DBV-Präsident Gerd Sonnleitner hat heute einen "Offenen Brief" an Bundesministerin Ilse Aigner geschrieben. Darin drückt er seine Sorge aus, ob bei der geplanten "Charta Landwirtschaft und Verbraucher" tatsächlich eine realistische Debatte geführt wird.
Wörtlich heißt es: "Diese Sorge entspringt der Erfahrung der vergangenen Monate, zuletzt im Zusammenhang mit dem Dioxinfall. Hier hat sich ein Zeitgeist mit Begrifflichkeiten und Wahrnehmungen entwickelt ("industrialisierte Landwirtschaft"), der unterstellt, die Bauern würden ihre Werte und ihre Verantwortung über Bord werfen. Nichts davon ist richtig. Die deutsche Landwirtschaft wird auch künftig auf eine Verankerung in der Gesellschaft großen Wert legen. (..) Wenn im Charta-Prozess der Dialog mit allen gesucht wird, dürfen die Fakten und Marktrealitäten nicht ausgeblendet werden.
Wir Landwirte fühlen uns der Nachhaltigkeit besonders verpflichtet und suchen in der täglichen Arbeit und in unseren Investitionsentscheidungen den Ausgleich zwischen Ökonomie, Ökologie und sozialer Verantwortung. Nur solche Betriebe haben auf Dauer Zukunft. Eine einseitige Betrachtung von Umweltzielen wie von kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolgszahlen ist nicht nachhaltig. Wir müssen als bäuerliche Unternehmer darauf bestehen, dass Forderungen nach mehr Umweltschutz und Tierschutz mit den Realitäten in offenen Märkten abgeglichen werden. Wer dies nicht akzeptiert, verdrängt die deutschen Bauern aus dem Markt."
40 Organisationen sollen über Landwirtschaft der Zukuft entscheiden
Hintergrund ist Aigners Einladung zu einer Diskussion, bei der es um die Rolle und die Aufgaben der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland gehen soll. Ähnlich wie bei Bayerns Zukunftskommission Landwirtschaft sollen über 40 Organisationen an vier Veranstaltungstagen zu den Themen Umwelt, Tierhaltung, Ernährungssicherung und Lebensmittel Stellung nehmen.
Sonnleitner sicherte Aigner zu, dass sich der Berufsstand aktiv in diese Debatte einbringen werde, da man überzeugt sei, dass die Landwirtschaft eine Zukunftsbranche mit hohem gesellschaftlichem Mehrwert sei. Es sei "gesellschaftlich aber nicht tolerabel, wenn gegen eine moderne, arbeitsteilige und effiziente Landwirtschaft, die auf naturwissenschaftlicher Grundlage arbeitet, agiert wird", schrieb Sonnleitner.