es müsse beim Pflanzenschutz verzichtet werden auf ein „Schwarz-Weiß-Denken“. Nötig sei ein differenziertes Denken, und bessere Lösungen statt eines Totalverbots. Das müsse sowohl für Glyphosat wie auch andere Pflanzenschutzmittel gelten.
Özdemir: Hätten Glyphosat sparsamer einsetzen sollen
Özdemir hat sich bekanntermaßen schon länger gegen eine Neuzulassung von Glyphosat ausgesprochen. Derzeit wird in Berlin noch diskutiert, ob dies seitens der Bundesregierung ein klares „Nein“ oder eine „Enthaltung“ in der entsprechenden EU-Abstimmung bedeutet. Das könnte für das Endergebnis nicht ganz unwichtig werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium stellte heute noch einmal klar, dass Deutschland "nicht zustimmen wird", was immer das im Endeffekt bedeutet.
Abstimmung über #Glyphosat auf EU-Ebene: Für uns ist der Koalitionsvertrag hier handlungsleitend & unmissverständlich. Die EFSA hat in ihrer Stellungnahme ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie Gefahren für die #Artenvielfalt nicht ausschließen kann. 🇩🇪 wird nicht zustimmen.
— BMEL (@bmel) October 12, 2023
Beim DRV gab sich der Bundesminister in dieser Hinsicht jedenfalls weiterhin bedeckt. Er hat allerdings eine klare Meinung dazu, warum die Kiste in Deutschland in puncto Glyphosat so verfahren ist. Verantwortlich dafür macht er insbesondere einen langjährigen nachlässigen Umgang mit dem Wirkstoff im privaten, aber auch im professionellen Bereich.
Könnten heute eine andere Debatte haben
Hätte man früher gesagt, das habe im privaten Bereich nichts verloren; hätte man Glyphosat früher schon sparsamer eingesetzt und geschaut, wo braucht man es wirklich – wir hätten heute eine andere Debatte, so Özdemir gestern in Berlin.
Zu den aktuellen Pflanzenschutzplänen der EU-Kommission im Rahmen der SUR hatte der Bundesminister hingegen eine klare Meinung: Nach seinen Worten gibt es mit ihm keine Zustimmung „zu dem, was in Brüssel gerade vorliegt“. Es müsse Anpassungen geben, dass künftig auch in Steillagen künftig noch Weinbau und am Bodensee oder im Alten Land noch Obstbau möglich ist.
In die Richtlinien müssten auch die besonderen Bedingungen Deutschlands mit seinem hohen Anteil an Schutzgebieten und den bereits erreichten Fortschritten bei der Reduktion chemischer Pflanzenschutzmittel Eingang finden. Nach Özdemirs Auffassung sind dazu „klügere Lösungen“ als pauschale Pflanzenschutzverbote.