"Wir Bauernfamilien legen uns Tag für Tag ins Zeug, damit Lebensmittel in bester Qualität und zu günstigen Preisen zur Verfügung stehen. Leider wird diese Leistung viel zu wenig honoriert." Das sagte Hessens Bauernpräsident Karsten Schmalin seinem Gruß zum Jahreswechsel.
Wie der Situationsbericht des DBV belege, habe sich die wirtschaftliche Lage der deutschen Landwirtschaft wegen stark gesunkener Erzeugerpreise drastisch verschlechtert. Fast alle Betriebszweige seien betroffen, ganz besonders Ferkelerzeuger, Schweinemäster und Milcherzeuger, aber auch im Ackerbau seien die Unternehmensergebnisse deutlich gesunken, über alle Betriebszweige hinweg in Hessen um rund ein Drittel, so Schmal.
Der Abstand zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen ist laut dem HBV-Präsidenten bei vielen Produkten wesentlich größer geworden. Lebensmitteleinzelhandel und Ernährungsindustrie könnten zu Niedrigstpreisen einkaufen. "Die Leittragenden sind wir Bauern. Die marktbeherrschende Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel führt eindeutig zu Wertschöpfungsverlusten in der Landwirtschaft. Die Kartellbehörde ist gefordert, diese Schieflage zu beseitigen", forderte er.
Marktmacht des Handels entgegentreten
Weitere Ansatzpunkte sind politische Initiativen zur Aufhebung des Russlandembargos und Maßnahmen zur Exportförderung. Aber auch die heimischen Molkereien sollten nach Ansicht Schmals alles daransetzen, der Marktmacht des Handels durch eine entsprechende Angebotsbündelung entgegenzutreten und durch Produktinnovationen neue Märkte zu erschließen.
Dankbar zeigte sich der Bauernvertreter dagegen für die Liquiditätshilfen der EU und die Erhöhung des Bundeszuschusses zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Dadurch könnten die Erlöseinbußen etwas abgemildert, aber bei Weitem nicht ausgeglichen werden.
Neben der sehr angespannten wirtschaftlichen Situation und der fehlenden Wertschätzung bäuerlichen Arbeit belastet die Bauernfamilien die anhaltende Kritik an der modernen Tierhaltung sowie dem Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln. "Diese wichtigen Produktionsmittel, die Qualitäten und Erträge sichern, wurden früher als Segen der Menschheit anerkannt, heutzutage werden sie oftmals zu unrecht verteufelt", bedauert der Landwirt.
Bereit, neue Wege zu gehen
Schmal stellte klar, dass die Bauern bereit seien, neue Wege zu gehen, und sich an den Wünschen der Verbraucher zu orientieren. Voraussetzung: Sie sind gerechtfertigt und umsetzbar. Als ein gutes Beispiel dafür wertet er die Initiative Tierwohl. Alle Beteiligten der Wertschöpfungskette müssen ihren Beitrag dazu leisten. Allerdings komme der Lebensmitteleinzelhandel seinen angekündigten Verpflichtungen aktuell nicht nach. "So kann das Angebot nicht weiter ausgedehnt werden, obwohl viele landwirtschaftliche Betriebe auf der Warteliste stehen und bereit sind, noch mehr für das Tierwohl zu tun. In diesem Zusammenhang muss allen klar sein, dass höhere Produktionskosten, oft verursacht durch überzogene politische Vorgaben, entsprechend höhere Erzeuger- und Verbraucherpreise nach sich ziehen", sagte Schmal.
"Wenn unsere Bauern auf den Kosten sitzen bleiben, dann können sie mit der internationalen Konkurrenz nicht mehr mithalten und bleiben auf der Strecke. Unsere hohen Verbraucher- und Tierschutzstandards werden dann von Importprodukten unterlaufen. Daran kann kein Verbraucher ein Interesse haben."
Politik, Verarbeitungsunternehmen und der Handel, aber vor allem die Landwirte müssten immer wieder auf diese Zusammenhänge hinweisen. "Wir Bauern sind Experten in Fragen der Tierhaltung und des Pflanzenbaus. Mit unseren Familien sind wir die besten Botschafter in eigener Sache, natürlich mit Unterstützung des landwirtschaftlichen Berufsstandes. Eine gute Gelegenheit dazu bietet die alle zwei Jahre bundesweit stattfindende Aktion „Tag des offenen Hofes“, zu der Bauernverband, Landfrauen und Landjugend 2016 erneut gemeinsam aufrufen."
Abschließend bat Schmal die Bauern, sich bei den kommenden Kommunalwahlen in Hessen in den Kommunalparlamenten zu engagieren. "Dort fallen wichtige, die Landwirtschaft betreffende Entscheidungen, wie zum Beispiel die Genehmigung landwirtschaftlicher Bauvorhaben, die Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten, die Festsetzung kommunaler Abgaben, die Instandhaltung von Wirtschaftswegen und vieles andere mehr. Hier gilt es, landwirtschaftlichen Sachverstand in die Debatten einzubringen."