Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments (Agri) fordert, die Patentierbarkeit von Nutzpflanzen und Saatgut grundlegend zu überdenken. Zu Beginn dieser Woche am Montag steht ein für die europäische Landwirtschaft gravierendes Thema auf der Straßburger Agenda im EU-Parlament.
Drohen europäische Nutzpflanzen und Saatgut durch eine Erlaubnis von Patenten zugunsten von Pflanzenzüchtungs-Multis ernsthaften Schaden zu nehmen?
Es ist der Kampf mittelständischer Saatgutunternehmen gegen die großen global player der Branche. Die Sicherung von Artenvielfalt und gentechnikfreier Sorten in der EU steht auf dem Spiel.
Der Agrarausschuss des EU-Parlaments fordert die EU-Kommission auf, dem Europäischen Patentamt einen Riegel für den Ausverkauf von Pflanzenzüchtungspatenten vorzuschieben.
Brokkoli und Tomaten-Patente führten zu massiven Protesten
2015 entschied die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA), dass Erzeugnisse, die durch im Wesentlichen biologische Verfahren gewonnen werden – beispielsweise Pflanzen, Saatgut, arteigene Merkmale und Gene –, patentierbar sind bzw. patentiert werden können. Auf der Grundlage dieser Entscheidung wurden tatsächlich eine Brokkoli- und eine Tomatensorte patentiert (Rechtssachen G2/12 (Tomaten) und G2/13 (Brokkoli).
Naturschützer aber auch mittelständische Saatguthersteller sehen Biodiversität und bisherige Geschäftsmodelle bedroht. Die EPA-Beschwerdekammer lehnte im Dezember 2018 Einwände gegen die erfolgte Patentierungspraxis ab und bestätigte, dass Patente auf Pflanzen sehr wohl erteilt werden könnten.
Patente dürfen nicht hindernisfreien Zugang zu Pflanzen und Saatgut erschweren
Nach einer Anhörung im Agri-Ausschuss im August hat der CDU-Europaabgeordnete Norbert Lins im Auftrag des Ausschusses in der vergangenen Woche eine Anfrage an die EU-Kommission über die Patentierbarkeit von Pflanzen und Saatgut eingereicht. Darin betont der Agri-Ausschussvorsitzende, dass „ein hindernisfreier Zugang zu Pflanzenmaterial von wesentlicher Bedeutung für die Innovationsfähigkeit des Pflanzenzuchtsektors und der Landwirte in Europa sowie für die genetische Vielfalt der Kulturpflanzen in Europa und die Gesundheit der Unionsbürger“ ist.
So fordern die EP-Agrar-Abgeordneten die EU-Kommission auf, der Großen Beschwerdekammer des EPA eine schriftliche Erklärung zu übermitteln, um die Innovationsfähigkeit des europäischen Pflanzenzuchtsektors und das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen.
Ferner wollen die Abgeordneten wissen. welche Maßnahmen die EU-Kommission ergreifen will, um sicherzustellen, „dass Erzeugnisse, die durch natürliche Prozesse gewonnen werden, nicht patentierbar sind“?
Bis zum 1.Oktober 2019 sind Dritte noch berechtigt, schriftliche Erklärungen zu diesem Thema an die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes in München zu übermitteln.