Das Thema Landwirtschaft ist bei Kinderbüchern nach wie vor extrem beliebt. Das Problem: Die meisten Bücher vermitteln ein heimeliges Bild vom Leben auf dem Lande, von kleinbäuerlicher Landwirtschaft wie vor 50 Jahren. Wie Spiegel Online dazu anmerkt, geraten Eltern bei Nachfragen der Kinder zu Themen wie Fleischkonsum, Massentierhaltung, Schlachtung, Legebatterie oder Kükenschreddern allerdings häufig in Erklärungsnot.
Heutige Landwirtschaft sei eben kein Abenteuerspielplatz wie bei Pettersson, Mama Muh, Bullerbü oder Michel aus Lönneberga. Auch beliebte Fernsehserien wie "Kleiner roter Traktor" oder "Shaun das Schaf" würden nicht das heutige Bild widerspiegeln. Mit dieser Schere aus Bild und Wirklichkeit haben sich Wissenschaftler der Uni Göttingen und der Berliner Humboldt-Uni beschäftigt. Die wichtigsten Gründe für die Beliebtheit fasst der Spiegel sinngemäß so zusammen:
- Kinder interessieren sich für alles, was sich aus eigener Kraft bewegt. Auf dem Hof sind es Tiere und Landmaschinen. Das vereint technisches Interesse und Kuscheltiere.
- Die Geschichten eignen sich zum Vorlesen, Geräte und Tiere machen Geräusche, man spricht vom "performativen Charakter".
- Es gibt viele Anknüpfungspunkte an den Alltag. Etwa, wenn es darum geht, woher unser Essen kommt.
- Die Tiere des Hofes sind gute Identifikationsfiguren.
Und: Menschen und Tiere haben auf dem Hof ihren festen Platz. Die Bücher transportieren Ordnungsvorstellungen, d.h. wenn beispielsweise Tiere ausbrechen oder etwas verwüsten handelt die Geschichte davon, wie am Ende alles wieder in Ordnung ist.
Spiegel Online merkt in diesem Zusammenhang an, dass Kinderbücher allerdings auch idealisiert sein dürften, weil man einem Dreijährigen vielleicht auch noch nicht die unschönen Seiten moderner Landwirtschaft vor Augen führen müsse (der Spiegel drückt sich da etwas ideologischer aus).
Realistischer sind laut dem Magazin da schon Kindersachbücher wie "Alles über den Bauernhof" aus der "Wieso-Weshalb-Warum"-Reihe von Ravensburger, von Landwirten für seinen Realismus gelobt. Hier werden auch Melkroboter und Großanlagen gezeigt und die Unterschiede zwischen herkömmlichen und Biobauernhöfen erklärt.
Kritischer im Ton seien dagegen Bücher wie "Karl Klops, der coole Kuhheld" oder "Schweinchen Schlau". Diese Titel - von 2012 und 2016 - erzählen Bauernhof-Geschichten aus der Perspektive des Veganismus. Abschreckende Szenen beim Schlachter gibt es auch hier nicht, es fänden sich wohl kaum Eltern, die das Vorlesen damit belasten wollen.
In "Karl Klops" kann ein Junge mit den Tieren sprechen und erfährt so, wie es ihnen wirklich geht. In "Schweinchen Hugo reißt aus" wird der Stall als Gefängnis geschildert, in "Schweinchen Schlau" will ein Ferkel verhindern, dass der Bauer seinen Papa zum Schlachtfest abholt. Meist geht es dabei um die Verlustängste der Tiere.
So hätten Eltern heute noch mehr Auswahl, mit welchen Büchern sie ihren Kindern vom Bauernhof erzählen wollen - passend zum eigenen Konsumverhalten.