Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble hat für die Zeit nach 2020 einen weiteren Abbau des EU-Agrarhaushalts ins Spiel gebracht. Seiner Meinung nach sollten die Gelder für die europäischen Strukturfonds und ein Teil des EU-Agrarhaushalts dafür verwendet werden, wirtschaftliche Reformanstrengungen in den Mitgliedstaaten zu finanzieren.
Nach Darstellung des Ministers werden die 420 Mrd Euro, die im Zeitraum 2014 bis 2020 für die Rubrik „Nachhaltiges Wachstum: natürliche Ressourcen“ zur Verfügung stehen und zum größten Teil für den Agrarbereich vorgesehen sind, für „nationale Agrarpolitiken“ verwendet. Auch rund 360 Mrd Euro aus dem Haushaltsbereich der Kohäsionspolitik hätten wenig mit übergreifenden EU-Politikempfehlungen zu tun.
„Das meiste Geld wird noch immer für nationale Politiken ausgegeben“, sagte Schäuble. Mehr als 70 % des 1 Billion Euro schweren EU-Finanzrahmens im Zeitraum 2014 bis 2020 werde genutzt, um nationale Ausgaben zu ersetzen. Er forderte zielgerichtete Hilfen mit einer klaren Ausrichtung an einem „europäischen Mehrwert“.
Schäubles Äußerungen rufen Erinnerungen wach an die ehemalige EU-Haushaltskommissarin und derzeitige Präsidentin Litauens, Dr. Dalia Grybauskaitė, die der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bereits 2008 „den europäischen Mehrwert“ abgesprochen hatte.
EU-Agrarkommissar Phil Hogan, der auf der Konferenz ebenfalls sprach, wies hingegen auf die Errungenschaften der GAP hin. Die Politik gewährleiste nicht nur die Versorgung von 500 Millionen Europäern mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln und Getränken, sondern unterstütze maßgeblich das Wachstum und die Beschäftigung im ländlichen Raum. Hogan zufolge hat die GAP spürbar zur wirtschaftlichen Erholung seiner Heimat Irland nach der Finanzkrise von 2008 beigetragen. Der Kommissar erinnerte daran, dass es sich bei der EU-Agrarpolitik um den einzigen vollständig vergemeinschafteten Politikbereich der EU handele.