harte Wintereinbruch hat den Getreidepreisen Auftrieb gegeben. Wer geschickt verhandelt, kann jetzt auch attraktive Vorkontrakte zur Ernte 2012 abschließen.
So schnell kann’s gehen: Bis vor wenigen Wochen sahen die meisten Analysten bei den Getreidepreisen kaum Luft nach oben. Der Inlandsmarkt schien gut versorgt – die Rohstoffversorgung hiesiger Verarbeiter sei also gesichert, hieß es. Und auf traditionellen Drittlandsmärkten machten uns preisaggressive Mitbewerber aus Russland, der Ukraine sowie Kasachstan das Leben schwer. Doch dann wendete sich das Blatt: Im Sog der internationalen Terminbörsen haben die Kassapreise für Weizen, Mais und Raps, abgesehen von kurzen Unterbrechungen, seit dem Jahresanfang deutlich angezogen. Der Winter macht’s. Sicher: Zum Teil ist der Preisanstieg dadurch zu erklären, dass der Markt vorher wohl zu pessimistisch beurteilt worden war. Diese „Negativ-Blase“ ist geplatzt – dabei haben auch Gerüchte eine Rolle gespielt, Russland werde bald seine Exporte durch Ausfuhrzölle drosseln. Den entscheidenden Kick bekamen die Börsennotierungen aber erst, als es mit den Temperaturen rapide abwärts ging.„Im Tagesgeschäft trieben zunehmende logistische Probleme, vor allem zugefrorene Wasserwege, die Preise für Brot- und Futtergetreide in die Höhe“, berichtet ein norddeutscher Händler. In der Tat: Etliche Verarbeiter haben es mal wieder versäumt, ihre Vorräte rechtzeitig aufzufüllen. Dieses Wirtschaften „von der Hand in den Mund“ kommt sie jetzt teuer zu stehen. Und die gestiegenen Transportkosten verteuern die Rohstoffbeschaffung zusätzlich.In der zweiten Februarwoche entspannte sich die Situation aus Käufersicht wieder etwas. Die Terminbörsen gaben einen Teil ihrer vorherigen Gewinne wieder ab, und die Erzeugerpreise bewegten sich seitwärts. Das, so Optimisten, sei aber eher auf Gewinnmitnahmen zurückzuführen und nicht der Beginn einer neuen Schwächephase. Die Kältewelle habe auch mittelfristige Folgen für das Getreidegeschäft. Kahlfröste hätten nämlich verbreitet zu Auswinterungsschäden geführt. Die bisherigen Produktionsschätzungen seien viel zu hoch. Getreide bleibe also weiterhin vergleichsweise teuer.Abgerechnet wird am Schluss. In Osteuropa soll es bereits erhebliche Schäden geben. Ob die Ukraine wirklich bis zur Hälfte ihrer Wintergetreideflächen abschreiben muss und in Russland mindestens 10 bis 15 % des Weizens betroffen sind, muss sich aber erst noch zeigen. Gleiches gilt für die Mengen, die dem Markt dadurch tatsächlich verloren gehen bzw. für den künftigen Preisspielraum nach oben.Es wäre nicht das erste Mal, dass es im Frühjahr fast sicher scheint, dass eine kleine Ernte die Preise nach oben treiben wird. Und anschließend holt die Natur im weiteren Verlauf dann doch vieles wieder auf, und etliche Anbauer müssen sich später eingestehen: „Ich wäre besser gefahren, wenn ich zumindest für einen Teil meiner Ernte früh Vorkontrakte abgeschlossen hätte.“Spitzenweizen ist unterbewertet! An etlichen Standorten werden für neuerntigen Brotweizen durchaus 177 bis annähernd 200 €/t geboten, letzteres aber meist nur an Wasserplätzen. Für Futtergerste der Ernte 2012 werden 165 bis 175 €/t besprochen, und bei Brotroggen reicht die Spanne von wirklich mageren 175 bis (ansehnlichen) 205 €/t. Unser Rat: Wenn Ihr Abnehmer im oberen Bereich der genannten Spannen liegt, sollten Sie unbedingt Nägel mit Köpfen machen! Sei es auch nur für Teilmengen.Bei Vorkontrakten für A- und E-Weizen müssen Sie sich vermutlich noch etwas in Geduld üben. Die Notierungen für Spitzenweizen boten in den letzten Monaten wenig Anlass zur Freude – zeitweilig wurden fast gar keine Prämien auf die B-Notierungen bewilligt. Und vorerst steht der Handel auch bei den Vorkontraktpreisen ex Ernte 2012 auf der Preisbremse. Das könnte sich ändern, sobald wir wieder mit gutem Weizen in Nordafrika und anderen traditionellen Abnehmerländern zum Zuge kommen.Jörg Mennerich