Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

Aus dem Heft

Flaute bei Getreide – wann gibt’s Rückenwind?

Lesezeit: 7 Minuten

Derzeit tritt das Getreidegeschäft zwar auf der Stelle. Das muss aber nichts heißen, denn die Vermarktungssaison 2011/12 ist längst noch nicht gelaufen.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

So mancher Gedreideanbauer, der den Löwenanteil der Ernte 2011 erst einmal ins Lager gelegt hat, wird sich jetzt die Haare raufen. Kein Wunder, nach dem Drusch glaubten viele Analysten, Erlöse auf Rekordniveau seien in der Saison 2011/12 fast vorprogrammiert. Selbst Skeptiker hielten die Einlagerung deshalb für eine sichere Bank. Doch dann kam Druck auf, zeitweilig sogar recht ausgeprägter, und mittlerweile sprechen wir in den meisten Regionen Deutschlands wieder über Preise, die schon ex Ernte drin gewesen wären, teils sogar über niedrigere.


Gegenüber der ersten Septemberhälfte – dieser Zeitraum markiert die vorläufige Preisspitze der laufenden Saison – brachen die Erzeugernotierungen (netto, frei Ersterfasser) massiv ein:


  • Mühlenfähiger Weizen verlor im Bundesmittel rund 25 €/t. Das gilt nicht nur für Standardqualitäten. Die A- und E-Weizenkurse haben ähnlich stark nachgegeben, wobei für Eliteweizen derzeit mangels Nachfrage teils sogar regelrechte Abwehrgebote genannt werden.
  • Im Vergleich dazu fallen die Rückgänge bei Futterweizen mit durchschnittlich minus 12 €/t, bei Futtergerste mit minus 9 €/t und bei Brotroggen mit minus 8 €/t fast noch moderat aus. Wer davon betroffen ist, wird sich aber trotzdem darüber ärgern.
  • Besonders stark hadern momentan die Körnermais-Anbauer mit ihrem Schicksal. Die Erträge sind zwar bombig ausgefallen, aber die Erzeugerpreise haben während der letzten acht bis zehn Wochen bundesweit um 50 bis 55 €/t nachgegeben.


Damit kein falscher Eindruck entsteht: Niemand bestreitet, dass auch jetzt noch Getreidepreise gezahlt werden, von denen wir vor wenigen Jahren bestenfalls zu träumen wagten. Aber in der Zwischenzeit sind auch die Produktionskosten in die Höhe geschnellt, z. B. weil sich auch vor- und nachgelagerte Handelspartner der Landwirtschaft einen Teil vom Rohstoffkuchen abschneiden wollen. Das heißt, die höheren Erlöse werden benötigt, um die Aufwendungen zu decken. Viele Erzeuger sind außerdem verunsichert, weil ein Einbruch in dieser Größenordnung nicht erwartet worden war. Überdies liegen noch etliche Getreidemengen in den Lägern, die vermarktet werden müssen.


Damit drängt sich z. B. folgende Frage auf: Fängt sich der Markt bald wieder? Leider gibt es darauf selbst von ausgewiesenen Agrarmarkt-Experten und vom Handel meistens nur sehr vage bzw. ausweichende Antworten. Nicht ohne Grund.


In den Börsenstrudel geraten?

Fakt ist: Die unbefriedigende Preisentwicklung der vergangenen Wochen beruht nur zum Teil auf fundamentalen Daten, also auf konkreten Angebots- oder Nachfrageverschiebungen. „Die eigentliche Kraft, im negativen Sinne, war vielmehr das Geschehen an den internationalen Agrar-Rohstoffbörsen“, sagt ein Branchenkenner. Dort werde die Richtung mittlerweile sehr stark vom spekulativen Kapital diverser Fonds und anderer Finanzjongleure bestimmt. Diese seien aber nicht an realem Weizen oder an Mais oder Raps interessiert, sondern ausschließlich an hohen Renditechancen. „Die beobachten z. B. die Wirtschafts- und Finanzpolitik wichtiger Staaten. Und wenn es lukrativ erscheint, wird binnen Sekunden das Geld von Rohstoffinvestments abgezogen und in De-visenwetten gesteckt oder in sicheren Häfen, wie Edelmetallen, geparkt.“


Zugegeben: Über den Einfluss windiger Spekulanten auf das Preisgefüge bei Getreide- und Ölsaaten lässt sich trefflich streiten (lesen Sie dazu das Pro und Contra auf Seite 126). Fakt ist aber, dass z. B. die Börsenkurse für Weizen zumindest zeitweilig nicht die Stimmung am Kassamarkt widerspiegelten, sondern eher das Hin und Her bei der Euro-Rettung und der Griechenlandkrise. Auch neue Vorhersagen zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung bei uns sowie in anderen wichtigen Industrienationen schlugen bis auf die Kurse von Matif, CBoT und Co. durch. Oder was glauben Sie war die Ursache dafür, dass vorderer Matif-Weizen zumindest phasenweise deutlich billiger gehandelt wurde als realer Brotweizen? Auch die Tatsache, dass der November-2011-Weizen in Paris gegen Ende der Laufzeit deutlich zulegte, werten Börsenskeptiker als Indiz dafür, dass er zuvor unterbewertet worden war.


Schlimm ist, dass der permanente Blick auf die Börsenkurse auf unser Marktverhalten durchschlägt: Bisher haben wir doch nur geschaut, ob die Börsen annähernd realistische Kassapreise abbilden bzw. ob sich die Terminkurse parallel zum Spotmarkt bewegen. Heute werfen wir hingegen eher einen Blick auf die Börsenkurse, um uns ein Bild von den Kassanotierungen zu machen. Genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Wenn die Terminkurse aus dem Ruder laufen, schlägt das jetzt bis auf die Erzeugerpreise bei Ihnen vor Ort durch.


Kleine Mengen, große Hebel.

Aber auch ohne spekulative Einflüsse ist die Einschätzung des Marktes schwer genug. Kleine Verschiebungen bei Angebot und Nachfrage, die auf den ersten Blick fast unerheblich erscheinen, haben inzwischen eine enorme Hebelwirkung auf die Preise. Drei Beispiele:


  • Die energetische Verwertung von Weizen, Mais und anderem Getreide, auf die auch jetzt noch eigentlich nur ein Bruchteil der weltweiten Getreideerzeugung entfällt, ist inzwischen eine der Hauptursachen für das grundsätzlich höhere Preisniveau. Diese Mengen führen dazu, dass Überschüsse vom Markt genommen werden und die Vorräte stagnieren bzw. teils auch abschmelzen.
  • Alle wissen zwar, dass die weltweite Weizenerzeugung in diesem Jahr auf Rekordniveau liegt. Trotzdem reagieren Beobachter mit Baissegerede, wenn das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) seine Angebotsprognosen um lächerliche 0,3 % gegenüber dem Vormonat nach oben korrigiert, und zwar von 681,2 auf 683,3 Mio. t. Dass gleichzeitig die Nachfrage-Schätzung sogar noch etwas mehr angehoben wurde, ist bei etlichen Marktbeteiligten scheinbar gar nicht angekommen. Gleiches gilt für die Tatsache, dass die globalen Vorräte sich zwar auf eigentlich beruhigende 30 % des Jahresbedarfs einpendeln dürften, es aber fraglich ist, wie viel davon für den Weltmarkt vorgesehen ist.
  • Es müsste auch längst voll eingepreist sein, dass die Schwarzmeerländer Russland, Kasachstan und die Ukraine den Weltmarkt mit Exportweizen fluten wollen bzw. werden. Laut jüngstem USDA-Bericht in der laufenden Saison mit ca. 35,5 Mio. t. Das wäre ein Plus von rund 22 Mio. t (160 %) gegenüber 2010/11. Jede noch so lapidare neue Verlautbarung aus Moskau oder Kiew, man werde die Ausfuhren forcieren, löst bei uns aber trotzdem umgehend weiteren Preisdruck aus. Dass Präsident Putin aber auch laut über neue Exportstopps nachdenkt, stößt hingegen auf taube Ohren.


Es kann spannend werden.

Lassen Sie sich daher nicht einreden, die Preisspirale werde sich für den Rest der Saison stetig abwärts bewegen. Das ist – mit Verlaub – nichts als reine Meinungsmache einiger Abnehmer. 2011/12 kann durchaus noch die eine oder andere positive Überraschung bringen:


  • Erfasser spekulieren darauf, dass noch viel unverkauftes Getreide in Erzeugerlägern liegt. Das ist aber nicht sicher, schließlich sollen viele Vorerntekontrakte abgeschlossen worden sein. Und je weniger Getreide künftig auf den Markt drängt, desto eher könnte sich Preisspielraum nach oben ergeben, sobald das Anschlussgeschäft anläuft.
  • Spätestens um den Jahreswechsel he­rum müssen sich die hiesigen Verarbeiter um ihre Anschlussversorgung bemühen. Je dünner ihre Rohstoffdecke bis dahin geworden ist, desto besser für die Verhandlungsposition des Handels und der Erzeuger.
  • Die EU wird zwar vermutlich nicht so stark am Weltmarkt zum Zuge kommen wie im Vorjahr. Das heißt aber nicht, dass gar nichts geht. Zuletzt haben hiesige Exporteure sich wieder vermehrt um Exportlizenzen bemüht, z. B. für Brotweizen. Und teils wird schon darauf spekuliert, bald auch wieder vermehrt mit Gerste und vor allem mit Spitzenweizen in Nordafrika sowie dem Nahen Osten punkten zu können.


Selbst Mais könnte im weiteren Verlauf durchaus wieder interessanter werden. Momentan stehen die Preise zwar noch unter einem ausgeprägten Erntedruck. Nicht zuletzt, weil die Erträge regional so hoch ausgefallen sind, dass es logistische Probleme bei der Erfassung gab. Allmählich dürfte sich die Situation aber wieder beruhigen. Anschlusskäufe der Futtermischer und reges Interesse der Biogas-Branche könnte den Maismarkt später wieder etwas freundlicher stimmen.Jörg Mennerich

Die Redaktion empfiehlt

top + In wenigen Minuten wissen, was wirklich zählt

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten | 1 Jahr für 1̶2̶9̶,̶6̶0̶ ̶€̶ 99 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.