Ein Kommentar von Prof. Dr. Klemens Skibicki von der Cologne Business School in Köln:
"Die Digitalisierung wird die Rahmenbedingungen für Produktion und Verkauf landwirtschaftlicher Produkte fundamental verändern. In der analogen Welt waren Wertschöpfungsketten mit hintereinander ablaufenden Prozessen und klaren Hierarchien der Normalfall. Dies wurde flankiert durch eine einseitige Push-Kommunikation vom Unternehmen zum Verbraucher.
In der digitalen Welt gibt es diese eindeutigen Strukturen nicht mehr. Die Prozesse laufen zwischen den Stufen in alle Richtungen und ohne Zwischenstationen direkter, schneller und transparenter ab – und das zu gigantisch niedrigen Kosten! Das hat gravierende Folgen: In der Produktion wird das zu autonom ablaufenden Prozessen führen. Dadurch werden Arbeitsgänge beschleunigt, vereinfacht und oft auch menschliche Arbeit ersetzt.
In der Kommunikation hebt das mobile Internet die Trennung zwischen online und offline, zwischen verschiedenen Kanälen oder Orten auf. Über sein Smartphone ist jeder jederzeit online und vernetzt.
Schon heute kommunizieren Menschen über Soziale Netzwerke wie Facebook, Linkedin oder WhatsApp mit anderen Menschen, die sie sich selbst ausgesucht haben, ohne auf Ort, Raum und Personenzahl Rücksicht nehmen zu müssen. Dabei kann es um belanglosen Smalltalk gehen, aber auch um Aufregerthemen wie den Umwelt- und Tierschutz in der Landwirtschaft und deren Auswirkungen auf die Produktqualität.
Menschen haben über Social Media immer und überall Zugriff auf die Inhalte und Meinungen der Menschen, die für sie persönlich wichtiger sind als die klassischen Kommunikationskanäle der Medien und Unternehmen.
Das ist eine Riesenchance für den Agrarsektor, denn die Themen Ernährung und Lebensmittel gehören zu den meist besprochenen im Social Web. Landwirtschaftliche Unternehmen könnten sich jetzt direkt positionieren, ohne vom Handel oder Medien abhängig zu sein. Sie müssen es sogar.
Die Webkommunikation läuft im Prinzip wie ein Gespräch mit Kunden auf dem Wochenmarkt. Der Unterschied ist, dass dieses sich jetzt nicht mehr auf die paar Menschen vor Ort beschränkt. So kann auch online „Nähe zum Landwirt meines Vertrauens“ aufgebaut werden – vorausgesetzt, es gibt interessante Inhalte.
Die Landwirte sollten dies erkennen und das „Neuland“ erobern, bevor andere das tun. Machen Sie die Digitalisierung zu Ihrem Thema!"
top agrar-Rubrik "Der Blick von außen"
Dieser Text stammt aus der Rubrik "Der Blick von außen", die jeden Monat in der top agrar-Heftausgabe erscheint. Der Streitpunkt zeigt, wie die Landwirtschaft von außen gesehen wird und ist nicht die Meinung der Redaktion. Wie stehen Sie dazu? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar unten.
Zum Streitpunkt aus der top agrar 9/2016:
"Wechseln Sie mal die Perspektive!" (25.8.2016)