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Bio-Schweine in der Klemme

Lesezeit: 5 Minuten

Bio-Schweine sind knapp und teuer. Trotzdem investiert kaum ein Betrieb in diesem Bereich. Es rechnet sich einfach nicht.


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Seit Jahren dümpelt Bio-Schweinefleisch mit einem Marktanteil von gerade mal 0,6 % vor sich hin. Dabei ist die Branche in der Vergangenheit durchaus gewachsen. Prozentual sogar recht ordentlich, denn seit 2004 hat sich der Bestand auf ca. 125 000 Tiere mehr als verdoppelt. Absolut bleiben die Zahlen aber mickerig. Von rund 200 Schweinen trägt gerade mal ein Tier das Biosiegel. Dabei ist die Nachfrage bei uns nicht mal gedeckt und es könnte weitaus mehr Bio-Schweinefleisch verkauft werden. Der Selbstversorgungsgrad liegt nur bei 85 %. Deutschland muss sogar jedes Jahr 7 000 t importieren und die gute Nachfrage spiegelt sich in den Erzeugerpreisen wieder: Mit 3,20 €/kg SG wird soviel gezahlt, wie nie zuvor (s. Übersicht 1). Trotzdem kommt der Markt nicht in Schwung.


Investitionen nicht tragbar.

Die Probleme der Bio-Schweinehaltung fangen schon bei den Ferkelerzeugern an. Sie müssen ihre Tiere nach den Richtlinien der EU-Öko-Verordnung aufziehen, die hohe Auflagen und Kosten mit sich bringt. So ist zum Beispiel Bio-Futter doppelt so teuer wie konventionelles. Hinzu kommt das geringere Leistungsniveau. Bio-Sauenhalter rechnen nur mit durchschnittlich 18 aufgezogenen Ferkeln pro Sau – sechs weniger als bei konventionellen Sauen. Um derzeit kostendeckend wirtschaften zu können, muss ein 28-kg-Ferkel mindestens 125 € einbringen, wie Michael Dreyer vom Aktionsbündnis Bioschweinehalter Deutschland (ABD) betont. Diesen Preis erzielt jedoch längst nicht jeder. Die Spanne reicht von 100 € bis 130 €, zu wenig für viele Betriebe. Da verwundert es nicht, dass kaum neue Betriebe auf die ökologische Ferkelerzeugung umsatteln oder bereits umgestellte Betriebe aus der Bio-Schweinehaltung aussteigen bzw. sogar ganz rückumstellen. Bio-Ferkel sind daher rar. Trotzdem steigen die Preise nicht, weil es um die Wirtschaftlichkeit in der Mast nicht viel besser bestellt ist und die Nachfrage nach Ferkeln verhalten ist.


Laut Christian Wucherpfennig, Ökolandbauexperte der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, können Mäster derzeit mit Erlösen von rund 300 €/Mastschwein rechnen (alle Werte netto). Zieht man davon Futterkosten im Wert von rund 140 € ab, 115 € für das 28-kg-Bio-Ferkel und weitere 20 € für variable Kosten wie beispielsweise für Tierarzt, Strom, Wasser oder Transport, bleiben etwa 25 € Direktkostenfreie Leistung. Damit sind die sonstigen Gebäude- und Festkosten weitgehend gedeckt, aber es verbleibt kaum noch etwas für die Entlohnung der eigenen Arbeitskraft. Kalkuliert man mit einem Stallneubau (ca. 700 €/Platz, ca. 13 €/Mastschwein), erhöhen sich die Gebäudekosten deutlich und eine Deckung der Aufwendungen rückt in weite Ferne (s. Übersicht 2). Verständlich also, dass es für viele günstiger ist, das Getreide teuer zu verkaufen, statt es zu verfüttern und zusätzlich in neue Ställe zu investieren.


Und es könnte bald noch schlimmer kommen, denn einige Betriebe profitieren derzeit noch von Sonderregelungen und hinken mit richtlinienkonformen Ausläufen oder Abferkelbuchten hinterher. Damit ist aber Ende nächsten Jahres Schluss. Weitere Probleme bahnen sich in der Fütterung von Bio-Schweinen an. Noch sind 5 % konventionelles Futter in der Gesamtration erlaubt. Doch nur noch bis Ende 2014. Dann muss die Fütterung zu 100 % ökologisch sein, wo-mit sich das Problem um ausreichend Eiweißkomponenten verschärft. Momentan ist schlichtweg nicht genug Bio-Futter da. Der ökologische Anbau von Ackerbohnen, Erbsen und Süßlupinen in Deutschland müsste dringend ausgebaut werden. Ansonsten stehen Bio-Schweinehalter in zwei Jahren vor einem großen Problem.


Betriebe könnten dann vermehrt zur konventionellen Haltung zurückschwenken, um Investitionen zu vermeiden. Und die Regierung legt den Landwirten immer neue Steine in den Weg. So sollen die Ausläufe künftig genehmigungspflichtig werden und zusätzliche Anforderungen erfüllen, um die Risiken der Seucheneinschleppung zu verringern.


Das ABD fordert deshalb einen weiteren Preisanstieg um 20 Cent auf 3,40 € pro kg SG. Erst dann können sich Investitionen rechnen und Ferkelerzeuger und Mäster auf ihre Kosten kommen.


Nur Edelteile sind gefragt.

Aber selbst dann wäre ein Einstieg in die Bio-Schweinehaltung kein Selbstläufer. Auch im nachgelagerten Bereich lauern Probleme. Im Gegensatz zur konventionellen Schweinehaltung sollte in der Bio-Schiene die Vermarktung zwecks Abnahmegarantie vorab geklärt werden. „Steigt ein Landwirt ohne gesicherte Vermarktung ein und bietet seine Schweine mehreren Schlachthöfen an, so entsteht direkter Preisdruck, da der Eindruck eines enorm gestiegenen Angebots erweckt wird“, erklärt Heinrich Rülfing vom ABD. Das zeigt, wie klein der ganze Sektor ist.


Das Hauptproblem liegt aber darin, dass vom Bio-Schwein oft nur die Edelteile vermarktet werden können. Die Nachfrage danach ist zwar ungedeckt und der Absatz könnte ohne Weiteres verdoppelt werden. Doch die restlichen Teile des Schweins gehen in die Wurstverarbeitung und dort ist die Nachfrage nach Bio bei Weitem nicht so groß.


Für eine lukrative Wertschöpfung müssten aber beide Verwertungen gesichert sein. Ansonsten würde sich der Verbraucherpreis-Abstand zu konventionellem Schweinefleisch weiter vergrößern, wie Sven Euen von der kurhessischen fleischwaren GmbH (kff) bestätigt. Schon heute sind Bio-Schweinefleischprodukte oft doppelt so teuer, wie konventionelle. Das erklärt, weshalb sich der Lebensmitteleinzelhandel so schwer damit tut, neue Produkte ins Sortiment aufzunehmen. Auch wenn etwa ein Viertel der Bevölkerung angibt, für Bio tiefer in die Tasche greifen zu wollen. An der Kasse entscheiden sich die Kunden meist anders.


Hinzu kommt, dass sich diese Verbraucher oft besonders gesund ernähren wollen und dann eben lieber zu Geflügel greifen. Denn das hat schlichtweg ein besseres Image als Schweinefleisch, egal ob Bio oder nicht.Teresa Vollmer

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