Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist fest entschlossen, die Getreideexporte über das Schwarze Meer auch nach der Aufkündigung des „Getreidedeals“ durch Russland fortzusetzen. Selenskyj wies gestern darauf hin, dass die Ukraine im Juli ein dreiseitiges Abkommen mit den Vereinten Nationen (UN) und der Türkei vereinbart habe. Wenn Moskau seinerseits das Spiegelabkommen mit den UN und Ankara beende, werde der Dreiseiten-Vertrag mit der Ukraine davon nicht direkt tangiert, so der Präsident. Kiew werde jedenfalls weitermachen und seine vertraglichen Verpflichtungen weiter erfüllen.
Andere ukrainische Politiker gehen sogar noch weiter. Der Parlamentspolitiker Dmytry Solomchuk warnte die Weltgemeinschaft, auf die „russische Nahrungsmittelerpressung“ einzugehen. Die Ernährungssicherheit von hunderten Millionen Menschen hänge davon ab, dass die Transporte über das Schwarze Meer weitergingen. Dafür müsse die Sicherheit auf der Transitroute gewährleistet werden, betonte Solomchuk. Sollten andere Länder nicht dafür sorgen wollen, werde es die Ukraine selbst tun. Dafür brauche das von Russland angegriffene Land jedoch weitere Waffenlieferungen, sagte der Politiker, der dem Agrarausschuss des ukrainischen Parlaments angehört.
Löwenanteil der Exporte gingen über die Häfen
Tatsächlich ist momentan noch völlig unklar, wie sich die Lage nach Mitte November entwickelt, wenn das bestehende Abkommen zwischen Russland, der UN und der Türkei ausläuft. Die Blockade der bisherigen Häfen durch Moskau ist bisher noch nicht vollständig. Gestern hatten etliche Frachtschiffe das Hafengebiet unbehelligt verlassen, weitere waren eingelaufen.
Im bisherigen Getreidewirtschaftsjahr 2022/23 - ,also zwischen Anfang Juli und Ende Oktober - hat die Ukraine nach Angaben des Kiewer Landwirtschaftsministeriums bereits 12,9 Mio t Getreide und Leguminosen exportiert. Das waren rund zwei Drittel des Exportvolumens im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Mehr als 9,0 Mio t dieser Agrargüter sind über den Getreidekorridor im Schwarzen Meer verschifft worden.