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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Erntebedingter Preisdruck – wird’s später besser?

Lesezeit: 6 Minuten

Manche Abnehmer stehen bei den Preisen für neues Getreide massiv auf der Bremse. Beobachter rechnen des­halb mit einer zunehmenden Einlagerung auf der Erzeugerstufe. Das könnte die richtige Entscheidung sein.


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Ende Juni hat die Gerstenernte begonnen. Und – wie könnte es auch anders sein, schließlich ist das in fast jeder Ernte so – die Preise sind unter Druck geraten. Meistens bewegten sich die „Korrekturen nach unten“ zwar in relativ moderaten Grenzen. So lagen die Preisvorstellungen der Erfasser in absatzstarken Veredlungsregionen sowie im Umfeld frachtgünstiger Wasserplätze (See- und Kanalhäfen) durchaus noch zwischen 100 und 115 €/t (Grundpreise, ohne MwSt.). In marktferneren Gebieten lag die Spanne zuletzt aber schon bei 90 bis 98 €/t, und einige Erfasser wollten ihre „bäuerlichen Geschäftspartner“ sogar auf „maximal 85 €/t“ einstimmen.


Auch die Meinungspreise für Weizen, Roggen und anderes Getreide der Ernte 2009 sind in den vergangenen Wochen zurückgenommen worden. Zur Begründung dafür wird meistens auf schwache Vorgaben aus Übersee verwiesen. Die US-Terminkurse für Weizen und Mais haben in der Tat deutlich nachgegeben.


Das ist aber kein Grund, als Landwirt bereits heute die gesamte Saison 2009/10 abzuschreiben. Und lassen Sie sich auch nicht von Aussagen verunsichern, wie „2008 wäre es besser gewesen, früh zu verkaufen, und das gilt auch jetzt“, oder „die fundamentalen Daten lassen gar keinen Preisspielraum nach oben zu“. Im Gegenteil, wenn ihr Abnehmer mauert, könnte es sich durchaus lohnen, neuerntiges Getreide (auch Gerste) vorerst einzulagern. „Eventuell sind ja schon bei der Nacherfassung im Frühherbst etwas bessere Erlöse zu erzielen“, sagt ein norddeutscher Beobachter.


EU: 8 % weniger Getreide


Die hohen Angebotsprognosen, auf die Preispessimisten derzeit Bezug nehmen, zieht er ohnehin in Zweifel. Denn die Hektarerträge seien nach wie vor zu hoch angesetzt, und in einigen Regionen der Welt habe ja gerade die Aussaat begonnen bzw. stehe noch bevor. Andere Analysten halten z. B. die Ernteschätzungen des US-Agrarministeriums (USDA) und des Internationalen Getreiderates (IGC) ebenfalls für sehr optimistisch.


Weltweit sollen laut USDA, das sich sogar noch oberhalb der IGC-Schätzung bewegt, 2009/10 rund 1,73 Mrd. t Getreide erzeugt werden (ohne Reis). Das wären nur 2,7 % weniger als in der Rekordsaison 2008/09. Im Einzelnen rechnet das USDA z. B. mit etwa:


656,1 Mio. t Weizen (-4 %),


781,5 Mio. t Mais (-1 %) und


142,9 Mio. t Gerste (-7 %).


In Verbindung mit den hohen Überhangbeständen aus 2008/09 – der IGC beziffert diese auf 343 Mio. t – dürfte die Versorgung in den nächsten zwölf Monaten zwar gesichert sein. Aber sie ist längst nicht so komfortabel, wie es in Handelskreisen immer wieder dargestellt wird. Denn etliche Länder haben strategische Reserven angelegt, um die Bevölkerung auch in schwierigen Zeiten versorgen zu können. Selbst die EU-Interventionsbestände von 1,8 Mio. t Getreide per Ende Juni 2009 sollen vor allem für eventuelle Nahrungsmittelhilfen vorgesehen sein, also nicht für den normalen Markt. Und über alle Getreidearten hinweg rechnen selbst USDA und IGC schon wieder mit einem Bestandsabbau bis Mitte 2010.


Falls es auch nur annähernd gelingt, den Drittlandexport auf dem Niveau der Saison 2008/09 zu halten (ca. 32 Mio. t), könnten auch die Vorräte in der EU-27 wieder zurückgehen. Denn der Verbrauch der Gemeinschaft soll sich 2009/10 erneut auf knapp 270 Mio. t Getreide belaufen. Die Produktion sinkt nach Hochrechnungen handelsnaher Analysten im Vergleich zum Vorjahr hingegen um 25 Mio. t bzw. 8 % auf 286 Mio. t (siehe  Übersicht 1). Der Dachverband der europäischen Bauern und Genossenschaften (CopaCogeca) sagte in seiner jüngsten Prognose sogar ein Ernteminus von ca. 28 Mio. t bzw. gut 9 % voraus.


Gerste: Ist später mehr drin?


Die ersten Meldungen zur deutschen Gerstenernte ergeben zwar noch kein eindeutiges Bild. So verlautete aus einigen Regionen, man sei mit der Qualität durchaus zufrieden, und die Mengen seien auch nicht schlecht. Andere Melder, vor allem aus dem Osten, klagten hingegegen über witterungsbedingte Beeinträchtigungen und etwas niedrigere Erträge als erwartet. Klar ist aber, dass etliche Erzeuger neuerntige Futtergerste in der Tat ins Lager legen wollen.


Im Hinblick aufs Nacherntegeschäft gibt es schließlich auch positive Aspekte:


Deutsche Versender könnten durchaus mehr Gerste als in anderen Jahren nach Südeuropa verkaufen. Spaniens Ernte enttäuscht z. B. auf ganzer Linie.


Die Chancen beim Drittlandexport sind ebenfalls besser als es aussieht. Wegen niedriger Erträge einiger Mitbewerber, das gilt vor allem für die Ukraine, könnten wir es in Nordafrika sogar leichter haben als in der letzten Saison.


Mais könnte Gerste sowie anderem Futtergetreide indirekt zu Preisspielraum nach oben verhelfen. Mais soll nämlich recht knapp und teuer bleiben. Das könnte zusätzliche Absatzchancen für anderes Getreide eröffnen.


Außerdem können die Gerstenerzeuger der EU in diesem Wirtschaftsjahr auf die Preisgarantie durch die Intervention vertrauen. 2009/10 sind die administrativen Ankäufe schließlich noch ohne jede Einschränkungen möglich. „Wer jetzt nur 85 bis 90 €/t erzielen kann, geht denn auch kein großes Risiko ein, wenn er mit dem Gerstenverkauf noch wartet“, bestätigt ein erfahrener Marktanalyst.


Oder doch besser den Weizen weglegen?


Leider hat die Sache einen Haken: Lager, die mit Gerste gefüllt sind, stehen für anderes Getreide nicht mehr zur Verfügung. Und die Fremdlagerung ist für die meisten Erzeuger auch keine Alternative, seit sich immer mehr Händler von Konditionen, wie „die ersten drei Monate sind frei, wenn wir dann ins Geschäft kommen“, verabschieden. Viele Landwirte beschäftigt denn auch die Frage, ob sie bei der Gerste in den sauren „Preisapfel“ beißen sollten, um stattdessen mit Weizen auf Kurssteigerungen zu spekulieren.


„Ich würde das tun“, sagt ein westdeutscher Marktkenner. Damit diese Rechnung auch aufgehe, müsse aber die Qualität stimmen. „Weizen mit 11 % Protein und gerade einmal 200 sec. Fallzahl würde ich nicht weglegen“. Außerdem seien die Erzeuger gut beraten, regelmäßig das Geschehen an der Pariser Matif zu beobachten, z. B. um Preise abzuleiten und Verkaufsentscheidungen zu treffen.


Die überraschend hohe Weizen-Anbauprognose des USDA – plötzlich sind in den USA fast eine halbe Mio. ha zusätzlich „aufgetaucht“– hat die Matif-Kurse bislang kaum berührt. Offenbar werden die US-Zahlen noch nicht sehr ernst genommen. Viele Börsianer schauen derzeit mehr nach Osten, vor allem in die Ukraine und nach Russland:


Der ukrainische Weizen soll nicht nur hinsichtlich der Erträge enttäuschen, sondern auch bei den Qualitäten. Unter 20 % sollen mühlenfähig sein.


Russische Medien sprechen ebenfalls über niedrige Erträge und schlechte Backeigenschaften des Weizens.


Je weniger Mühlenweizen von dort nach Nordafrika sowie in den Nahen und Mittleren Osten fließt, desto offener ist diese Exporttür für Qualitätsweizen aus der EU. Und je mehr ausgeführt wird, desto eher ergibt sich Preisspielraum nach oben – wenn die erntebedingte Verkaufswelle abebbt. „Mit 100 bis 115 €/t frei Erfasser sollten sich Landwirte denn auch selbst in frachtfernen Überschussgebieten für B-Weizen nicht abspeisen lassen“, betont ein Analyst. Hoffentlich behält er Recht.Jörg Mennerich

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