Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

Aus dem Heft

Beim Substratkauf langfristig denken!

Lesezeit: 6 Minuten

Biogas


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Günstige Rohstoffe sind das A und O bei der Biogas-Produktion. Wie Sie sich die aktuell niedrigen Preise für Silomais und Co. langfristig sichern können, zeigt Dr. Uwe Steffin, Berlin.


Hand aufs Herz: Planen Sie als Betreiber einer Biogasanlage den Rohstoffeinkauf langfristig, oder gehören Sie zu denen, die sich von Jahr zu Jahr hangeln? Die meisten Biogas-Erzeuger gehen frühestens zur Aussaat – meist aber erst im Sommer – auf „Maissuche“, und kurz vor der Ernte werden Kauf und Preis per Handschlag besiegelt. Längerfristige Lieferverträge scheitern häufig daran, dass man sich nicht auf den richtigen Preis einigen kann.


Die Folge: Vor plötzlichen Preissprüngen können Sie sich nicht schützen. Und Sie müssen damit rechnen, eventuell sogar tiefrote Zahlen zu schreiben, wenn Ihnen die Substratkosten voll aus dem Ruder laufen. Denn Ihre Stromerlöse sind für 20 Jahre festgeschrieben, während die Substratpreise neben der Gasausbeute über Wohl und Wehe der Anlage entscheiden – und leider jährlich schwanken können (siehe Übersicht. 1).


Welche Möglichkeiten es trotzdem gibt, das Preisrisiko beim Substrateinkauf zu senken, die Einkaufskosten über mehrere Jahre „im Rahmen“ zu halten oder sich gegen mögliche Preisanstiege an der Warenterminbörse abzusichern, zeigen wir auf den folgenden Seiten.


Substratpreise mit Termin-Kontrakten absichern


Eine Preisabsicherung über die Terminbörse funktioniert auch für Biogas-Substrate, wie z. B. Silomais, obwohl dieser an Handelsplätzen wie der Pariser Matif gar nicht gelistet ist. Dabei muss der Rohstoff nicht über die Börse gekauft werden – die bewährten Lieferbeziehungen können bestehen bleiben. Sie kaufen an der Börse lediglich einen Kontrakt, z.B. für Körnermais. Dieser ist in Veredlungsgebieten sowieso der Leitpreis für den Silomais, für den es keine Notierung gibt.


In reinen Ackerbauregionen gibt dagegen der Weizen den Preis für den Silomais vor. Weizen ist vielerorts die wettbewerbsstärkste Kultur, weshalb sich dort der Preis der meisten Substrate – von der Biogasrübe bis zum Silomais – fast Eins zu Eins an der Preiskurve für Weizen orientiert. Die Weizenkontrakte an der Matif haben aber noch einen weiteren Vorteil: Sie verzeichnen die größten Tagesumsätze (teils über 500 000 t/Tag) und haben damit eine große Aussagekraft über die tatsächliche Marktlage. Zudem kann der Weizenpreis dadurch besonders weit im Voraus abgesichert werden (aktuell bis November 2011).


Die eigentliche Preisabsicherung funktioniert so: Parallel zum tatsächlichen Einkauf von Silomais kaufen Sie für die notwendigen Substratmengen über einen Makler Kontrakte an der Warenterminbörse. Dafür wird im Vergleich zur mehrjährigen Einlagerung von Extra-Substratmengen aber deutlich weniger Kapital benötigt, weil normalerweise nur die so genannten Margins in Höhe von 10 % des Kontraktwertes fällig werden.


In der Regel entwickeln sich die Erzeugerpreise für den Silomais und die Börsenkurse in etwa gleich. D.h., wenn die Substratpreise steigen, verteuern sich auch die Kontrakte. Die steigenden Kosten für den Mais können Sie daher mit Gewinnen aus dem späteren Verkauf der Kontrakte ausgleichen. Bei fallenden Notierungen entstehen zwar Verluste beim Kontraktgeschäft. Diese können aber durch dann ebenfalls niedrigere Substratpreise ausgeglichen werden.


Die richtige Strategiewählen


Soweit zur Theorie, doch wie läuft eine Absicherung über die Terminbörse in der Praxis? Wir stellen dazu zwei Strategien anhand einer typischen 500 kW-Biogasanlage auf Silomaisbasis vor. Die Modellanlage ist 2005 in Betrieb gegangen und verbraucht jährlich rund 10 000 t Silomais. Dies bindet bei einem Hektar-Ertrag von 50 t Frischmasse rund 200 ha Fläche.


Strategie 1: Vollab­sicherung ein Jahr im Voraus


Jeweils Anfang April eines Jahres wird der komplette Substratbedarf für das Folgejahr über Matif-Terminweizenkontrakte abgesichert. Bei einem Ertrag von 10 t/ha auf dem Anlagenstandort müssen rund 2 000 t Matif-Weizen (40 Kontrakte zu je 50 t) abgesichert werden. Die Gebühren und Zinsen für Margins dafür kosten rund 2 000 €. Die Kontrakte werden jeweils 12 Monate gehalten und anschließend zum dann aktuellen Börsenpreis wieder verkauft. Um Verluste nicht schon beim Einkauf quasi „festzuschreiben“, gibt es eine Zusatzregel: Der Substratbedarf für das Folgejahr wird nur dann abgesichert, wenn der Matif-Weizen weniger als 150 €/t kostet. 2010 können die relativ günstigen Substratpreise daher über die Börse abgesichert werden.


Die Vollabsicherung von 2006 bis 2010 jeweils für ein Jahr im Voraus hätte vor allem 2008 einen hohen Börsengewinn geliefert, da die Weizenkontrakte im April 2007 noch billig eingekauft werden konnten, die Preise dann aber regelrecht explodiert sind. Im Frühjahr 2008 hätten für dieselben Kontrakte 202,75 €/t bezahlt werden müssen. Deshalb wurde gemäß der Zusatzregel (Börsenpreis beim Einkauf unter 150 €/t) auf eine Absicherung für 2009 vollständig verzichtet.


Über den Fünfjahreszeitraum wäre damit ein Börsengewinn von 213 460 € (Handelskosten und Zinsansatz berücksichtigt) erzielt worden. Mit diesem Betrag wäre der zwischenzeitliche Höhenflug der Substratpreise finanziell ausgeglichen worden (siehe Übersicht 3).


Strategie 2: Vollab­sicherung für fünf Jahre


Mit einer anderen Strategie lassen sich niedrige Substratpreise sogar bis 5 Jahre im Voraus festschreiben: Dazu wird zu Beginn des Absicherungszeitraums der Substratbedarf für 5 Jahre in Form von Kontrakten zusätzlich eingekauft, für unsere Beispielanlage wären dies 10 000 t Weizen (entspricht 50 000 t Silomais). Dafür fallen 10 000 € an Marginzinsen und Gebühren an. Nach 12 Monaten werden wie bei der ersten Strategie nur Kontrakte in Höhe des Jahresbedarfs (2 000 t) verkauft, die übrigen 8 000 t werden ins nächste Jahr „gerollt“. Da jedes Jahr 2 000 t der Weizenkontrakte verstromt werden, reduziert sich die Absicherungsmenge innerhalb von fünf Jahren auf Null. Im direkten Vergleich hätte die zweite Strategie einen deutlich größeren Absicherungs­erfolg (482 600 € gegenüber 213 460 €) ge­habt. Der höhere Börsengewinn wäre allerdings auch mit einem deutlich höheren Liquiditätsbedarf erkauft worden. (siehe Übersicht 4).


„Worst Case“ einkalkulieren


Die beiden Beispiele haben Börsengewinne erzielt, weil die Kurse gestiegen sind. Aber was passiert, wenn die Kurse nach dem Kauf der Kontrakte fallen? Gerade bei einer Langzeitabsicherung werden dann große finanzielle Reserven benötigt, wie das folgende Szenario zeigt: Im Frühjahr 2010 startet der Biogas-Erzeuger in eine neue Fünfjahres-Runde. Anfang April wurden Matif-Kontrakte über 10 000 t Weizen mit Liefertermin Mai 2011 zu einem Preis von 137 €/t gekauft, womit die Biogasanlage rentabel betrieben werden kann.


Fällt der Weizenpreis an der Matif nach dem Einkauf bis zum Herbst um 20 €/t auf 117 €/t, muss der Anlagenbetreiber die Preisdifferenz nachschießen, bei 10 000 t Weizen würden also 200 000 € fällig! Zum Ausgleich können Sie den Silomais im Herbst zwar höchstwahrscheinlich billiger einkaufen. Die 200 000 € müssen Sie aber pünktlich überweisen, sonst werden die Kontrakte automatisch „glattgestellt“.


Wir halten fest


Wer als Biogas-Erzeuger keine großen Substratreserven anlegen oder Festpreisverträge machen will, kann Substratpreise auch über Kontrakte an der Terminbörse absichern.


Je nach betrieblichen Voraussetzungen stehen dabei verschiedene Strategien mit unterschiedlichen Laufzeiten zur Verfügung, die sich in der Hochpreisphase 2007/08 bewährt haben. Mit ihnen kann man künftige Preisspitzen überbrücken, indem man Börsengewinne für den Substrateinkauf in Hochpreiszeiten nutzt.


Derzeit sind die Chancen für eine längerfristige, über mehrere Jahre dauernde Substratpreisabsicherung günstig, da sich die landwirtschaftlichen Erzeugererlöse noch auf niedrigem Niveau bewegen.

Die Redaktion empfiehlt

top + In wenigen Minuten wissen, was wirklich zählt

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten | 1 Jahr für 1̶2̶9̶,̶6̶0̶ ̶€̶ 99 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.