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Den richtigen Preis für Energiesubstrat finden -

Lesezeit: 6 Minuten

Energiesubstrate sind knapp und teuer. Und es gibt keine Preistransparenz, ist Markt-referentin Sabine Linker vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen überzeugt.


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B?iogas-Anlagen sind in den vergangenen Jahren in Deutschland wie Pilze aus dem Boden geschossen. Ende 2011 liefen bei uns rund 7 200 An-lagen mit einer elektrischen Leistung von insgesamt 2 850 Megawatt. Bayern (2 030 Anlagen, 548 MW) und Niedersachsen (1 073 Anlagen, 560 MW) sind dabei in Deutschland die führenden Regionen (vgl. Übersicht, Seite 145).


Dieser Boom sorgt vor Ort für erhebliche Verschiebungen auf den Märkten:


  • In vielen Regionen ist z. B. ein erbitterter Wettbewerb um Ackerflächen entbrannt. Die Pacht- und Bodenpreise sind regelrecht explodiert. In Südoldenburg werden stellenweise mehr als 1 500 €/ha Pacht von Biogas-Erzeugern bezahlt, und auch andere Gebiete melden teils schon Pachten im vierstelligen Bereich.
  • In den Biogas-Hochburgen ist überdies ein regelrechter Substratsog entstanden. Die „Betonkühe“ müssen schließlich auch gefüttert werden. Das hat z. B. die Preise für Silomais zeitweilig extrem in die Höhe getrieben.


Das ist für reine Veredlungsbetriebe mittlerweile ein Riesenproblem. Allmählich stoßen aber auch einige Biogas-Produzenten an ihre finanzielle Schmerzgrenze. Hinzu kommt, dass es beim Substrat bislang kaum Markttransparenz gibt. Woran soll man sich preislich orientieren? Das fragen sich nicht nur Anbieter, sondern auch viele Nachfrager von Energiesubstrat. Zu Recht.


Mais macht jetzt den Preis.

Gülle, Getreideganzpflanzensilage, Gras, Stroh oder Energiemais: Die Palette der Einsatzstoffe zur Biogaserzeugung ist breit. Doch mit rund 650 000 ha Anbaufläche – und damit rund einem Viertel der Maisfläche – ist Silomais das Energiesubstrat Nummer 1. Mit einem Anteil von fast 80 % aller Substrate bestimmt Mais ganz klar das Preisniveau.


Das Problem: Die Verkäufer und Käufer haben naturgemäß sehr unterschiedliche Vorstellungen über den „richtigen“ Preis. Die einerseits von Rohstoff- und andererseits von Energiepreisen abgeleiteten Preis-Limits können deutlich voneinander abweichen, überwiegend tun sie das auch. Entsprechend schwer sind die Verhandlungen. Außerdem fehlen Orientierungswerte. Viele Marktbeteiligte behelfen sich z. B. mit Weizenpreisen, verschiedensten Preisindizes oder leiten ihre jeweiligen Substratpreise von Notierungen korrespondierender Produkte an Warenterminbörsen ab, z. B. von Weizen oder Holzpellets (vgl. Kasten rechts).


Und auch die unterschiedliche „Biogas-Dichte“ führt zu teils massiven Preisabweichungen. In Regionen mit hoher Anlagen-Dichte kostete Energiemais im letzten Herbst durchaus 1 500 bis 2 000 €/ha stehend ab Feld, zeitweilig teils auch noch mehr. In Gebieten mit wenigen Fermentern war Energiemais dagegen 300 € günstiger zu haben. Wie unterschiedlich die Preise waren, belegen folgende regionale Angaben:


  • Im Süden Deutschlands wurde Mais stehend ab Feld zeitweilig für 1 800 bis 2 000 €/ha gehandelt.
  • In der Mitte Deutschlands kletterten die Preise auf 1 300 bis 1 800 Euro/ha.
  • Im Norden wurden 1 500 bis 1 900 Euro/ha erlöst.
  • Und im Nordwesten wa-ren kurzfristig sogar bis zu 2 500 €/ha drin.


An diesen Preisen lässt sich nicht nur die wachsende Nachfrage landwirtschaftlicher und industrieller Anlagenbetreiber ablesen, sondern auch die „Biogas-Dichte“ im Süden und Norden Deutschlands. Der Preisanstieg bei Energiesubstraten (fest, flüssig, gasförmig) wurde durch die galoppierenden Preise am Energiemarkt zusätzlich befeuert. Hinzu kam, dass die witterungsbedingt schwache Ernte in Deutschland und die steigende Nachfrage die Preise für Energiemais im letzten Jahr erneut auf Rekordniveau klettern ließen.


Im letzten Jahr erzielte fertige Maissilage Erlöse zwischen 36 und 42 €/t. Seitdem hat sich der Markt zwar abgekühlt, doch – angelehnt an die Getreidepreise – müssen Energiesubstrate im Zukauf immer noch teuer bezahlt werden. Mit 30 bis 33 €/t netto liegen die aktuellen Preise für Silage im Osten eher am unteren Ende der Skala. In der Mitte Deutschlands kostet Maissilage mit 30 % Trockensubstanz 33 bis 36 €/t, im Süden und Norden werden 36 bis 40?€/t gezahlt. Stolze Preise, die die Rendite bei vielen B?iogas-Anlagen deckeln.


Immer mehr Tagesgeschäft.

Übrigens: Noch überwiegen langfristige Verträge zwischen Substratverkäufern und Anlagenbetreibern. Inzwischen gewinnt aber der Spotmarkt immer mehr an Bedeutung. Darauf sollten sich bäuerliche Anlagenbetreiber unbedingt einstellen, zumindest diejenigen, die regelmäßig Substrate zukaufen müssen:


  • Behalten Sie z. B. das Geschehen an den internationalen Terminbörsen für Mais im Auge. Die Kurse der Pariser Matif sind zwar nicht eins zu eins auf das Tagesgeschäft bei Ihnen vor Ort zu übertragen. Sie sind aber ein wichtiger Indikator dafür, in welche Richtung sich die Maispreise kurzfristig entwickeln, also auch für die Frage, ob man schnell kaufen muss oder noch warten kann.
  • Wenn Ihnen die Tagespreise für Mais und andere Substrate attraktive Renditen versprechen, sollten Sie diese Kurse zumindest für Teilmengen Ihres künftigen Bedarfs festzurren. Entweder indem Sie reale Ware vertraglich vorkaufen, oder mittels der indirekten Preisabsicherung durch Warentermingeschäfte (Mais- oder Weizenkontrakte).


Außerdem bekommen Sie es mit finanzkräftiger Konkurrenz zu tun. Das seit Anfang dieses Jahres geltende neue EEG bevorzugt Großanlagen. Während die kleinen Anlagenbetreiber unter dem Hickhack ums EEG, den hohen Kosten für Substrate und Investitionen leiden, sind Großunternehmen auf Einkaufstour.


Fakt ist: Die Produktion und Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung ist vor dem Hintergrund des Atom-Ausstiegs zu einem schnell wachsenden Wirtschaftszweig mit neuen Marktchancen geworden. Mit den entsprechenden Folgen: Bisher gehen in Deutschland 72 % aller getätigten Investitionen in die Biogastechnologie auf Landwirte zurück. Jetzt macht der Radikalumbau der deutschen Energiewirtschaft Biogas auch für Energiekonzerne und Finanzinvestoren zum interessanten Renditeobjekt. Diese benötigen im großen Stil Substrate für ihre Anlagen und werden im regionalen Umfeld ihrer Standorte die Nachfrage nach Energiemais und anderen Substraten anheizen.


Wie geht‘s weiter?

Derzeit sind bei uns von den ehemals 17 Atom-Anlagen noch 9 in Betrieb. Und der Atom-Ausstieg in Deutschland bedeutet, dass etwa 12 700 Megawatt Stromleistung ersetzt werden müssen. Die Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL) geht davon aus, dass die hiesigen Biogas-Produzenten künftig rund 40?% dieser Energiemenge liefern könnten.


Das neue EEG hat die Investitionsrallye bei den B?iogas-Anlagen in diesem Jahr zwar kräftig ausgebremst. Allerdings werden das „Repowering“ von Altanlagen (mit leistungsstärkerer Anlagentechnik), der Neubau von kleineren Biogas-Anlagen (bis 75 kW) und Biomethan-Einspeise-Projekte (in das Erdgasnetz) weiterhin für Wachstum in der Branche sorgen. Anlagenbetreiber werden somit wohl weiterhin mit hohen Substratpreisen und mit einem erbitterten Wettbewerb um landwirtschaftliche Flächen rechnen müssen. Höchste Zeit, hier für mehr Markttransparenz zu sorgen.

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