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Lesezeit: 6 Minuten

Schlachtsauen


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Verrückt! Ende September waren Altsauen kurzzeitig teurer als Mastschweine. Inzwischen hat sich der Sturm wieder gelegt. Doch im Hintergrund geht das Geschacher um die Sauen weiter. Wie Sie darauf reagieren können, weiß Dr. Frank Greshake, Landwirtschaftskammer NRW.


Eigentlich wollte die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften (VEZG) nur ihre Notierung von „ab-Hof“ auf „frei Schlachtstätte“ umstellen. Es ging um mehr Transparenz für den Bauern. Doch daraus wurde ein erbitterter Kampf um Deutschlands Schlachtsauen.


Dauerbaustelle ­Sauennotierung


Doch der Reihe nach: Die alte „Ab-Hof-Notierung“ der VEZG funktionierte in den vergangenen Monaten immer weniger. Je nach Lieferant wurde der Basispreis um bis zu 20 Cent und mehr pro kg Schlachtgewicht überboten. Ferkelerzeuger wußten kaum noch, was ihre Schlachtsauen wert waren. Und auch die amtliche Notierung war in den meisten Bundesländern bisher keine wirkliche Hilfe. Deshalb stellte die Vereinigung auf „frei Schlachtstätte“ um. Die Folge: Der VEZG-Preis stieg innerhalb einer Woche um 12 Cent. Was auch eigentlich logisch war, da die Zuschläge ja jetzt berücksichtigt wurden.


Doch dann rieben sich viele Experten verwundert die Augen: Anstatt die Zuschläge an ihre Lieferanten abzuschaffen bzw. zumindest zu kappen, haben die Sauenschlachter ihre Aufschläge größtenteils beibehalten. Insbesondere Großschlachter Tönnies war mit der neuen Notierung so nicht einverstanden. „Mit dem Ab-Hof-Preis bekommt jeder Bauer einen fairen Preis für seine Sauen. Den erhöhten Sammelaufwand des Handels bei kleinen Gruppen in entlegenden Regionen bezahlt unser Haus.“, macht Wilhelm Jäger von Tönnies Fleisch seine Position deutlich.


Die anderen Schlachthäuser mussten mitziehen, um nicht ohne Schlachtsauen dazustehen. In der Folge stieg der Sauenpreis von Woche zu Woche rasant an (Übersicht 1) und lag in der Spitze mit 1,50 €/kg SG (Stand: 23.9.2010) kurzzeitig deutlich über dem Mastschweinepreis. Ein derartiges Preisniveau ist aber jenseits von Gut und Böse. Im Hintergrund waren deshalb auch schon Hauspreise im Gespräch. Doch so weit kam es gar nicht.


DBV-Veredlungspräsident


Franz-Josef Möllers wurde der Preiskampf zu bunt. Deshalb holte er die Hauptkontrahenten Tönnies und VEZG am 24. September in einer Krisensitzung an einen Tisch. Das Ergebnis: Am darauffolgenden Montag wurde der Preis von der Vereinigung bei einer „Sonder-Notierung“ auf „realistischere“ 1,23 € pro kg rückwirkend korrigiert. Was aber auch schon vorher erwartet wurde.


„Es drohten Verwerfungen am Sauenmarkt mit langfristigen Nachteilen für die Erzeuger“, begründet Möllers sein Eingreifen. Vor allem befürchtet er, dass bei Preisen, die nicht marktgerecht sind, Sauenfleisch aus der Fleischverarbeitung verschwunden und der Absatzmarkt für Sauen weggebrochen wäre. Dies ist aus Möllers Sicht nun vorerst abgewendet. Deshalb ist man mit dem „Friedensschluss von Münster“ ganz zufrieden (s. Kasten Seite 114).


Kriegskasse gefüllt


Wie lange dieser hält, ist indes ungewiss. Auch wenn die Zeit der „Mondpreise“ erstmal Geschichte ist, ist das Interesse am „Nebenprodukt Sauenfleisch“ ungebrochen. Ein Blick hinter die Kulissen der Schlachter zeigt, dass Fette, Speck und Abschnitte zumindest vor zwei Jahren hohe Erlöse brachten, während Schlachtsauen relativ günstig zu haben waren. Nicht verwunderlich, dass viele Schlachter an dieser Wertschöpfung teilhaben wollten. Vor allem die Großen der Branche, Tönnies oder die Westfleisch, erhöhten die Schlachtzahlen. Seit Sommer 2009 ist die Goldgräberstimmung allerdings verflogen, denn für die vorgenannten Produkte sind nur noch mäßige Preise zu erzielen. Zum Teil hat sich das Preisniveau auf unter 1 € fast halbiert.


Warum ist der Preiskrieg dann gerade im September ausgebrochen, fragt sich manch ein Sauenhalter? Inzwischen hat allein die Firma Tönnies so hohe Schlachtkapazitäten, dass sie alle deutschen Sauen schlachten könnte. Auch wenn man in der Schlachtbranche dies abstreiten wird, geht es doch schlicht um die Frage, wer im Bereich der Sauenschlachtungen künftig das Sagen hat.


Dass die überhöhten Einstandskosten im Fleischverkauf nicht eins zu eins umzusetzen waren, liegt auf der Hand. Trotzdem sind die Teilstücke der Schlachtsauen gegen den saisonüblichen Trend zuletzt deutlich teurer geworden. Einige Wurstproduzenten hätten ihre Rezepturen deshalb wohl bald umgestellt. Das geht zwar nicht so einfach, weil das dunkelrote Sauenfleisch in der Wurst für ein ordentliches Wasserbindungsvermögen sorgt, aber zumindest Fette und Abschnitte können relativ leicht ersetzt werden.


Auch nach dem „Waffenstillstand“ werden die Schlachter im Hintergrund wohl weiter um Marktanteile kämpfen. Für den Ferkelerzeuger verspricht das zuerst einmal stabile Erlöse. Doch in Zukunft könnte sich dies möglicherweise rächen. Denn nicht alle können diese Preise mitgehen, jedenfalls nicht auf Dauer. EZGs und Viehhändler werden also demnächst noch weniger Vermarktungsalternativen haben. Das Unternehmen D&S in Niedersachsen hat seine Pläne zur Altsauenverarbeitung am Standort Cappeln zumindest derzeit wieder in der Schublade verschwinden lassen. Bundesweit sind es derzeit weniger als 10 meldepflichtige Unternehmen, die die wöchentlich anfallenden gut 20 000 Altsauen unter sich aufteilen. Dieser Preiskampf hat scheinbar keine Opfer gefordert. Trotzdem werden einige Abnehmer von Schlachtsauen wohl ins „Grübeln“ kommen und sich möglicherweise mittelfristig von dem Geschäft verabschieden.


Vorkosten im Blick


Fakt ist: Ferkelerzeuger konnten das Preishoch für sich nutzen und sich von der einen oder anderen leistungsschwachen Sau vorzeitig trennen. Wirklich Einfluss nehmen konnten sie in diesem Machtkampf aber kaum und das bleibt auch wohl künftig so. Denn die Entscheidung, wo die Schlachtsauen hingeliefert werden, trifft meistens der Händler.


Konzentrieren Sie sich deshalb als Ferkelerzeuger auf die veränderte Notierung und die Konsequenzen für Ihre Abrechnung:


Zuschläge auf den VEZG-Basispreis auszuhandeln, wird künftig deutlich schwieriger.


Aber behalten Sie Ihre Vorkosten im Auge. Diese werden steigen, weil der Preis frei Schlachtstätte gilt und damit die Logistikkosten noch abzuziehen sind.


Je nach Entfernung können Vorkosten zwischen 20 bis 30 € pro Sau bei einer Gruppengröße von 3 bis 5 Sauen durchaus anfallen (s. Übersicht 2).


Unter dem Strich bleibt dann für den Ferkelerzeuger möglicherweise nicht mehr übrig als vor der Umstellung der Notierung. Aber die Vermarktung ist jetzt deutlich transparenter.


Und hier liegt eine Chance. Bei einer Abgabe von 1 bis 2 Sauen wird der Schlachterlös durch die Kosten größtenteils aufgefressen. Neben den Transportkosten gibt es gerade in marktfernen Regionen auch ein Zeitproblem. Denn die zulässige Fahrzeit von 8 Stunden wird beim Sammeln der kleinen Sauengruppen schnell überschritten. Die Sauen müssen dann auf andere Viehtransporter umgeladen werden. Gruppen von mindestens 5 Sauen erleichtern den Vermarktern die Erfassung und den Transport deutlich und halten die Vorkosten in Schach.


Das Sammeln und Auffleischen von Altsauen, mit dem Ziel, größere Partien zusammenzustellen, lohnt sich aber in der Regel nicht. Dafür ist die Futterverwertung zu schlecht und teure Stallplätze wären durch Altsauen blockiert. Und trotzdem gibt es Möglichkeiten die Ablieferungsgruppe zu vergrößern (s. Checkliste).


Was Ihnen die Verlässlichkeit, Flexi-bilität und Fahrzeughygiene des Marktpartners wert ist, müssen Sie letztendlich selbst entscheiden.


Wir halten fest


Der Schlachtsauenpreis hat sich wieder normalisiert. Dennoch ist die Ware weiterhin knapp und entsprechend begehrt. Mit der neuen Notierung wird die Vermarktung transparenter. Sie als Ferkelerzeuger sollten dies nutzen und die Vermarktung des „Nebenprodukts“ nochmals kritisch durchleuchten.

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