Die Stiftung Warentest hat 50 Lebensmitteltests mit Bio- und konventionellen Lebensmitteln miteinander verglichen. Das Ergebnis: Bei der Qualität sowie in Aussehen, Geruch und Geschmack liefern sich Bio- und herkömmliche Kost ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Bioobst und Biogemüse seien lediglich seltener mit Pflanzenschutzmitteln belastet, außerdem engagierten sich Bioanbieter meist stark für Tierschutz.
Insgesamt ist die Qualität sowohl von Bio- als auch von konventionellen Lebensmitteln gestiegen. Die getesteten Produkte bekamen in beiden Gruppen häufiger „gute“ und „befriedigende“ Gesamturteile und weniger „ausreichende“ und „mangelhafte“. Bio ist aber nicht automatisch besser, schmackhafter oder gesünder als herkömmliche Lebensmittel, stellt die Stiftung klar. Das zeige der Vergleich von 1020 herkömmlichen Lebensmitteln mit 217 Bioprodukten.
Was die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln anbelangt, ist Bioware mit Abstand am saubersten. Sie ist jedoch nicht vor Schadstoffen gefeit. Die Tester fanden sogar potenziell krebserregende Substanzen, zum Beispiel in schwarzem und grünem Tee und in Leinöl, beides aus dem Bioladen. Bio-Nudeln überschritten den Höchstgehalt für ein Schimmelpilzgift, in Bio-Sonnenblumenöl wiesen die Tester kritische Mineralöle nach.
Im Geschmack steht es unentschieden. Blinde Verkostungen zeigen, dass Bio nicht besser abschneidet als andere Ware. Bioanbieter arbeiten aber oft transparent und kennen ihre Lieferanten gut. Sie setzten sich mehr für das Tierwohl ein, obwohl auch im Biosektor industrielle Großbetriebe entstanden sind, z.B. für Legehennen. Doch insgesamt ist Biofleisch für Tierfreunde die bessere Wahl. Die aufwendige Tierhaltung nach Ökokriterien hat aber ihren Preis. Auch bei anderen Produkten kostet Bioware meist mehr als herkömmlich produzierte.
Viele kaufen Bio beim Discounter
Vom urigen Müsliladen zur modernen Einkaufsoase – die Biobranche hat einen enormen Sprung gemacht und ihren Umsatz stetig gesteigert. Ihre Produkte sind mitten in der Gesellschaft angekommen, so die Stiftung Warentest weiter. So machen heute nicht Naturkostfachgeschäfte den größten Umsatz mit Bio, sondern der klassische Lebensmitteleinzelhandel inklusive der Drogerien. Allein Discounter wie Aldi und Lidl verkaufen jedes fünfte Bioprodukt. Der Anteil von Bio am gesamten Lebensmittelmarkt liegt aber seit Jahren bei etwa 4 %. Grund: Der konventionelle Markt wächst ebenfalls.
Ist Ökolandbau mit Wachstum vereinbar?
Nicht jeder ist von der neuen Biowelt begeistert. Die Entwicklung zum Massenmarkt kratzt an den Festen der Branche. Ist das Angebot noch mit Prinzipien des Ökolandbaus vereinbar? Gehören aus der Ferne importierte Früchte und fertige Tiefkühlgerichte überhaupt in Bioläden? Aus Sicht der Dennree GmbH, die rund 190 Denn’s Biomärkte in Deutschland beliefert, schon. Für sie ist Wachstum und Ökolandbau kein Widerspruch. „Wenn die Nachfrage nach Biolebensmitteln steigt, steigt auch die Motivation der Landwirte, auf Pestizide und andere Chemikalien zu verzichten“, sagt Unternehmenssprecherin Antje Müller. Dadurch könne die ökologisch bewirtschaftete Fläche wachsen.
Oft wird Bioware importiert
So einfach ist das nicht. In Deutschland werden rund 7 % der Fläche von Ökobauern betrieben. Die Umstellung von konventionell auf Öko dauert Jahre. Um die Nachfrage zu sättigen, wird Bioware importiert. Milchprodukte und Schweinefleisch kommen oft aus Österreich oder Dänemark, Äpfel und Tiefkühl-Erdbeeren auch mal aus Argentinien oder China. Je länger der Weg, umso negativer die Ökobilanz. Auch garantieren Biosiegel nicht, dass Erntehelfer in der Ferne gut entlohnt werden.
Suche nach neuen Lieferanten
Biohersteller Rapunzel hält weiteres Wachstum für möglich, sieht sich aber mit in der Pflicht. Die Firma profitiert vom Boom der veganen Produkte. Um die Qualität ihrer Ware zu sichern, investierte sie in neue Rohstofflieferanten und Produktionstechnik. „Man muss selbst etwas tun, um Bio auch morgen anbieten zu können“, sagt Heike Kirsten, bei Rapunzel verantwortlich fürs Marketing. „Wir stellen zum Beispiel in der Türkei Bauern auf Bio-Anbau um und unterstützen sie mit Prämien. Und wir entwickeln Bio-Saatgut mit."
Basis-Bio und Premium-Bio
Welche Kriterien soll ein Biolebensmittel erfüllen? Da es verschiedene Standards gibt, kann das jeder Käufer mitentscheiden. Reicht ihm der Mindeststandard der EU oder legt er Wert auf die strengeren Vorgaben der Anbauverbände ( Diese Biosiegel gibt es)? Die Standards unterscheiden sich unter anderem danach, wie viele Zusatzstoffe oder wie viele Tiere pro Stall sie erlauben oder wie viel Futter ein Biobauer selbst erzeugen muss. Wer Regionales bevorzugt, kann etwa zu Bioland-Ware greifen, wem die anthroposophische Philosophie naheliegt, zu Demeter-Produkten.
Mindeststandard wird neu verhandelt
Die EU-Kommission überarbeitet derzeit die Kriterien für das EU-Biosiegel. Basis ist die EU-Ökoverordnung. Einer der Streitpunkte in Brüssel: Soll für Bioware ein eigener Pestizidgrenzwert eingeführt werden? Nach den Plänen wäre ein Produkt nicht mehr Bio, wenn es pro Kilogramm mehr als 0,01 Milligramm eines für Bio nicht zugelassenen Stoffs enthält – bisher war das ein Orientierungswert und freiwillig. Die Branche wehrt sich heftig: „Biobauern sollen für den Pestizideinsatz ihrer konventionellen Nachbarn haften. Das ist inakzeptabel“, sagt Joyce Moewius vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Die Entscheidung darüber wird wohl auf 2020 vertagt.