Die Tierhaltungsvorschriften sind zwar strenger geworden, werden nach Ansicht von Prof. Achim Spiller von der Universität Göttingen aber kaum überwacht. Die Länder und die Fleischverarbeiter würden die Kosten für die Kontrollen scheuen, so der Wissenschaftler in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
„Es gibt große Schwächen im Kontrollverfahren. Die Prüfer sind schlecht ausgebildet, unkritisch und haben einen Laissez-faire-Stil und Verständnis für Regelbrecher“, so Spiller. Das verbreitete Checklisten-Denken ist seiner Ansicht nach nicht geeignet, Betrüger herauszufinden, die mit krimineller Energie arbeiten, etwa indem sie unerlaubte Medikamente einsetzen.
Als Mitglied des wissenschaftlichen Beirates hat er laut der FAZ herausgefunden, dass jeder deutsche Landwirt im Durchschnitt nur einmal in seinem Leben Besuch vom Amtstierarzt erhält. Von den intensiver begutachteten größeren Betrieben würden im Jahr nur 4 bis 10 % kontrolliert – angekündigt. „Wer weiß, dass am nächsten Tag der Kontrolleur vorbeikommt, wird seine Unterlagen in Ordnung bringen. Nicht zulässige Antibiotika verschwinden“, erklärt Spiller weiter. Da lasse sich in einer Nachtschicht einiges nachtragen.
Kritik äußert der Wissenschaftler auch an der QS GmbH. Diese spreche von unangekündigten Kontrollen, rufe aber mindestens 24 Stunden vorher beim Bauern an. Spiller hält das für problematisch und unwirksam: „Es braucht eine Task-Force, die wie die Kriminalpolizei verdeckt agiert. Immerhin, so der Professor weiter, gebe es beim Tierwohl-Label des Tierschutzbundes echte unangekündigte Prüfungen.
Kommentar Thomas Wengenroth
Thomas Wengenroth von www.stallbesuch.de zeigt sich über diese Aussagen erschüttert: " Da fragt man sich woher diese Art Insider-Wissen stammt? Sind Unterlagen massenhaft „nicht in Ordnung“? Wird Medikamentengabe für gewöhnlich nicht dokumentiert? Und wer verabreicht unzulässige Medikamente?"
Zudem fragt Wengenroth, welche empirische Grundlage es für die Einschätzung gibt, dass die Prüfer Missstände ignorieren und Verständnis für Regelbrecher hätten.
Ein weiterer Vorwurf Spillers lautet: „In den Kontrollsystemen der Lebensmittelwirtschaft haben die Zertifizierer häufig eine landwirtschaftliche oder lebensmittelbezogene Ausbildung, zum Teil sind es Uni-Absolventen.“
Spontan dränge sich hier die Frage auf, ob ein Agrar-Ökonom wohl besser geeignet wäre, als ein ausgebildeter Landwirt?, so Wengenroth.
Auch der Blick in die Veröffentlichungsliste der Ko-Autorin des FAZ-Artikels, Theresa Bernhardt, lässt ihn zweifeln, ob sie in der Sache kompetent ist.