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Agrarexport - das böse Erwachen der US-Farmer

Lesezeit: 4 Minuten

F ür Farmer und Rancher in den USA ist der Agrarexport fast heilig. Sie glau-ben, wie die Ritter des Mittelalters bei ih-rer Suche nach dem heiligen Gral, nur dadurch werde ihnen ein langes und vor allem wohlhabendes Leben möglich. Doch die weltweiten Nahrungsmittel-märkte haben sich gewandelt, während die Amerikaner glaubten, ihre Export-chancen blieben gut. Neue Technolo-gien, neue Konkurrenten und veränder-te ökonomische Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass der Wert der US-Agrarexporte sank. Der so genann-te freie Handel führte zu einer Flut von Nahrungsmittelimporten in die USA. Müssen die amerikanischen Farmer jetzt umdenken? Einige tun es anschei-nend. Das zeigte sich zuletzt, als dem Agarausschuss des Repräsentantenhau-ses am 23. Mai die Freihandels-Agenda der Bush-Regierung vorgestellt wurde. Landwirtschaftsministerin Ann Vene-man betonte, wie lukrativ freier welt-weiter Handel für amerikanischen Far-mer sei. Doch die Ausschussmitglieder waren davon nicht so überzeugt. Die Zustimmung für den freien Handel hat abgenommen, hielt der Ausschussvor-sitzende Ministerin Veneman entgegen. Viele Farmer sind frustriert. Und das hat reale Gründe: 1996 ha-ben die USA noch Agrargüter für 60 Mrd. US-Dollar exportiert. 1999 fiel der Exportwert auf nur noch 49 Mrd. $, zu-letzt (2000) wurden 51 Mrd. $ erreicht. Besonders kritisch ist: Während die Ex-porteinnahmen krass zurückgingen, stie-gen die Ausfuhrmengen spürbar an: plus 22 % bei Schweinefleisch, plus 30 % bei Rindfleisch, Die Exporte von Weizen, Mais und Sojabohnen sind sogar noch stärker an-gestiegen. Doch das wurde teuer er-kauft, nämlich durch niedrige, teilweise auch durch extrem niedrige Preise. Bisher beruhigten sich viele Farmer mit dem Glauben, die billigen Extra-Tonnen und -Bushel würden ihre Markt-anteile am Weltmarkt sichern. Doch das ist falsch. Sie haben Boden verloren: Von 1976 bis 1985 kontrollierten die USA 69% des weltweiten Maismarktes, heute nur noch 61 %. Bei Sojaschrot betrug der US-Markt-anteil in den Jahren 1976 bis 1985 rund 66 %. Jetzt sind es nur noch 59 %, mit fal-lender Tendenz. Das Gleiche gilt für Weizen. Von 1976 bis 1985 bestimmten die USA 38 % des Weltmarktes, heute nur noch 24 %. Der Gesamtwert der US-Agrarausfuh-ren ist innerhalb von drei Jahren um 10 Mrd. $ gesunken, der der Einfuhren hin-gegen hat von 33 Mrd. $ in 1996 auf fast 40 Mrd. $ in 1999 zugenommen. Denn Amerika ist auf den Geschmack von Im-portnahrungsmitteln gekommen. Der Glaube der Farmer an freien Handel schwindet Auch wenn man folgende Steinchen zu einem Mosaik zusammenfügt wird klar, warum der Glaube der US-Farmer an den freien Handel schwindet. Bis Ende 2001 werden sie zwar 16 % mehr Sojabohnen nach Übersee verkaufen als 1999, aber das bringt ihnen keinen Penny zusätzlich. Sie werden den Maisexport um 3 % steigern, dafür jedoch insgesamt 9,5 % weniger er-zielen. Auf dem Rotfleisch-Sektor steht die Steigerung der Exporterlöse um etwa 1 Mrd. $ einem Importwachstum von 1,3 Mrd. $ gegenüber. Tatsache ist, dass sich die Agrar-Aussenhandelsbilanz der USA von 1996 bis 2001 um 44 % verschlechtert hat. Etli-che liberal denkenden Agrarverbände von denen es jedoch nur wenige gibt benutzen Zahlen wie diese, um Farmer gegen weitere Freihandelsabkommen einzustimmen. Nicht ohne Grund: Rund 85 % des Aussenhandelsdefizits der USA (278 Mrd. $ in 1999 und sogar 360 Mrd. $ in 2000) entfallen auf nur fünf Handels-partner: Japan, die EU, Kanada, Mexiko und China. Pro Tag geben die Amerika-ner für Waren (industrielle Güter, Roh-stoffe, Nahrungsmittel etc.) aus diesen Ländern 760 Mio. $ mehr aus als sie durch Gegengeschäfte einnehmen. Dass die USA beim Kampf um den Agrarweltmarkt Boden verloren haben, ist zum Teil hausgemacht. US-Unter-nehmen vermarkten weltweit neue Technologien, wie herbizidresistentes Getreide-, Soja- und Baumwollsaatgut. Das erweist sich als Bumerang. Denn da-durch können Landwirte in anderen Na-tionen Jahre der Forschung übersprin-gen und den Nordamerikanern fast von heute auf morgen ein hartes Kopf an Kopf-Rennen liefern. Hinzu kommt der starke US-Dollar, den die Bush-Regierung nach eigenem Bekunden verteidigen will. Jeder Wett-bewerbsvorteil durch niedrige Erzeu-gungskosten in den USA wird so am Weltmarkt zunichte gemacht. Ein Bei-spiel: Brasilianische Sojabohnen sind wegen des festen Dollars im Vergleich zur mehrfach abgewerteten brasiliani-schen Währung am Weltmarkt mittler-weile um 42 % billiger als US-amerika-nische. Wird jetzt ein Schlusstrich gezogen? Amerikas Farmer beginnen zu begrei-fen, dass sie falsch liegen, wenn sie noch mehr internationalen Freihandel for-dern. In der Theorie ist der unbegrenzte Marktzugang sicher ehrenwert. Viele landwirtschaftliche Verbandsfunktionä-re in den USA werden denn auch nicht müde, immer wieder seine Notwendig-keit zu betonen. Wenn man jedoch ge-nau hinhört, ändert sich das Bild: Mitt-lerweile reden viele amerikanische Far-mer über die Kosten und die Verluste durch den freien internationalen Agrar-handel, wenige über seinen Nutzen.

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