Karsten Schmal warnt vor den Folgen der militärischen Auseinandersetzung in der Ukraine. Das Land werde als wichtiger Exporteur von Weizen, Mais und Ölsaaten ausfallen. Damit seien Engpässe in der Versorgung mit Lebensmitteln und Futtermitteln vorprogrammiert, so der Präsident des Hessischen Bauernverbandes am Mittwoch.
„Wir müssen die Versorgungssicherheit hierzulande viel stärker als bisher in den Blick nehmen. Angesichts drohender Engpässe verbietet es sich, wie in der künftigen Agrarpolitik vorgesehen, auf Extensivierung zu setzen“, betont Schmal und fordert ein Umdenken in der europäischen und nationalen Agrarpolitik. Am Montag hatte dies bereits schon DBV-Präsident Joachim Rukwied gefordert.
Abhängigkeiten erschreckend vor Augen geführt
Die jetzige Situation habe die Risiken großer Abhängigkeiten von internationalen Lieferketten auf erschreckende Art und Weise zum Ausdruck gebracht. Liefer- und Logistikketten sollten nun schnell in eine andere Richtung gedacht werden, um nicht auch noch bei der Nahrungsmittelversorgung abhängig zu werden. Die Unterbrechung von Ölsaaten- und Getreideexporten aus dem Kriegsgebiet und das hohe Risiko eines Lieferstopps von Düngemitteln aus Russland werde die Märkte zusätzlich massiv verunsichern.
„Nach der 180-Grad-Wende in der Außen- und Sicherheitspolitik liegt es nahe, auch die Ausrichtung der Agrarpolitik auf den Prüfstand zu stellen. Bei den umfangreichen Extensivierungs- und Produktionsminderungsambitionen des „Green Deal“ samt der dazugehörigen „Farm-to-Fork“-Strategie scheinen Worst-Case-Szenarien nicht miteinkalkuliert worden zu sein“, so Schmal.
Die Frage, ob die in vielen Teilen gar noch deutlich über EU-Recht hinausgehende deutsche Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2023 vor diesem Hintergrund noch tragbar ist, müsse gestattet sein. So sei etwa die pauschale Stilllegung von vier Prozent der deutschen Ackerfläche in Bezug auf die Ernährungssicherung kontraproduktiv. „Hier geht es nicht nur um eine Schwächung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, viel mehr wird deutlich, wie gefährlich unnötige Beschränkungen der eigenen Landwirtschaft und Einschnitte in der Nahrungsmittelproduktion im Ernstfall sein können“, hebt Schmal hervor.
Özdemir warnt davor Agrarpolitik zurückzudrehen
Unterdessen stellte Bundesagrarminister Cem Özdemir am Mittwoch klar: "Russland ist für 10 %, die Ukraine für 4 % der weltweiten Weizenexporte verantwortlich. Hauptimporteure sind vor allem die Länder Nordafrikas, die Türkei, sowie asiatische Länder. Die EU und Deutschland haben hierbei einen Selbstversorgungsgrad von über 100 %. Die Versorgung innerhalb der EU ist daher nicht gefährdet. Trotzdem halten wir die Auswirkungen auf die Agrarmärkte genau im Blick. Weltweit ist nicht zuletzt wegen der stark gestiegenen Energiekosten mit Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen und bei Düngemitteln zu rechnen."
Und weiter sagte er: "Wer aber in dieser Situation fordert, erste Schritte der Europäischen Agrarpolitik hin zur Förderung einer klima- und umweltschonenden Landwirtschaft zurückzudrehen, dem will ich ganz deutlich machen, dass er hier auf dem Holzweg ist. Um das Recht auf Nahrung nachhaltig weltweit zu sichern, müssen wir die ökologischen Krisen entschieden bekämpfen.“