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Getreide – neue Kontrakte braucht das Land!

Lesezeit: 9 Minuten

Vorkontrakte mit festen Preisen sind nahezu out. Aber bringen die neuen Modelle wirklich mehr? Bernd Irps, Marktreferent der LK Schleswig-Holstein, hat nachgerechnet.


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Was vor einigen Jahren unglaublich war, ruft heute oft nur Schulterzucken hervor: Zur nächsten Ernte könnte man heute schon 220 bis 230 €/t für Brotweizen festzurren (netto, frei Ersterfasser). Trotzdem zögern die meisten Erzeuger. Zum einen, weil alterntiger Weizen derzeit je nach Standort bis zu 270 €/t erzielt – und nicht nur ausgemachte Optimisten rechnen bis auf Weiteres mit einem anhaltend festen Markt. Außerdem haben etliche Landwirte, die in den vergangenen Jahren früh Vorkontrakte abschlossen, später in die Röhre geschaut, als die Preise noch weiter anzogen. Diesen Fehler wollen sie jetzt nicht mehr machen.


„Der klassische Vorkontrakt ist out“, bestätigt ein Händler. Angesagt sind nach seiner Überzeugung jetzt Modelle, die einerseits früh Sicherheit bieten, andererseits aber auch die Chance, an späteren Preissteigerungen teilhaben zu können. In der Tat werden solche Kontrakte mittlerweile verbreitet angeboten. Gegen eine saftige Gebühr natürlich. Lohnt sich das? Nicht immer. Der Teufel steckt mal wieder im Detail, und wenn es ganz schlecht läuft, kann es am Ende heißen: Außer Spesen nichts gewesen.


Landea wird draufgesattelt.

Von vielen Händlern wird das Landea-Modell angeboten, das vom Handelshaus Cargill entwickelt wurde. Es gibt zwei Varianten: Eine passive, „Sicherheit-MAX“ und eine aktive, die „Potential Aktiv“ heißt. Basis beider Modelle ist ein klassischer Vorkontrakt, der abgeschlossen werden muss. Ansonsten dürfte der Handel so ein Finanzgeschäft gar nicht anbieten. Die Ware – sprich, das Getreide – ist also verkauft. Der Handel kann darüber verfügen, und der Mindestpreis steht auch schon fest. Aber wie funktioniert die endgültige Preisfixierung?


Angenommen: Der Landwirt hat seinen Weizen zur Lieferung Ernte 2013 für 220 €/t mittels Vorkontrakt verkauft (netto, frei Erfasserlager). Auf diesen Vertrag wird „Landea Sicherheit-Max “ aufgesattelt. Das kostet 15 €/t, und dafür kann der Anbauer von künftigen Preissteigerungen profitieren. Diese werden anhand eines festgelegten Terminkurses der Pariser Matif ermittelt.


In unserem Beispiel (siehe Übersicht) wurde als Ausgangs- bzw. Mindestpreis der Schlusskurs des Monats November 2013 am Tag des Abschlusses gewählt, das waren 239 €/t. Und jetzt kommt der Clou: Ab Vertragsabschluss – bis zum 9.10.2013 – werden alle Schlusskurse oberhalb des Mindestpreises – hier 239 €/t – in die Berechnung einbezogen. Dagegen gehen niedrigere Schlusskurse mit 239 €/t in den Durchschnitt ein.


Der Vorteil dieses Vermarktungsmodells liegt in der Chance, von steigenden Preisen zu profitieren, ohne selber aktiv werden zu müssen. Außerdem droht keine Gefahr, wenn die Börsenkurse nachhaltig unter den vereinbarten Ausgangspreis rutschen. Aber: Das muss teuer erkauft werden, und es ist keineswegs sicher, dass es sich lohnt.


Der Handel verlangt nämlich einen saftigen „Investitionsbetrag“ bzw. eine Gebühr. Hier sind es 15 €/t. Um das wieder rein zu bekommen, müsste der errechnete mittlere Börsenpreis mindestens 254 €/t betragen (239 + 15). Dafür müsste sich die Notierung über einen längeren Zeitraum oberhalb von 254 €/t halten, was selbst Optimisten nicht gerade für sehr wahrscheinlich halten. Wenn es schlecht läuft, hat man somit unterm Strich auf der Erzeugerstufe in diesem Beispiel nicht 220 €/t abgesichert, sondern 220 €/t minus 15 €/t, also magere 205 €/t.


Teurer geht auch.

Um von einzelnen Spitzen der Börsennotierungen profitieren zu können, muss man die Variante „Landea Potential Aktiv“ wählen. Hier liegt die Gebühr aber noch höher, nämlich im Bereich von gut 20 €/t.


Dafür wird jetzt nicht der Durchschnittskurs in Bezug zum Mindestpreis gesetzt, sondern man muss als Landwirt selbst die Börsennotierungen beobachten, also aktiv werden und sich in einem vorgegebenen Zeitfenster für die Fixierung des Börsenpreises entscheiden. Achtung: Man hat nur einen Schuss und trägt das Risiko. Außerdem gilt auch hier: Den Investitionsbeitrag hat man erst wieder raus, wenn die Börsennotierung in unserem Beispiel über 259 €/t steigt! (239 plus 20 €/t Gebühr). Und wenn man Pech hat, bekommt man frei Handel letztlich nur 200 €/t ausgezahlt.


Eine ähnliche Variante wie das Landea-Produkt ist das Mindestpreismodell der Getreide AG. Auch hier bildet ein Vorkontrakt oder die physische Lieferung der Ware die Basis. Zur Vergleichbarkeit wählen wir wieder 239 €/t für den Novemberkontrakt 2013. Der Landwirt muss einen Vorkontrakt abschließen, der Preis frei Handel beträgt dabei 229 €/t, also 10 €/t „unter Matif“.


Unterschiedliche Gebühren:

Für die Absicherung kann ein „eigener“ Mindestpreis gewählt werden. Nimmt man den Mindestpreis 239 €/t als Tageskurs bei Abschluss werden in unserem Beispiel Gebühren von 18 €/t fällig. Jetzt hat der Landwirt die Möglichkeit, bis kurz vor Ende der Laufzeit den Preis zu fixieren. Die Differenz des Börsenkurses zu dem festgelegten Mindestpreis wird dann auf den Vorkontraktpreis aufgeschlagen.


Der Vorteil liegt in der Chance, höhere Preise mitzunehmen und sich einen Mindestpreis zu sichern. Der Nachteil liegt in dem hohen Gebührensatz. Darüber hinaus wird dieses Modell eigentlich erst ab einer Liefermenge von 200 t angeboten. Nur in der Einführungsphase sind ausnahmsweise kleinere Einheiten möglich, aber nur in 50 t-Schritten.


Auch diese Variante lohnt sich nur dann, wenn der Anstieg der Notierungen größer ist als die zu zahlende Gebühr. Als Erzeuger muss man deshalb bei diesem Modell fortwährend die Notierungen beobachten, um den richtigen Vermarktungszeitpunkt zu finden.


Über die Bayern LB, Sparkassen sowie Maschinenringe kann man als Landwirt seit einiger Zeit ebenfalls Preise für Getreide absichern.


Andere Art der Absicherung:

Im Gegensatz zu den Modellen, die Erfassungshändler „ihren bäuerlichen Lieferanten“ anbieten, muss die Ware hier nicht unbedingt den Besitzer wechseln. Diese Preisabsicherung ist ein eigenständiges, reines Finanzgeschäft.


Es handelt sich um Optionsscheine, die von einer Bank herausgegeben werden. Sie werden aber nicht an der Börse gehandelt. Es ist keine Mindestmenge der Vermarktungseinheit vorgeschrieben. Diese Optionsscheine werden nur in einer bestimmten Zeit (Zeichnungsfrist) herausgegeben und können dann bei der Bank „gezeichnet“ werden. Die Preisbasis bilden die Terminkurse der Matif. Es wird unterstellt, dass sich die Kassapreise annähernd parallel zu den Terminkursen entwickeln.


Beispiel: Als Basis für die Preisabsicherung im Juli 2013 wird der Terminkontrakt November 2013 herangezogen. Wie auch bei „Landea Sicherheit-Max“ wird eine Durchschnittsberechnung durchgeführt.


So wird der errechnete Durchschnitt der Schlusskurse des Monats Juli mit dem ausgewählten Mindestpreis an der Börse verglichen. Liegt der errechnete Durchschnittswert unterhalb des Mindestpreises, so wird die Differenz erstattet. Liegt der errechnete Durchschnittswert über dem Mindestpreis oder ist gleich hoch, wird keine Ausgleichszahlung durchgeführt. Der Landwirt erzielt ja einen höheren Preis für seine Ware bei der realen Vermarktung vor Ort.


So geht’s:

Wie das genau funktioniert, zeigen die folgenden zwei Fallbeispiele (siehe Übersicht). Bei beiden wird ein Optionsschein mit einem Mindestkurs von 239 € pro t Weizen unterstellt und zwar für den Monat Juli. Für die Berechnung des Durchschnitts in diesem Monat werden die Schlusskurse des Matif-Novemberkontraktes 2013 herangezogen – im Gegensatz zum Landea-Produkt nur die Durchschnittskurse des Monats Juli und nicht der gesamten Laufzeit. Fällig wird dafür eine Prämie von 17 €/t.


  • Im Fall 1 ist der Preis und die Notierung an der Börse in Paris gefallen. Die Differenz zwischen dem vereinbarten Mindestpreis und dem errechneten Durchschnittspreis beträgt 24 €/t. Der Erzeuger verkauft jetzt seine Ware an den Handel für 205 €/t und erhält von der Bayern LB einen Ausgleich in Höhe von 24 €/t abzüglich der Prämie in Höhe von 17 €/t. Damit ergibt sich ein Gesamterlös von 212 €/t. Ohne Absicherung wäre er bei 205 €/t gelandet.
  • Im Fall 2 geht der Landwirt leer aus, da der errechnete Preis genau auf Mindestpreisniveau oder darüber liegt. Es gibt kein Geld als Ausgleich, aber man muss die Gebühr von 17 €/t zahlen.


Der eigentliche Haken ist die Berechnung des Kursmittels. Angenommen in der ersten Juli-Hälfte liegt der Börsenpreis noch oberhalb des vereinbarten Mindestniveaus, fällt danach, und es ergibt sich genau der Mindestpreis. Dann bekommen Sie keinen Ausgleich, erzielen gleichzeitig aber real weniger.


Diese Absicherung ist wie eine Versicherung zu sehen. Wenn der „Versicherungsfall“ ausbleibt, gibt es auch keine Versicherungsleistung. Und wie bei vielen realen Versicherungen ist die „Versicherungsprämie“ auch hier sehr hoch.


Neben den dargestellten Nachteilen durch die Durchschnittsberechnung und die recht hohen Gebühren, ist auch die kurze Zeichnungsfrist – in der Regel gerade mal 14 Tage – ein Nachteil, man muss sich recht schnell entscheiden. Außerdem wird die Prämie sofort fällig. Der Erfolg eines solchen Modells hängt alleine von dieser Prämie ab, je niedriger sie ist, desto eher ist es interessant. Derzeit ist die Nachfrage so verhalten, dass es nicht sicher ist, ob schon bald wieder neue Optionsscheine aufgelegt werden.


Was für wen?

Eines sollte klar sein: Derjenige, der gar keine Absicherung betreibt – egal wie –, ist der größte Spekulant. Gerade bei volatilen Märkten muss ein Risikomanagement unbedingt sein. In den letzten beiden Jahren ist die Spekulation gutgegangen, aber in den Jahren davor, bei den niedrigeren Getreidepreisen, hat sich eine Absicherung von Verkaufserlösen gerechnet. Was ist jetzt die richtige Strategie?


  • Bei klassischen Vorkontrakten entstehen die geringsten Kosten. Man verbaut sich dafür die Chance auf Preisanstiege, spart aber auch hohe Gebühren. Und: Wer den Verkauf auf mehrere Kontrakte verteilt, kann interessante Marktphasen mitnehmen. Dabei müssen Sie das Qualitätsrisiko bedenken. Verkaufen Sie maximal zwei Drittel Ihrer erwarteten Ernte über Vorkontrakte. Derzeit werden ex Ernte 2013 um 220 €/t für B-Weizen besprochen, was durchaus interessant ist.
  • Beim „Landea Sicherheit-MAX“ muss der Markt rund 15 €/t ansteigen, um überhaupt einen Vorteil zu haben, und das wohlgemerkt über die Dauer eines ganzen Monats. Das ist bei den gegenwärtigen Preisen eher unwahrscheinlich.
  • Bei „Potential Aktiv“ muss die November-2013-Notierung an der Börse in Paris aus heutiger Sicht bereits auf 259 €/t steigen (239 €/t plus Prämie von 20 €/t), um Gewinn zu machen. Ob die Matif-Notierung dieses Niveau erreicht, ist aber reine Spekulation.
  • Die Absicherung der Getreide AG gleicht dem Landea-Modell. Damit sich der Kontrakt lohnt, muss der Börsenpreis wenigstens einmal im Zeitfenster um mehr als die Gebühr anziehen.
  • Das Modell der Bayern LB bietet auch einen Schutz gegen fallende Kurse. Außerdem kann man es schon für kleine Partien nutzen. Die Kosten sind aber ebenfalls hoch und werden sofort fällig.


Zurzeit nicht attraktiv!

Unterm Strich muss jeder Betriebsleiter für sich entscheiden, wie viel Risiko er eingehen bzw. wie viel Geld er ausgeben will, um das Risiko zu minimieren. Beim aktuellen Preisniveau bringen Kontrakte, die Spielraum nach oben offenhalten, wenig. Die Gefahr, Geld draufzulegen, ist groß, weil sehr hohe Gebühren anfallen. Sollten sich die Preise abschwächen, werden die beschriebenen Modelle attraktiver. Gleiches gilt bei niedrigeren Prämien.

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