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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Bringt 2010/11 höhereGetreidepreise?

Lesezeit: 9 Minuten

Viele Getreideerzeuger haben die enttäuschende Saison 2009/10 schon abgeschrieben. Sie hoffen jetzt auf die kommende Ernte. Über die Perspektiven berichtet Martin Schraa, AMI.


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In den vergangenen Monaten „klebten“ die Getreidepreise regelrecht auf der Talsohle fest. Landwirte konnten zuletzt für Brotweizen im Schnitt kaum mehr als 110 €/t (frei Erfasser, o. MwSt.) erlösen. Das waren nur rund 10 €/t mehr als beim bisherigen Tiefststand im September 2009. Dass sich die Notierungen bis zum Ende der laufenden Saison spürbar erholen können, ist derzeit wenig wahrscheinlich.


Auch wenn es noch sehr früh ist: Die neue Getreideernte und die Saison 2010/11 rücken damit mehr und mehr in den Blickpunkt der Marktbeobachter. Viele Landwirte wollen bereits jetzt wissen, wie es um die Erlös-Chancen für die heranwachsende Getreideernte steht.


Die Krise wirkt nach


Für eine aussagefähige Prognose auf die kommenden Getreide-Saison 2010/11 hilft ein kurzer Blick auf die aktuelle Marktlage. Für die derzeit enttäuschend niedrigen Preise sind mehrere Faktoren verantwortlich:


Die hohen Erzeugerpreise in 2007 und 2008 für Getreide sorgten für eine deutliche Ausweitung der Flächen und höhere Ernten. So wurde der Getreideanbau in den letzten sechs Jahren weltweit um gut 3 % ausgedehnt. Insgesamt legte die erzeugte Menge wegen steigender Erträge sogar um fast 10 % zu, was zu wachsendem Angebotsdruck führte.


Hohe Getreidepreise bedeuten allerdings auch hohe Futterkosten und damit steigende Fleisch- und Milchpreise. Je höher die Preise für veredelte Nahrungsmittel kletterten, desto mehr schrumpfte die Nachfrage. Immer mehr Verbraucher ersetzten diese durch Grundnahrungsmittel. Folge: Der Bedarf an Futtergetreide nahm ebenfalls ab.


Beschleunigt wurde der Preisrückgang dann durch die globale Wirtschafts- und Finanzkrise. Diese führte nicht nur zum Wegbrechen der Nachfrage bei Rohstoffen und höherwertigen Agrarprodukten, sondern auch zu Problemen bei Kreditvergaben und laufenden Finanzierungen von Produktions- und Exportvorhaben.


Angebot und Nachfrage bestimmen auch mittelfristig die Entwicklung an den Agrarmärkten. Aus diesem Grund sind die Preisaussichten für 2010/11 nur verhalten optimistisch. Getreide ist alles andere als knapp. Das US-Agrarministe-rium (USDA) rechnet z.B. mit einem Anstieg der globalen Weizenbestände um gut 30 Mio. t auf fast 200 Mio. t – eine schwere Hypothek für die kommende Saison.


Erste Prognosen dämpfen die Stimmung


Ausschlaggebend für die Entwicklung des globalen Weizenmarktes in der kommenden Saison wird vor allem sein, wie viel Weizen von den Feldern kommt. Bislang deutet nichts auf ein deutlich kleineres Angebot hin. Der IGC rechnet zur Ernte 2010 lediglich mit einem Rückgang der Welt-Weizenfläche um knapp 1 % auf 222 Mio. ha. Am deutlichsten schränken dabei die Farmer in den USA den Anbau ein: Die Fläche sinkt voraussichtlich um 11 % auf 18 Mio. ha Weizen, das entspricht dem niedrigsten Stand seit 97 Jahren.


Flächenausdehnungen in Europa, Argentinien und dem Nahen Osten können diese Entwicklung voraussichtlich je-doch weitgehend kompensieren. Bei einem Durchschnittsertrag von knapp 3 t pro ha ergibt sich laut IGC eine Weltweizenerzeugung von 659 Mio. t. Das sind zwar 16 Mio. t weniger als 2009, aber immerhin die dritthöchste Ernte aller Zeiten. Noch ist die Aussagekraft dieser Prognosen jedoch sehr begrenzt, denn je nach Wetterverlauf sind erhebliche Abweichungen nach oben und unten möglich.


EU: Mehr Weizen, weniger Gerste


In der EU dürfte die Weizenernte 2010 sogar an das Niveau des Vorjahres he-rankommen – vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Denn der Anbau wurde in vielen EU-Ländern nochmals deutlich ausgedehnt:


In Frankreich, dem größten EU-Weizenproduzenten, hat die Fläche um knapp 4 % zugenommen.


In Spanien wurde der Anbau von Weichweizen um 7 % ausgedehnt.


In Italien haben die Erzeuger gut 1 % mehr Weichweizen ausgesät.


In Dänemark beträgt der Flächenzuwachs sogar geschätzte 14 %.


Diese Entwicklung dürfte insbesondere zu Lasten des Anbaus von Gerste gehen, der die europäischen Landwirte die schlechtesten Marktchancen einräumen. Hauptursache dafür scheint das Ende der Gerstenintervention zu sein. Zwar kann die Kommission in besonderen Marktsituationen eine Ausschreibung für den Aufkauf von Gerste und Mais sowie zusätzlicher Mengen Weizen eröffnen, die dabei erzielbaren Preise dürften jedoch unter dem bisherigen Niveau liegen.


Viele Gerstenerzeuger blicken daher mit großer Sorge in die Zukunft, zumal der Intervention gerade in der laufenden Saison eine wichtige Ventilfunktion zukommt. Immerhin wurden bis Ende Februar EU-weit bereits 3,8 Mio. t Gerste aus dem Markt genommen, ein Großteil davon in Deutschland, Frankreich und Finnland. Allerdings sind diese Mengen nicht verschwunden, sondern fließen irgendwann wieder auf den Markt zurück.


Auch der Export von Gerste kann derzeit kaum zur Marktentlastung beitragen, da die preisgünstige Konkurrenz aus der Schwarzmeerregion den Europäern am Weltmarkt kaum eine Chance lässt. So hatten europäische Exporteure bis Ende Februar lediglich die Ausfuhr von rund 550 000 t Gerste beantragt. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es zu diesem Zeitpunkt bereits 3 Mio. t.


Dagegen kann die Ausfuhr von Weizen in diesem Wirtschaftsjahr durchaus etwas „Druck aus dem Kessel“ nehmen. Immerhin wurden in den ersten acht Monaten dieser Saison EU-weit Exporte für 11,9 Mio. t Weizen beantragt. Das waren zwar 17 % weniger als im Vorjahr, aber mehr als doppelt so viel wie 2007/08.


Deutsche Landwirte setzen auf Weizen


Auch in Deutschland hoffen viele Landwirte auf einen anhaltend flotten Weizenexport. Immerhin genießt deutscher Weizen in der Welt einen guten Ruf und die Nachfrage traditioneller Empfängerländer ist durchaus vorhanden. Tatsächlich läuft der Weizenexport nicht so schlecht, wie es das zeitweise äußerst ungünstige Verhältnis zwischen Euro und Dollar vermuten ließ. So waren bis Ende Februar bereits gut 3 Mio. t für die Ausfuhr lizensiert. Das waren nur knapp 10 % weniger als im Ausnahmejahr 2008/09.


Besonders zufriedenstellend verliefen bislang die Geschäfte mit Südafrika und dem Nahen Osten – allesamt Länder, die traditionell Weizen mit höheren Rohproteingehalten einkaufen. Bei Ware niedriger Qualität sehen sich die deutschen Anbieter allerdings mit starker Konkurrenz aus der Schwarzmeer-Region, aber auch aus anderen EU-Ländern wie Frankreich und Großbritannien konfrontiert. Insbesondere die Franzosen setzen dabei auf eine Niedrigpreispolitik, um überhaupt Ware am Markt platzieren zu können.


Ob sich diese Entwicklung bis ins zweite Halbjahr 2010 fortsetzt, hängt vor allem vom Dollarkurs ab, der in diesem Jahr gegenüber dem Euro bereits deutlich an Wert gewonnen und damit deutsche Ware am Weltmarkt wieder wettbewerbsfähiger gemacht hat. Umfangreiche Exporte dürften auch 2010/11 nötig sein, denn insbesondere der Weizenmarkt steuert erneut auf eine mehr als komfortable Versorgungssituation zu. Die deutschen Landwirte haben die Winterweizenfläche zur Ernte 2010 um rund 3 % auf knapp 3,3 Mio. ha ausgedehnt, das ist der höchste Stand seit der Wiedervereinigung. Normale Erträge vorausgesetzt, ist damit eine Weizenerzeugung von 24,5 bis 25 Mio. t möglich.


Der Inlandsverbrauch bewegt sich jedoch nur bei 17 bis 19 Mio. t, der Rest muss andere Wege finden. Da hilft auch der steigende Weizenverbrauch der Bio-ethanolindustrie nur wenig (siehe Kasten). Zwar wurden 2009 knapp 530 000 t Weizen versprittet (plus 28 % gegenüber dem Vorjahr), die Erwartungen an die Nachfrage sollten angesichts der hohen Preissensibilität dieser Branche jedoch nicht zu hoch geschraubt werden.


Braugerstenerzeuger brauchen langen Atem


„Verlierer“ der Herbstaussaat 2009 war vor allem die Gerste. Bei Wintergerste wird ein Rückgang um fast 8 % auf 1,34 Mio. ha erwartet, das entspräche dem tiefsten Stand seit sieben Jahren. Praktiker rechnen bei Sommergerste sogar mit einem Flächenrückgang von bis zu 10 % gegenüber dem Vorjahr als Reaktion der Erzeuger auf nicht mehr kostendeckende Erlöse. So bietet der Handel Landwirten für Qualitätsbraugerste der kommenden Ernte oftmals kaum mehr als 115 €/t an. Bei diesen Preisen winken selbst hochspezialisierte Betriebe ab, die in den vergangenen Jahren Durchschnittserträge von 60 dt/ha und mehr bei hoher Qualität erzielen konnten.


Die gute Nachricht: Wenn sich die ersten Anbauprognosen tatsächlich bestätigen, könnten die Preise zumindest mittelfristig steigen. Die großen Bestände in Deutschland und anderen EU-Ländern dürften den Spielraum nach oben zwar in der ersten Hälfte 2010 noch empfindlich einschränken, spätestens 2011 sind ein knapperes Angebot und damit anziehende Preise jedoch nicht unwahrscheinlich. Dafür spricht auch, dass sich die Rahmenbedingungen am globalen Biermarkt wie-der verbessern. So scheint die Absatzflaute allmählich überwunden. Impulse werden vor allem aus Asien, Lateinamerika und Osteuropa erwartet, aber auch in den Industrieländern soll der Absatz wieder steigen. Einige Analysten rechnen bereits mit einer Steigerung des Bierabsatzes um knapp 4 % bis zum Jahr 2015.


Hoffnung auf einen kurzfristig steigenden Bierabsatz knüpfen die Brauer auch an die im Juni beginnende Fußball-Weltmeisterschaft. Und da der Inlandsverbrauch erfahrungsgemäß vor allem durch Erfolge der „eigenen“ Mannschaft angekurbelt wird, dürften viele Braugerstenerzeuger der deutschen Nationalmannschaft besonders fest die Daumen drücken.


Weniger optimistisch werden die Aussichten für Roggen beurteilt. Zwar ging der Anbau zur diesjährigen Ernte um beachtliche 13 % zurück. Selbst bei normalen Wetterverhältnissen ist 2010/11 jedoch erneut mit einem gut bedarfsdeckenden Angebot zu rechnen. Oft wird mit dem Hinweis argumentiert, dass sich mit der Biogas- und Bioethanolwirtschaft neue Absatzkanäle herausgebildet haben, die große Mengen Roggen aufnehmen können. Dies gilt jedoch nur so lange, wie der Rohstoff vergleichsweise günstig ist. So bietet die Ethanolindustrie Landwirten in Ostdeutschland Kontrakte über die Abnahme von Roggen zu einem Grundpreis von 85 €/t, zuzüglich Qualitätszuschlägen sowie einer Prämie, die sich nach dem Bioethanolpreis richtet. Trotz dieser enttäuschenden Preise haben viele Anbauer Verträge abgeschlossen. Offenbar trauen viele Landwirte den Roggennotierungen in der kommenden Saison nur wenig Spielraum nach oben zu.


Wir halten fest


Der Blick auf das kommende Jahr verspricht aus heutiger Sicht keine neuen Höhenflüge der Getreidepreise. Allzu großer Pessimismus ist jedoch auch nicht angebracht, da durchaus Chancen auf eine moderate Erholung bestehen. Schließlich dürften die „Wettermärkte“ im Frühjahr und Sommer noch erheblichen Einfluss auf die Angebotsprognosen nehmen. Dadurch ausgelöste Kursschwankungen könnten noch heftiger ausfallen, wenn Börsenspekulanten verstärkt in Agrar-Rohstoffe investieren. Unwahrscheinlich ist das nicht, zumal viele Experten der Weltwirtschaft 2010/11 durchaus eine spürbare Erholung zutrauen.


Nicht zuletzt könnten die Exportaussichten für deutsches Getreide günstig bleiben: Derzeit spricht eher wenig dafür, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar bald wieder an Stärke gewinnt.


Für Landwirte gilt daher, die Märkte und Preisentwicklungen aufmerksam zu beobachten und Chancen zu nutzen. Wegen der noch sehr unsicheren Aussichten sollte das betriebliche Risiko dabei klein gehalten werden. Das kann klassisch über Teilverkäufe der eingebrachten Ernte geschehen. Aber immer wichtiger wird auch, sich Preise, die die eigenen Produktionskosten decken und einen Gewinn zulassen, im Vorfeld zu sichern. Das kann sowohl über Termingeschäfte an den Börsen als auch über einfache Vorverträge geschehen.

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