Der Neustart des staatlichen Lebensmittelsiegels "Geprüfte Qualität aus Thüringen" verläuft zäh. Die Gesamtzahl an Siegel-Produkten ist mit der Umstellung der Prüfkriterien um drei Viertel gesunken. Bislang seien lediglich Urprodukte wie Obst, Gemüse, Honig, Kartoffeln, Fleisch und Zierpflanzen zertifiziert worden, sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums MDR THÜRINGEN.
Verarbeitete Lebensmittel wie Wurst, Bier, Fertiggerichte, Eiscreme oder Kuchen sind demnach nicht vertreten. Damit tragen solche Produkte das Regionalsiegel bislang nicht, bei denen Verbraucher die Herkunft aufgrund der vielen Zutaten ohnehin kaum ermitteln können.
Hintergrund ist die Verschärfung der Siegelkriterien nach 25 Jahren. Seit Juli müssen mindestens 90 Prozent der Zutaten aus Thüringen stammen. Aktuell dürfen dem Ministerium zufolge 68 Grunderzeugnisse von 34 Unternehmen mit dem strengeren Qualitätszeichen werben. 22 weitere Hersteller hätten das Siegel beantragt.
Darüber hinaus nutzten aktuell ein Wursthersteller und ein Backbetrieb mit drei Produkten das alternative Qualitätszeichen "Geprüfte Qualität - Hergestellt in Thüringen". Hierbei müssen nur 50,1 Prozent der Zutaten aus Thüringen stammen. Dieses zweite, "weichere" Siegel nach den früheren Kriterien will das Land bis Ende 2021 parallel vergeben.
Damit hat das staatliche Thüringer Lebenssiegel zum Neustart drastisch an Präsenz im Lebensmittelhandel verloren. Ende 2017 warben noch 114 Betriebe auf den Verpackungen von 287 Produkten mit dem Thüringer Qualitätszeichen. Zehn Jahre zuvor waren es 145 Betriebe mit 462 Produkten. Dabei können Hersteller es aktuell sogar für mehr Produktklassen als zuvor beantragen – beispielsweise für Wildfleisch und Ziegenmilch.
Thomas Bienert vom Landwirtschaftsministerium sagte MDR THÜRINGEN, die Anzahl der Hersteller sei gegenwärtig kein Indikator für Erfolg oder Misserfolg. Das Qualitätszeichen sei ein Angebot der Politik an die Wirtschaft. Dem könnten die Verbraucher vertrauen und es unterstütze den Trend zur Regionalität. Dies zu verdeutlichen sei ein langfristiger Prozess, so der Ministeriumssprecher. In konstruktiven Gesprächen hätten außerdem zahlreiche Hersteller deutlich gemacht, mittelfristig mehr regionale Rohstoffe verwenden zu wollen.
Vertreter der Ernährungsbranche hatten sich zur Verschärfung des Lebensmittelsiegels im Vorfeld skeptisch geäußert. Sie befürchteten sinkende Präsenz im Handel und damit Bedeutungsverlust des staatlichen Qualitätszeichens. Außerdem kritisierten sie die 90-Prozent-Vorgabe, weil viele Zutaten für verarbeitete Lebensmittel nicht oder nicht in ausreichender Menge und Qualität in Thüringen verfügbar seien. Gleichzeitig forderten mehrere Unternehmer für einen Erfolg des Siegels umfangreiche Werbung für das erneuerte Qualitätszeichen. Das staatliche Thüringer Qualitätssiegel gibt es seit rund 25 Jahren und es soll die Vermarktung von Thüringer Produkten unterstützen.