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"Schlimmer hätte es nicht kommen können"

Dr. Holger D. Thiele, ehrenamtl. Geschäftsführer des Informations- und Forschungszentrums für Ernährungswirtschaft in Kiel, fasst die wichtigsten Begründungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Absatzfonds nochmals zusammen und erläutert die Folgen, sollte die ZMP ihre Arbeit einstellen: " Am 3.

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Dr. Holger D. Thiele, ehrenamtl. Geschäftsführer des Informations- und Forschungszentrums für Ernährungswirtschaft in Kiel, fasst die wichtigsten Begründungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Absatzfonds nochmals zusammen und erläutert die Folgen, sollte die ZMP ihre Arbeit einstellen:


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" Am 3. Februar 2009 hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe weite Teile des Absatzfondsgesetzes als unvereinbar mit der Verfassung erklärt. In dem Urteil wird dargelegt, dass die den Landwirten durch das Gesetz auferlegte Abgabe nicht gerechtfertigt sei, weil der mit der Durchführung der Maßnahmen zur Absatzförderung und Marktberichterstattung verbundene Nutzen nicht allein auf den Kreis der Abgabenzahler beschränkt sei. Daher ist laut Urteil eine Pflichtabgabe nicht gerechtfertigt. Die Finanzierung zur Sicherstellung der Markttransparenz muss nun der Staat übernehmen. Versagt er dabei, kann dies verheerende Folgen für die europäischen Agrar- und Ernährungsgütermärkte haben.


CMA diskriminiert andere EU-Anbieter


Im Hinblick auf die Tätigkeit der CMA stellte das Gericht fest, dass nach europäischem Recht die nationale Herkunftsbezeichnung, die einen Nutzen für die Beitragszahler dargestellt hätte, wegen der damit verbundenen Diskriminierung anderer EU-Anbieter auf Grund europäischer Rechtsprechung nicht mehr zulässig ist. Die Wettbewerbssituation der deutschen Agrarwirtschaft habe sich seit 1990 verbessert, so dass eine nationale Absatzförderung nicht mehr erforderlich sei. Die Homogenität der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft als Gruppe wird wegen ihrer mittlerweile eingetretenen internationalen Verflechtung angezweifelt. Ebenso wird angezweifelt, dass generisches Marketing gegenüber dem Marketing von Herstellern noch Vorteile biete. Nicht in Frage gestellt wird die Sinnhaftigkeit von Exportförderung durch besondere Dienstleistungen bei internationalen Messen und Ausstellungen. Hinsichtlich der Tätigkeit der ZMP wird das Ziel, Agrarmärkte transparent zu halten, ebenfalls nicht in Frage gestellt. Doch sei die ZMP verpflichtet, jedem daran Interessierten unabhängig von seinem Beitrag zur Finanzierung die Informationen zur Verfügung zu stellen, wobei die verlangten Gebühren nicht kostendeckend seien.


Ohne die ZMP steigen die Kosten für die Branche


Damit ist das Urteil überraschend klar in seinen Aussagen und es lässt kaum Spielraum, so weiter zu machen wie bisher. ZMP-Geschäftsführer Goessler hat deswegen auch schon vom Aus für die zentrale Marktberichterstattung nach sechzig Jahren gesprochen. Allerdings wird von Politikern und Verbänden erklärt, dass neue Lösungen gebraucht werden, damit es weitergehen kann. Dabei kommt es darauf an, kurzfristig eine Überbrückungslösung zur Finanzierung der Aktivitäten zu finden, die in ein neues Konzept einmünden sollte. Hinsichtlich der Marktberichterstattung werden die Folgen angesichts der täglichen Präsenz der ZMP in den Medien möglicherweise unmittelbar zu spüren sein. Es besteht auch die große Gefahr, dass eine über Jahrzehnte gewachsene Infrastruktur und ein Informationsnetzwerk zusammenbrechen, die so schnell nicht ersetzbar sind. Wer keine Informationen über die bei anderen vergleichbaren Transaktionen gezahlten Preise hat, wird grundsätzlich höhere Verhandlungskosten haben. Eine geringere Markttransparenz erhöht damit insgesamt die Kosten des Agrar- und Ernährungssektors. Wird die Markttransparenz verbessert, dann sinken die Transaktionskosten, und das Ausmaß der Arbeitsteilung wird erhöht mit der Folge eines erhöhten gesellschaftlichen Wohlstandes. Daher ist die Sicherung des Überlebens der ZMP als Anbieter des Gutes Markttransparenz in dieser Krise das Gebot der Stunde.


Staatlich organisierte Informationsbeschaffung funktioniert nicht


Nach dem Urteil stellt sich die Frage, wie sich das Ziel von Markttransparenz mit der Begründung des Bundesverfassungsgerichts, dass Sonderabgaben nicht zulässig sind, wenn ihr Zweck auch andere als die zur Zahlung Verpflichteten begünstigt, vereinbaren lässt. Die Antwort ist einfach: Es ist nicht möglich! Die Unmöglichkeit ergibt sich aus der Praxis der Informationsbeschaffung: Die Informationen müssen aus einem Kreis von Informanten bezogen werden, der weit über den der Beitragszahler hinaus geht. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit diesen ist nur auf dem Weg des Dialogs, verbunden mit dem Austausch von Informationen, möglich. Staatlich verordnete und standardisierte Meldepflichten können nur einen Teil der benötigten Information bereitstellen. Nur in begrenztem Umfang lässt sich der Nutzen von Markttransparenz auf klar definierte Zielgruppen begrenzen, nämlich im Rahmen von geschlossenen Benutzergruppen, die allerdings ebenfalls wettbewerbsrechtlichen Beschränkungen unterliegen, wenn es um Preise geht. Die Verflechtung mit vor- und nachgelagerten Marktstufen im Rahmen des europäischen Binnenmarktes und mittlerweile globalisierter Märkte erfordert die Einbeziehung vieler Informationsquellen im In- und Ausland, und das lässt sich nicht per Rechtsverordnung und Meldepflicht regeln, was nur mehr Bürokratie bedeuten würde. Viel mehr wird durch den Austausch von Informationen im Rahmen eines informellen Netzwerkes erreicht. Ein solches Netz hat sich die ZMP über viele Jahre hinweg erfolgreich aufgebaut. Damit steht sie international neben der für Marktinformation zuständigen Abteilung des US- Landwirtschaftsministeriums (USDA) auf gleicher Stufe und ist in vielen Bereichen sogar aktueller.


Gerade heute, wo sich der Staat aus dem Markt zurückzieht und die Schwankungen größer werden wäre fatal, wenn ausgerechnet dieses System, das sich aus einem erfahrenen Mitarbeiterstab in der ZMP, ihrem Netzwerk und ihrer national und international anerkannten Reputation besteht, zusammenbrechen würde.


(Auszug aus der Stellungnahme von Dr. Holger D. Thiele ife Informations- und Forschungszentrum für Ernährungswirtschaft, Kiel)

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