Für eine moderne und nachhaltige Landwirtschaft jenseits von nostalgischen Wunschvorstellungen hat sich der ehemalige Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, Philip Frhr. von dem Bussche, gerade mit Blick auf die häufige Ablehnung heutiger Produktionsverfahren durch Verbraucher und Gesellschaft ausgesprochen.
„Nachhaltige Landwirtschaft ist nicht nur ein Umsetzungsauftrag, sondern in hohem Maße auch ein Interpretationsproblem“, erklärte von dem Bussche vergangene Woche anlässlich der DLG-Mitgliederversammlung in Berlin. Häufig höre man heute die Kritik, die Landwirtschaft verschwende in hohem Maße die Ressourcen des Planeten. In seiner fast 40-jährigen Berufserfahrung habe er jedoch andere Eindrücke gewonnen: Habe er auf seinem Betrieb in den siebziger Jahren in der Zuckerrübenerzeugung für einen Ertrag von 7 t Zucker noch rund 200 Kilogramm Stickstoff pro Hektar aufwenden müssen, seien 2010 mit nur 100 kg Stickstoff rund 14 t Zucker pro Hektar produziert worden.
Die Effizienz der Primärressource Stickstoff habe sich damit in diesem Zeitraum um das Vierfache verbessert. In der gleichen Zeit sei der Dieselverbrauch pro Hektar um den Faktor 2,5 gesunken. Diesen „Triumph“ für die Nachhaltigkeit höre niemand, weil die Branche es nicht laut genug vermittle, kritisierte der Praktiker.
Satt sein und „Satt haben“
„Unter dem Begriff Nachhaltigkeit wird oft eine nostalgische Rückbesinnung auf vermeintlich ‚natürliche’ und traditionelle Wirtschaftsweisen eingefordert“, stellte von dem Bussche fest. Die jährliche Kampagne zur Internationalen Grünen Woche (IGW) „Wir haben es satt!“ nutze geschickt die Nostalgie, die Städter befalle, wenn sie Landleben und Landwirtschaft vor Augen hätten. Da der ländliche Raum und das Essen in hohem Maße mit Emotionen zu tun habe, finde sich hier die ideale Projektionsfläche für den gestressten, medial „überfütterten“ modernen Menschen.
Die Empörung unter dem genannten Motto sei allerdings nur möglich durch die Voraussetzung, „satt zu sein“. Andererseits werbe beispielsweise ein großes internationales Unternehmen in seinem Nachhaltigkeitsbericht mit der hocheffizienten und technisierten Bewirtschaftung seines 200 000 ha-Betriebs in Südamerika, was unter einer bestimmten Perspektive ebenfalls Nachhaltigkeitskriterien entspreche.
„Offensichtlich geht es heute nicht nur um die Definition, sondern vor allem um die Auslegung von Nachhaltigkeit“, merkte von dem Bussche an. Der DLG-Gründer Max Eyth beschreibe nachhaltiges Wirtschaften als „Wissen und Können“, das man in gesellschaftlicher Verantwortung einzusetzen habe. Dies werde durch die moderne, effiziente Landwirtschaft gewährleistet.