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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Brotweizen bleibt knapp

Lesezeit: 7 Minuten

Die Kurse für guten Brotweizen tendieren weiter fest. Sie sollten aber nicht auf anhaltend steigende Preise spekulieren. Und schlechte Qualitäten nehmen Sie am besten gar nicht erst ins Lager.


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Die schlechte Ernte passte vielen Verarbeitern recht gut in den Kram. „Ganz zufällig“ haben sie Mitte August höhere Brot- und Brötchenpreise angekündigt. Getreide sei nämlich extrem knapp und teuer, so die fadenscheinige Begründung. Die Tatsache, dass nur ein verschwindend kleiner Teil der Produktionskosten auf Getreide entfällt, interessiert anscheinend keinen.


Damit kein falscher Eindruck entsteht: Brotweizen hat sich wirklich stark verteuert. An der Pariser Matif peilte der November-Kontrakt kurzfristig die Marke von 240 €/t an. Und für 12er-Ware mit Fallzahlen von 210 bis 230 sec. wurden zuletzt an absatzgünstig gelegenen Standorten ab Hof durchaus bis zu 220 € pro t bewilligt. Trotzdem: Nach wie vor entfallen z. B. pro Brötchen allenfalls etwa 2 bis 3 Cent der Gestehungskosten auf den Rohstoff „Weizen“. Die Bäcker sollten sich also bessere Ar­gumente einfallen lassen, wenn sie den Konsumenten tiefer in die Tasche greifen wollen.


Und eine goldene Nase verdienen sich die Weizenanbauer trotz der vermeintlich stolzen Preise für einwandfreien Brotweizen ohnehin nicht. Die teils desolate Vermarktungssaison 2009/10 hat auf vielen Betrieben finanziell tiefe Löcher hinterlassen. Die Preise waren nämlich im negativen Sinne lange Zeit jenseits von Gut und Böse. Außerdem – und das ist das Kernproblem – wissen etliche Weizenerzeuger gar nicht, woher sie die mühlenfähigen Qualitäten nehmen sollen, die sie ihrem Abnehmer zugesagt haben bzw. diesem gern verkaufen würden.


Futterweizen schwächelt


„Mein zuletzt gedroschener Weizen war eine Katastrophe“, berichtet ein norddeutscher Landwirt stellvertretend für viele seiner Berufskollegen. Die regenbedingten Ernteverzögerungen haben in der Tat zu massiven Qualitätsmängeln geführt: Die Fallzahlen sind regelrecht abgeschmiert, die Hektolitergewichte passen nicht, und etliche Partien haben mit Auswuchsproblemen zu kämpfen.


Wie viel Brotweizen in diesem Jahr wirklich nur für den Futtertrog taugt, ist zwar noch nicht ganz sicher. Stellenweise war zuletzt die Rede von 15 bis 25 %, an anderen Standorten von 50 bis 60 %. Vieles hängt auch davon ab, bis zu welcher Untergrenze Mühlen den Weizen letztlich annehmen. Einige sollen bereits Fallzahlen bis 150 sec. akzeptieren, heißt es in Branchenkreisen. Fakt ist aber, dass gute mühlenfähige Ware deutlich knapper ist als sonst.


Die Mischfutterfirmen können dagegen derzeit aus dem Vollen schöpfen. Das spiegelt die Entwicklung der Futterweizennotierungen (leider) eindeutig wider. Diese machten den Aufwärtstrend beim Standardweizen nämlich nicht mehr mit und gerieten zuletzt in etlichen Regionen sogar etwas unter Druck. Mittlerweile klafft zwischen Brot- und Futterweizen meistens schon eine Preislücke von 30 bis 45 €/t. Und bei qualitativ kritischem Futterweizen ist der Abstand noch viel größer. „Letztlich bekomme ich gerade noch 85 €/t, und dabei sollte es eigentlich A-Weizen werden“, sagt ein fränkischer Landwirt. Aber bei nur noch zweistelligen Fallzahlen und massivem Auswuchs könne man wohl nicht mehr erwarten.


Doppelt gekniffen


Besonders hart trifft es derzeit diejenigen Landwirte, die ihre im Frühjahr abgeschlossenen Kontrakte nicht oder nur teilweise erfüllen können. Einige Händler lassen zwar mit sich reden und kommen ihren bäuerlichen Geschäftpartnern in puncto finanzieller Ausgleich oder Erersatzlieferungen etwas entgegen. „Man trifft sich in der Mitte, weil man ja auch künftig miteinander Geschäfte machen will“, sagt der Chef eines privaten Landhandelsunternehmens. Das gehe aber nur, wenn man als Händler nicht selbst Vorkontrakte erfüllen müsse.


Vertragstreue muss sein!


Letzteres dürfte der Grund dafür sein, dass etliche Abnehmer knallhart auf die Kontrakterfüllung pochen – wer nicht liefern kann, muss Ersatz beschaffen oder zahlen. Das ist zwar ärgerlich und teuer, aber Vertrag ist nun mal Vertrag. Und auf höhere Gewalt kann man sich als Landwirt leider auch nicht berufen. Denn da­runter fällt eine verregnete Ernte vor den Schiedsstellen oder den Gerichten nicht, auch wenn einige Beobachter etwas anderes behaupten. Und die Lehre daraus: Eventuell sollten wir künftig in Verträgen etwas mehr Spielraum schaffen für den Fall, dass wieder solche Entwicklungen auftreten wie in diesem Jahr.


Guter Weizen erzielt attraktive Preise


Ob solche Vereinbarungen, z. B. mit einem Preiskorridor zum Schutz vor übermäßigen Kursausschlägen, bei allen Erzeugern auf Zustimmung treffen würden, ist aber fraglich. Oder – Hand aufs Herz – wären Sie bereit, sich z. B. mit 160 bis 170 €/t zufriedenzugeben, wenn doch schon 185 bis 205 €/t für einwandfreien Brotweizen winken, und zwar netto frei Landlager?


Etliche Landwirte haben sich diese oder ähnliche Erlöse für einen Teil der diesjährigen Ernte gesichert. Das ist auch gut so, schließlich bleibt nach Abzug der Produktionskosten endlich mal wieder ein Gewinn. Und es ist keineswegs sicher, dass der Markt durchgehend so fest gestimmt bleibt wie in den letzten Wochen. Reports (monatliche Preisaufschläge) für spätere Liefertermine werden derzeit z. B. von den meisten Verarbeitern und Exporteuren kategorisch abgelehnt.


Aber von einem „garantiert einbrechenden Kartenhaus“ und einem rapiden Preisverfall kann keine Rede sein. Daran ändert auch das meist sehr medienwirksame Gerede über die Heerscharen von windigen Spekulanten an den Terminbörsen und ihr negativer Einfluss auf die Agrarmärkte nichts (vgl. Kasten). Der Weizenmarkt mag etwas überhitzt sein, aber in erster Linie beruht der Preisanstieg auf fundamentalen Faktoren:


Die weltweite Ernte fällt niedriger aus als gedacht. Der Internationale Getreiderat beziffert sie auf 644 Mio. t (33 Mio. t unter Vj., vgl Übersicht auf Seite 98).


Der globale Verbrauch soll 2010/11 hingegen auf rund 657 Mio. t ansteigen (11 Mio. t über Vj.).


Unterm Strich ergibt sich demnach ein Defizit von 13 Mio. t, das aus den Vorräten gedeckt werden muss. Diese sinken bis Mitte 2011 auf 184 Mio. t.


Diese 184 Mio. t sehen auf dem Papier aus wie ein beruhigendes Sicherheitspolster. Bei etlichen Mengen, z. B. den hohen Beständen Chinas und einiger anderer Staaten, handelt es sich aber um so genannte strategische Vorräte für die eigene Bevölkerung. Die für den Weltmarkt greifbaren Mengen sind also deutlich kleiner als bisher angenommen. Das hat sich mittlerweile bei den Marktbeteiligten herumgesprochen – die Auswirkungen auf die Preise liegen auf der Hand.


Gute Exportchancen – die Lücke der sonst so wettbewerbsfähigen Schwarzmeerstaaten muss geschlossen werden – haben in Seehafennähe zu besonders attraktiven Aufschlägen für passenden Weizen geführt. Neben guten B-Partien sind hier auch A- und E-Weizen gefragt. Solche Qualitäten erzielen denn auch höhere Prämien als in anderen Jahren. Und der Preisvorsprung zum normalen B-Weizen könnte durchaus noch größer werden. Schließlich braucht die heimische Mühlenindustrie viel Aufmischweizen, um schwache Partien backfähig zu machen.


Futtergerste und Roggen treten auf der Stelle


Die Notierungen für Futtergerste und Roggen sind in den letzten Tagen in eine Seitwärtsbewegung übergegangen und haben teils sogar geschwächelt. Das sollten Anbauer jedoch nicht überbewerten.


Viele Futtermischer mauern bei der Gerste, weil sie mit schwachem Weizen regelrecht zugeschüttet werden. Aber das ist vermutlich bald wieder vorbei, und dann dürften sich die Futtergerstenpreise wieder fangen. Gleiches gilt bei einwandfreiem Brotroggen, sobald die Mühlen ihre Anschlusskäufe tätigen.


Und wenn alle Stricke reißen, dann gibt es noch die energetische Verwertung. Ethanolwerke sind durchaus an Roggen interessiert. Und Biogas-Hersteller sind ohnehin auf der Suche nach Alternativen zum „teuren“ Mais.Jörg Mennerich

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