Obwohl die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen die Schlachthöfe Bad Iburg, Oldenburg und Laatzen über mögliche Tierschutzverstöße noch laufen, hat Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast die Schlachthofkontrollen verschärft und das umgesetzt, was sie Mitte November im Landtag angekündigt hat. „Seitdem ist viel passiert“, erklärte die Ministerin gegenüber top agrar online. „Im Dezember haben verpflichtende Schulungen bzw. Dienstbesprechungen für alle amtlichen Tierärzte in Niedersachsen zum Thema „Tierschutz an Schlachthöfen“ stattgefunden.“ Darüber hinaus seien landesweit einheitliche Kriterien für amtliche Tierschutzkontrollen in Schlachthöfen erarbeitet worden. Das ermögliche den Veterinärbehörden, zusätzliches, gebührenfinanziertes amtliches Personal an Schlachthöfen einzusetzen.
Betäubungsanlagen regelmäßig kontrollieren
„Wir wollen darüber hinaus künftig auch die Betäubungsgeräte und -anlagen der Schlachthöfe regelmäßig durch die technischen Sachverständigen des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) verpflichtend kontrollieren“, kündige Otte-Kinast weitere Maßnahmen an. Das sei notwendig, weil es nach einem Bericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums allein in der Rinderschlachtung mit vier bis über neun Prozent Fehlbetäubungen gebe.
Ziel ist eine bundesweite Videoüberwachung
Mit den Vertretern der Fleischwirtschafts- und Handelsverbände sowie der kommunalen Spitzenverbände will die Ministerin eine Vereinbarung zur Einführung von videogestützten Überwachungssystemen abschließen - zunächst auf freiwilliger Basis. Im zweiten Schritt sollen solche Systeme bundesweit zur Pflicht werden. Über den Bundesrat will Niedersachsen den Bund dazu auffordern, entsprechende Regelungen zu treffen. „Anfang Februar wird das Kabinett die Bundesratsinitiative auf den Weg bringen“, erläuterte Otte-Kinast den Zeitplan. Verschiedene Länder hätten signalisiert, einen entsprechenden Vorstoß Niedersachsens unterstützen zu wollen.
Zum Stand der Ermittlungen in den drei Schlachthöfen Bad Iburg, Oldenburg und Laatzen gebe es keinen neuen Sachstand. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen liefen noch. Der Schlachthof Oldenburg habe seine Schlachtungen bis auf weiteres eingestellt, um bauliche Maßnahmen durchzuführen. Der Schlachtbetrieb in Laatzen sei vom LAVES und von der zuständigen kommunalen Überwachungsbehörde überprüft worden. „Dabei wurden keine Mängel festgestellt, die einen Weiterbetrieb des Schlachthofes in Frage gestellt hätten“, so Otte-Kinast.
Fleischwirtschaft sieht keine Systemfehler
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte die Ministerin im November von „Systemfehlern“ gesprochen und „einen Neustart in unseren Schlachthöfen“ gefordert. Das wies der Vorsitzende des Verbands der Fleischwirtschaft (VDF), Paul Brand, in einem offenen Brief mit Nachdruck zurück. Wenn nur 0,6 % der niedersächsischen Schlachthöfe von den Vorwürfen betroffen seien, könne man nicht von einem Systemfehler sprechen. „Wir benötigen keinen Neustart, sondern eine konsequente Umsetzung der bestehenden Regelungen in allen zugelassenen Schlachtbetrieben“, schreibt Brand. Das sei Aufgabe der amtlichen Überwachung, kickte der VDF-Vorsitzende in das Spielfeld der Ministerin zurück.