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Das Milchgeld versichern?

Lesezeit: 5 Minuten

In den USA können Milcherzeuger auskömmliche Gewinn-Margen gegen geringe Gebühren absichern. Wie das Programm funktioniert, und ob es auf Europa übertragbar wäre, weiß Prof. Holger Thiele, Fachhochschule Kiel und ife Kiel.


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In den USA gehen die Milchpreise schon seit Jahren rauf und runter. Anders als bei uns können die US-Milch­erzeuger aber jetzt das Risiko mit einer Versicherung minimieren. Wie funktioniert das sogenannte „Milk Margin Protection Program (MPP)“? Was ist davon zu halten, und ist MPP auch auf Europa bzw. Deutschland übertragbar?


Schutz vor Preiskrisen:

MPP heißt übersetzt „Margensicherheitsprogramm für Milcherzeuger“. Es ist im Rahmen des neuen US-Agrarpolitikprogramms, der „Farm Bill 2014“, entwickelt worden. MPP soll die US-Milcherzeuger bei Marktkrisen wie im Jahr 2009 oder 2012 vor katastrophalen Einkommensverlusten schützen. Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) stellt dafür etwa 100 Mio. US-Dollar bereit.


Die Grundidee: Milcherzeuger erhalten gegen eine Versicherungsgebühr Ausgleichszahlungen, wenn die futterkostenfreie Leistung der Milcherzeugung unter ein bestimmtes Niveau fällt. Die Marge ist die Differenz aus dem vom USDA veröffentlichten durchschnittlichen Milchpreis und den durchschnittlichen Futterkosten in den USA.


Die Milchmenge, die Farmer im ersten Programmjahr 2014 absichern können, ergibt sich aus der höchsten Produktionsmenge während der Jahre 2011, 2012 oder 2013. Nach 2014 wird die jährliche Referenzmenge an das vom USDA geschätzte Wachstum der US-Milchproduktion angepasst.


Milcherzeuger können zwischen 25 bis 90 Prozent ihrer Referenzmenge absichern. Weiterhin können sie zwischen Margensicherheiten von 4 Dollar/cwt („hundredweight“, entspricht ca. 45,4 kg) bis 8 Dollar/cwt wählen. Das sind um-gerechnet rund 7 bis 14 Euro-Cent/kg Milch (Staffelung siehe Übersicht 2).


Die Basisabdeckung einer Marge in Höhe von 4 USD/cwt kostet die teilnehmenden Milcherzeuger unabhängig von der Betriebsgröße nur 100 Dollar/Jahr als Teilnahmegebühr. Möchten sich die Milcherzeuger Margen oberhalb des ­Basisniveaus von 4 USD/cwt sichern, fallen zusätzliche Versicherungs-prämien an. Diese Prämien sind bis 2018 fixiert. In der Einführungsphase des Programms, 2014 und 2015, sind die Prämien allerdings für die ersten 1,8 Mio. kg Milch eines Milcherzeugers noch um 25 Prozent reduziert.


Geht die Rechnung auf?

Mit Zahlungen können Milcherzeuger rechnen, wenn die offiziell festgestellte US-Marge unterhalb der abgesicherten Marge liegt. Die Leistungen der Versicherung orientieren sich an der prozentualen Produktionsmenge, die zur Abdeckung ausgewählt wurde und an der Höhe der abgesicherten Marge.


Die Basisabsicherung entspricht einer futterkostenfreien Leistung von umgerechnet 6,9 Cent/kg für eine Prämie von 0,011 Cent/kg. In den Krisenjahren 2009 und 2012 lag die Marge bei 5,1 Cent (siehe Übersicht 1). Also könnte in der Krise eine Zahlung von 1,8 Cent/kg zu erwarten sein. Bei einer Jahresmilchmenge von 800 000 kg und 90 %-Abdeckung wären das 12 960 Euro.


Im langfristigen Schnitt von 2004 bis 2014 lag die Marge in den USA im Mittel bei 14,6 Cent/kg Milch (s. Übers. 1). In durchschnittlichen Jahren gibt es daher keine Zahlungen, da die 14,6 Cent/kg oberhalb der Basisabsicherung liegen.


Wählt der Milcherzeuger eine hö­-here Absicherung, sieht die Rechnung folgendermaßen aus: Bei einer Marge von 5,1 Cent/kg und einer Absicherung von 10,3 Cent/kg, zahlt die Versicherung 5,2 Cent/kg. Für einen Betrieb mit 800 000 kg und 90 % Abdeckung ergibt dies eine Zahlung aus dem Programm von 37 440 Euro. Dem stehen Kosten für die Absicherung von nur 764 Euro gegenüber. Größere Betriebe zahlen allerdings für jedes kg Milch oberhalb von 1,814 Mio. kg statt 0,1 Cent dann 0,27 Cent/kg Versicherungsprämie.


Viele machen mit.

Von September bis Anfang Dezember 2014 konnten sich US-Landwirte erstmals für den Zeitraum der letzten vier Monate im Jahr 2014 und für das Jahr 2015 anmelden. Das USDA erwartet, dass rund 70 % der US-Milch­erzeuger am Programm teilnehmen werden und 50 Prozent davon mehr als die Basisabsicherung nachfragen und höhere Prämien zahlen werden.


Festzuhalten bleibt: Angesichts relativ geringer Prämien ergeben sich hohe Anreize zur Teilnahme am Programm. Dennoch, die US-Milcherzeuger müssen vor Teilnahme am Programm viele Fragen detailliert klären: Wie stark weicht meine betriebsindividuelle futterkostenfreie Leistung von der „amtlichen“ US-Marge ab? Wie hoch ist dann mein möglicher betriebsindividueller Nutzen aus dem Programm?


Zusätzlich müssen US-Landwirte noch berücksichtigen, wie hoch ihr entgangener Nutzen aus der Teilnahme an möglichen anderen Programmen, wie z. B. dem „Livestock Gross Margin Insurance Program“ (Margen-Versicherung für die Tierproduktion) ist. Sie dürfen sich nämlich nur bei einem der Programme zur Absicherung anmelden.


Denkbar für Europa?

Auch in Europa wäre ein derartiges Versicherungssystem interessant. Denn angesichts zunehmender Milchpreisrisiken und eines sehr niedrigen Interventionspreisniveaus sollte auch bei uns über Versicherungssysteme nachgedacht werden.


Allerdings müssen dazu viele offene Fragen geklärt werden, z. B. auf welche Berechnungsbasis einigt man sich, wie geht man mit Milchüberangeboten in Zeiten geringer Margen um? Die möglichen produktionssteigernden Effekte des Programms (und deren WTO-Konformität) sowie die schwer kalkulierbaren und hohen Staatsausgaben sind vorab zu analysieren und zu minimieren. Bei einer Übertragung auf Europa sollte es nicht zu Marktverzerrungen kommen und vorhandene Preisrisiko-instrumente wie das Interventionspreissystem und der Milchterminmarkt müssten berücksichtigt werden.

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