Die Dürre des vergangenen Jahres und ihre Folgen, die Diskussion über die Zukunft der Tierhaltung und die schwindende Akzeptanz der Landwirtschaft in der Bevölkerung sind für DLG-Präsident Hubertus Paetow Signale, dass „einige unserer Systeme an die Grenzen stoßen“. Deshalb stehe die Landwirtschaft am Scheideweg, sagte Paetow bei der DLG-Wintertagung in Hannover, die genau unter diesem Motto stand.
„Wir müssen über unsere Ziele und die Definition des Fortschritts neu nachdenken, offen und unvoreingenommen, gemeinsam mit Wissenschaft und Branche“, forderte der DLG-Präsident die Branche vor den rund 1.000 Besuchern der Wintertagung zu einer ehrlichen Analyse der Situation auf.
Fortschritt ist mehr als höhere Erträge und Leistungen
Der technische Fortschritt sei heute nicht mehr grundsätzlich positiv belegt, sondern werde von vielen auch als Gefahr und Risiko gesehen, betonte der Ackerbauer aus Mecklenburg-Vorpommern, der jetzt ein Jahr an der Spitze der DLG steht. „Die Messlatte ist nicht mehr allein die Verbesserung der Produktivität. Die Auswirkungen auf Umwelt und Klima, ethische Vertretbarkeit in der Tierhaltung und Erfüllung der gesellschaftlichen Bedürfnisse kommen dazu“, so Paetow.
Ein „zurück zu Großvaters Bauernhof“ wird es nach Ansicht des DLG-Präsidenten aber nicht geben. „Das haben inzwischen auch die größten Feinde einer modernen Landwirtschaft verstanden, denn es löst die Herausforderungen der Zukunft nicht.“
Betriebsgröße ist mehr als Fläche und Tierbestand
Paetow warb dafür, die Betriebsgröße nicht auf die Fläche und die Tierbestände zu verengen. „Diversifizierung, Nischenprodukte, Erwerbskombination oder Kooperationen sind nur einige Möglichkeiten, wie ein Betrieb auch jenseits von Flächenpacht und Stallbau wachsen kann“, ist der DLG-Präsident sicher.
Entscheidend für den Betriebserfolg sei schon immer die Fähigkeit des Unternehmers. Die wahre Kunst liege in der geschickten Organisation der begrenzten Ressource Boden hin zu mehr Wertschöpfung, unter Einbeziehung von Verarbeitung und Vermarktung. „Viele Betriebe machen dies heute schon vor, nicht nur ökologisch wirtschaftende, auch Sonderkulturen, Bioenergie oder Tourismus bieten diese Möglichkeiten“, so Paetow.